Geschlechtergerechte Sprache

 

[...] in unserer Sprache gilt die Regel: 99 Sängerinnen und 1 Sänger sind zusammen 100 Sänger. Futsch sind die 99 Frauen, nicht mehr auffindbar, verschwunden in der Männerschublade (Luise F. Pusch 1990)

 

Sprache ist kein neutrales, objektives Medium, das gesellschaftliche Verhältnisse einfach nur „abbildet“. Stattdessen werden durch Sprache, gewählte Formulierungen, aber auch durch das, was nicht benannt und verschwiegen wird, Wirklichkeitsvorstellungen aktiv hergestellt. Kurz: Sprache produziert Wirklichkeit. Sprache ist immer auch Handlung und sie gestaltet unseren Alltag an der Universität.

 

Geschlechtergerechte Sprache

Geschlechtergerechte Sprache setzt an diesem Punkt an und hinterfragt die scheinbare Neutralität des sogenannten generischen Maskulinums, also einer verallgemeinert verwendeten männlichen Sprachform. Frauen (und andere Geschlechtsidentitäten) werden durch das generische Maskulinum nicht repräsentiert und Studien haben bewiesen, dass sie durch diese Sprachform auch seltener gedanklich mit einbezogen werden. 

Geschlechtergerechte Sprache zielt dementsprechend darauf ab, Frauen (und andere Geschlechtsidentitäten jenseits von der Kategorie „Mann“) sprachlich sichtbar zu machen und trägt so zur Gleichstellung der Geschlechter bei.

Geschlechtergerechte Sprache kann durch unterschiedliche Strategien umgesetzt werden. Dabei gibt es Versionen, die vor allem Frauen und Männer sichtbar machen z.B. durch die Paarform (Musikerinnen und Musiker) oder das Binnen-I (ProfessorInnen). Andere Versionen sind nicht auf Zweigeschlechtlichkeit beschränkt und machen sprachlich Raum für eine Vielfalt geschlechtlicher Identitäten z.B. durch den Gender-Gap (Student_innen) oder das Sternchen (Mitarbeiter*innen). Im Leitfaden „Fair in Wort und Bild“ finden sich weitere Beispiele und Anregungen zu geschlechtergerechten Formulierungen.

Alle Angehörigen der mdw sind dazu angehalten, in allen Aussendungen, Formularen, Reden und anderen an die Öffentlichkeit oder an die Universitätsangehörigen gerichteten Mitteilungen eine geschlechtergerechte Sprache zu verwenden (Frauenförderplan 2011, § 1). Geschlechtergerechte Sprache ist außerdem in Artikel 7 der österreichischen Verfassung und § 10a des Bundesgleichbehandlungsgesetztes verankert.
Eine Generalklausel, dass Frauen „mitgemeint“ seien, ist unzulässig!

Der teils vehement geäußerte Widerstand gegen geschlechtergerechte Sprache zeigt, wie stark Sprache mit unseren Denkvorstellungen verknüpft ist und diese durch Sprache herausgefordert werden können.

 

Antidiskriminatorische Sprache

Dass Sprache darüber hinaus diskriminierend sein kann und ist, beschränkt sich nicht nur auf die Verwendung von Schimpfwörtern. Sprachliche Diskriminierung kann direkt und explizit, aber auch indirekt und implizit stattfinden.

Sprache orientiert sich an gesellschaftlichen Normen und Vorstellungen, von dem, was „normal“ ist. Dadurch werden über Sprache Normen und Machtverhältnisse (re)produziert. Sprache ruft diskriminierende Machtverhältnisse ab, wiederholt sie und verfestigt sie dadurch. Darum ist es wichtig, sich mit Sprache und ihren diskriminierenden Effekten auseinanderzusetzen.

Diskriminatorische Sprache zeigt sich zum Beispiel, wenn „Behinderung“ als Metapher für Schwäche oder Unwissenheit verwendet wird oder „Schwarz“ mit Gefahr oder Illegalität verknüpft wird. Viele Begriffe, die alltäglich verwendet werden, haben zudem ihren Ursprung in kolonial-rassistischen oder medizinisch-pathologisierenden Wissensproduktionen und reproduzieren Gewalt und Verletzung. Sie sind also weder „neutral“ noch „unschuldig“.

Aber auch die Nicht-Benennung (oder „Ent-Nennung“) von vermeintlicher „Normalität“ ist eine aktive Handlung, die diskriminierende Effekte haben kann. Werden also Normen wie Weißsein, Heterosexualität, Nicht-Behinderung, christlich, europäisch, etc. nicht benannt und im Gegenzug nur auf die „Abweichungen“ von diesen Normen sprachlich Bezug genommen, lässt dies einerseits die Normen als „neutral“ und universell erscheinen und macht die damit verbundenen Privilegien unsichtbar. Andererseits findet dadurch häufige eine Trennung zwischen den „Eigenen“ und den „Anderen“ statt, die letztere auf ihre Unterschiede festschreibt.

 

 

Literaturhinweise


AG Feministisch Sprachhandeln (Hg., 2014): Was tun? Sprachhandeln - aber wie? W_Ortungen statt Tatenlosigkeit. 2. Auflage

AK Feministische Sprachpraxis (Hg., 2011): Feminismus schreiben lernen. Brandes & Apsel

Susan Arndt (Hg., 2011): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutscher Sprache. Unrast

Gleichbehandlungsanwaltschaft (Hg., 2021): Geschlechtersensible Spache - Dialog auf Augenhöhe (Leitfaden)

mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (Hg., 2016): Fair in Wort und Bild (Leitfaden)

Adibeli Nduka-Agwu / Lann Hornscheidt (Hg., 2010): Rassismus auf gut Deutsch. Ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen. Brandes & Apsel

Luise F. Pusch (1990): Alle Menschen werden Schwestern. Suhrkamp

Luise F. Pusch (2014): Gerecht und Geschlecht. Neue sprachkritische Glossen. Wallstein

TrIQ (2015): Inter* & Sprache

UNESCO (1999): Guidelines on Gender-Neutral Language