„Darüber hinaus beruht sie auf den unzähligen gesellschaftlichen Anrufungen und Ritualen, die zur Verstetigung nicht unbedingt eines Gefühls der familiären Zuneigung beitragen, aber zumindest zu einem Gefühl der familiären Zugehörigkeit, mit allen dazugehörigen Verpflichtungen. Ganz gleich, wie sehr man versucht, die eigene Familie auf Abstand zu halten, ganz gleich, wie sehr man sich von ihr entfernen und sich von ihrem Zugriff befreien möchte, man wird immer wieder durch ein Ensemble aus Zwängen auf sie zurückgeworfen, Zwängen, die umso größere Macht über uns haben, als sie in Form ritualisierter Gefühle und Verpflichtungen daherkommen. Pierre Bourdieu hat die beiden gegensätzlichen Kräfte, die in der Familie wirken, in einem berühmten Artikel sehr treffend beschrieben: die Zentripetalkraft und die Zentrifugalkraft, die Familie als »Körper« und als »Feld«, als Ort der Verschmelzung (fusion) und der Abspaltung (fission).[1]

Didier Eribon, Eine Arbeiterin. Leben, Alter und Sterben (2024), S.140

 

[1] Pierre Bourdieu, »Àpropos de la famille comme catégorie réalisée«, in: Actes de la recherche en sciences sociales (1993), S. 32-36.

 

 

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