Am 4. April 2020 verstarb Walter Schollum, der als Musikwissenschaftler von 1969 bis 2000, davon fast 20 Jahre lang als Assistenzprofessor, an unserer Musikuniversität beschäftigt war. Seine Expertise, seine Leidenschaft, seine Kollegialität, sein Engagement für zeitgenössische Musik, seine Beliebtheit bei den Studierenden und die kompetente und mitreißende Art und Weise, wie er Personalvertretung mit seiner ganzen Kraft und Umsicht lebte, prägten über ein Vierteljahrhundert lang Wissenschaft, Lehre und Personalpolitik an unserem Haus, und zwar über seine Dienstzeit hinaus bis zu seinem Lebensende. Eitelkeit und Eigennutz waren ihm vollkommen fremd. Seine Lebenshaltung blieb bis zum Schluss frisch und aufgeschlossen, und seine Kritik – woran auch immer – stets sachlich und auf Verbesserung gerichtet. Geleitet war sein Handeln dabei stets vom Blick auf das Wohl der nachfolgenden Generationen.

Walter Schollum war Mitglied des Dienststellenausschusses (heute: Betriebsrat) unserer Universität und von 1995 bis 2000 Vorsitzender des Hochschullehrerverbandes (heute: UniversitätslehrerInnenverband). Außerdem war er von 1993 bis 1995 Vorsitzender der BUKO (Bundeskonferenz des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals der österreichischen Universitäten), was er meist bescheiden verschwieg. Doch die Wertschätzung, die ihm vonseiten der gesamten österreichischen Universitätslandschaft entgegengebracht wurde, spricht für sich. Walter argumentierte sachlich und fundiert, er verstand es zuzuhören, und im Innersten seines Herzens war er ein Kämpfer für Gerechtigkeit. Im Editorial einer Publikation der BUKO von 1994 argumentierte er leidenschaftlich gegen einen Beschluss des Verfassungsgerichtshofs, der Ansichten zu Tage fördere, „die zeigen, wie dünn die demokratische Decke ist, die elitäres, ständisches Denken zudeckt“. Vieles, was er schrieb, klang damals visionär, vielleicht übertrieben mahnend, aus heutiger Sicht war es oftmals eher Untertreibung. Sein Blick war klarer, als jener der meisten von uns in dieser Zeit.

Karrierestreben war Walter völlig fremd, das machte ihn unabhängig und zum perfekten Personalvertreter. In diesem Kontext lernten wir ihn in den 1990er Jahren näher kennen. Viele von uns, die sich an autokratischen Machtstrukturen störten und nicht wussten, wie man sich dagegen zur Wehr setzen könnte, wurden durch seine beharrliche Fröhlichkeit und seinen unbestechlichen Gerechtigkeitssinn angesteckt. Er zeigte uns, wie man für Fairness und Gleichbehandlung einstehen kann, ohne irgendjemandem, sei es auch der autoritärste Charakter, menschliche Wertschätzung zu entziehen. Er sah die persönlichen Bürden des Amtes und die Verlockungen der Hierarchie besser als manche Betroffenen selbst und war stets fähig, in der Sache deutlich, im persönlichen Umgang jedoch freundlich zu bleiben. Welch eine Gabe!

Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass unser Betriebsrat in der heutigen Besetzung ohne Walters Humor und seine bedingungslose Menschenliebe nicht existieren würde. Viele von uns wuchsen Ende der 1990er Jahre in diese Funktion hinein – von ihm gleichsam engagiert und behutsam in die Aufgaben eingeführt. Bis zuletzt war er für uns ein wertvoller Berater und Fürsprecher, der mit seiner Kompetenz sowie seiner reichhaltigen Berufs- und Lebenserfahrung an unserer Arbeit Anteil nahm und mit wichtigen Impulsen wesentlich zu deren Gelingen beitrug.

Wir verlieren in Walter ein menschliches Vorbild und vor allem einen guten, einen wunderbaren Freund. Er fehlt uns schrecklich, aber er wird in unseren Herzen bleiben.

Stefan Jena
Stefan Schön,

April 2020

 



 

Brigitte Schmidtmayr war Vertragslehrerin an der Abteilung für Musiktherapie. Von 2004 bis 2012 war sie stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrats für das wissenschaftliche und künstlerische Personal, bis zuletzt wirkte sie trotz Krankheit an der Arbeit des Betriebsrates mit. Als Personalvertreterin setzte sie sich furchtlos und leidenschaftlich für Fairness und Gerechtigkeit an unserem Haus und darüber hinaus, aber auch für respektvolle Umgangsformen im täglichen Miteinander ein. Ein besonderes Anliegen war ihr der Kampf gegen geschlechtsspezifische Diskriminierung. Brigittes Wertekodex wurde unaufdringlich, fast unmerkbar, im Lauf der Zeit zum Leitfaden unserer betriebsrätlichen Tätigkeit. Sie war eine Frau, die sich nobel im Hintergrund hielt, ihre Position aber unmissverständlich artikulierte, wo es notwendig war. Ihr Stil war es, unspektakulär zu bleiben, um im entscheidenden Moment in heiklen Situationen da zu sein und professionell zu handeln. Selbst der Ausbruch ihrer Krankheit hinderte sie nicht daran, im Rahmen ihrer Möglichkeiten „dabei“ zu bleiben. Auch und gerade in dieser Situation bewies sie eindrucksvoll, dass sie die in ihrem Leben erworbenen Kompetenzen nicht nur theoretisch vertreten, sondern auf ihr eigenes Leben anwenden konnte. Brigitte hat sich in ihrem Beruf intensiv mit schwer vom Schicksal geprüften Jugendlichen beschäftigt. Sie hat sich selbst – aus unserer Sicht viel zu früh – mit dem Tod auseinandersetzen müssen, aber sie hat in dieser Auseinandersetzung und in den schwersten Phasen ihrer Krankheit in jedem einzelnen Moment ihre Würde und ihre Größe bewahrt, indem sie selbstbestimmt gedacht und gehandelt hat. Mit ihrem Leben und auch mit ihrem Sterben hat sie uns Maßstäbe und Orientierung hinterlassen, für die wir ihr zutiefst dankbar sind.

Stefan Schön,
Februar 2015

Foto Walter Schollum Walter Schollum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto Brigitte Schmidtmayr Brigitte Schmidtmayr