Confronting Realities – SYMPOSIUM
6. & 7. Oktober 2022

Symposium über filmische/ audio-visuelle Entwicklungsmöglichkeiten, Verfahren und Themen des Autosoziobiografischen.

An zwei Tagen lud das Artistic Research Projekt Confronting Realities. Arbeit an filmischen Autosoziobiografien zur gemeinsamen Reflexion rund um die künstlerisch-wissenschaftliche Auseinandersetzung mit (Auto-)Soziobiografien ein.

Autosoziobiografisches Erzählen hat Konjunktur. Die Texte von Didier Eribon, Annie Ernaux, Édouard Louis und anderen verknüpfen die eigene, individuelle Lebensgeschichte mit größeren soziohistorischen und politischen Zusammenhängen und behaupten mit neuer Dringlichkeit die Relevanz von Klasse und sozialer Umgebung als Analysekategorie. Im Anschluss hieran fragt das Symposium nach autosoziobiografischen Erzählweisen und audiovisuellen Verfahren im Bereich des Filmischen: Gibt es die überhaupt oder müssen sie erst noch „erfunden“ werden? Wo im zeitgenössischen Filmschaffen und/oder in der Filmgeschichte lassen sich Anknüpfungspunkte finden? Was sind Themen, Formen und Verfahren autosoziobiografischer Filmpraktiken? Worin bestehen besondere Herausforderungen, worin Potenziale filmischer Autosoziobiografien? Was vermag die Sinnlichkeit und Evidenz filmischer Bilder und Töne angesichts von Erzählweisen, die auf Überschneidungen von Ästhetik und Soziologie abzielen? Und in welcher Weise hebt sich der filmische Zugang, in Anbetracht spezifischer Eigenschaften wie der Kollektivität oder dem Nachdenken über Produktionsbedingungen, von dem literarischen Genre ab? Dabei gerät insbesondere der Zu- oder Vorsatz des „auto“ in den Fokus – welche Bedeutung kann die selbstreferentielle Reflexion in diesem Zusammenhang haben und wo stößt sie an ihre Grenzen?

Diesen und weiteren Fragen widmete sich das Symposium, indem es Theorie und Praxis miteinander ins Gespräch brachte: Einblicke aus der künstlerischen Praxis und Filmproduktion trafen auf Perspektiven aus der Filmwissenschaft und vice versa.

 

Ein Symposium des an der Filmakademie Wien angesiedelten künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungsprojekts Confronting Realities. Arbeit an filmischen Autosoziobiografien (gefördert vom FWF/PEEK).

Konzeption und Organisation: Nina Kusturica, Elena Meilicke, Claudia Walkensteiner-Preschl, Christina Wintersteiger-Wilplinger und Barbara Wolfram

 

VERANSTALTUNGSORT
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Institut für Film und Fernsehen – Filmakademie Wien
Future Art Lab
Anton-von-Webern-Platz 1
A – 1030 Wien

PROGRAMM

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PROGRAMM

Abstracts

Eva Blome: Ungleiche Verhältnisse

Einzelvortrag

Einzelvortrag

Eva Blome

Ungleiche Verhältnisse. Autosoziobiographien als literarische und filmische Gegenwartsdiagnosen

Der Vortrag erörtert zentrale Merkmale literarischer Autosoziobiographien und skizziert den aktuellen Stand der literaturwissenschaftlichen Diskussion zu diesem genre in the making.
Besondere Beachtung erfahren der gegenwartsdiagnostische Anspruch autosoziobiographischen Erzählens, das dominante Sujet der sozialen Transgression und gattungspoetologische Aspekte. Darauf aufbauend werden erste Überlegungen zum Vergleich von literarischen und filmische Autosoziobiographien angestellt: Inwiefern wirken sich die medienspezifischen Erzählverfahren von Texten einerseits und Filmen andererseits auf Inhalt und Form der autosoziobiographischen Darstellung aus?

 

Donnerstag, 06.10.2022
10:15-11:15, Arthouse-Kino

 

Eva Blome, 2013-2019 Juniorprofessur für Gender Studies an der Universität Greifswald,) seit 2019 Vertretungsprofessorin für Neuere deutsche Literatur an der Universität Hamburg, Forschungsschwerpunkte: Literatur des 18. bis 21. Jahrhunderts, Literatur- und Kulturtheorien, Literatur(wissenschaft) und Soziologie, Bildungsnarrative, Medialität, sozialer Ungleichheit, Intersektionalitätsforschung, Postcolonial und Critical Race Studies.
Neuere Publikationen u.a.: (hg. zusammen mit Philipp Lammers u. Sarah Seidel) Autosoziobiographie. Poetik und Politik, Stuttgart 2022; „Rückkehr zur Herkunft. Autosoziobiografien erzählen von der Klassengesellschaft“, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte (DVjs), Heft 4/2020. S. 541-571.

 

 

Claudia Walkensteiner-Preschl: Die Dinge ins Licht rücken

Einzelvortrag

Einzelvortrag

Claudia Walkensteiner-Preschl

Die Dinge ins Licht rücken. Autosoziobiografisches Erzählen im Film

Was erzählen Dinge – seien es persönliche Requisiten, Fotografien an den Wänden, Gegenstände in einer Landschaft – im Kontext filmischer Autosoziobiografien? Wie verweisen sie auf außer – sowie innerdiegetische Bezüge, welche Erinnerungen rufen sie hervor, wie bestimmen sie Handlungsabläufe? Der Vortrag stellt erste Überlegungen zum autosoziobiografischen Erzählen vor und bezieht sich auf einige Filmbeispiele, um die vielfältigen Facetten dieser Erzählform anhand von ausgesuchten Dingen, der spezifischen filmischen Verfahrensweisen, des filmischen Materials vorzustellen.

 

Donnerstag, 06.10.2022
11:15-12:00, Arthouse-Kino

 

Claudia Walkensteiner-Preschl, seit 2012 Universitätsprofessorin für Medien- und Filmwissenschaft am Institut für Film und Fernsehen, Filmakademie Wien, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw). 2007-2011 Vizerektorin für Lehre und Frauenförderung der mdw. Von 2013-1019 Leiterin der Filmakademie Wien. Seit 2010 Mitherausgeberin der Buchreihe „Wissen und Geschlecht in Musik*Theater*Film“ (Böhlau-Verlag) gemeinsam mit Andrea Ellmeier und Doris Ingrisch sowie seit 2020 der Buchreihe „Aus der Werkstatt“ (Sonderzahlverlag) gemeinsam mit Kerstin Parth.
Forschungsschwerpunkte: Geschichte und Theorie des Films, Feministische Filmgeschichtsschreibung, Film-und Medienarchäologie, Gender Studies, Künstlerische Forschung.

Elena Meilicke: Kulissenzauber

Einzelvortrag

Einzelvortrag

Elena Meilicke

Kulissenzauber. Schwellen zwischen Kunst und Leben in Joanna Hoggs The Souvenir I/II

Joanna Hoggs Film-Zweiteiler The Souvenir (UK, 2019) und TheSouvenir. Part II (UK, 2021) – von der Filmkritik als „radical actof memoirist filmmaking“ bezeichnet – verhandelt auf unterschiedlichen Ebenen das Verhältnis von „Kunst“ und „Leben“ und erweist sich als Werk, das nicht nur in sich autofiktional und auto(sozio-)biografisch genannt werden kann, sondern über Prozesse und Probleme der Autofiktion(alisierung) zugleich reflektiert. Das geschieht, so die These, auf genuin kinematografische Weise, nämlich über die räumliche Inszenierung des Films und seinen Umgang mit Schauplätzen. In diesem Sinne fokussiert derVortrag das Set Design und die räumlichen Inszenierungsstrategien von Souvenir I/II als filmische Verfahren, um über (praktische wie theoretische) Probleme von Autofiktion und Auto(sozio-)biografie nachzudenken.

 

Donnerstag, 06.10.2022
12:15-13:00, Arthouse-Kino

 

Elena Meilicke (Berlin/Wien) ist Medien- und Kulturwissenschaftlerin. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Medienwissenschaft an der Universität der Künste Berlin und forscht außerdem im künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungsprojekt „Confronting Realities. Arbeit an filmischen Autosoziobiografien“. Ihre Dissertation „Paranoia und technisches Bild. Fallstudien zu einer Medienpathologie“ ist 2021 erschienen, weitere Arbeitsschwerpunkte sind Medien und Gender, zeitgenössische Film- und Serienästhetik, Formen des Dokumentarischen sowie Geschichte, Theorie und Praxis der Filmkritik. Sie wurde 2017 mit dem Siegfried-Kracauer-Preis für Filmkritik ausgezeichnet und schreibt regelmäßig zu Film- und Medienthemen für die Zeitschriften „Cargo“, „Texte zur Kunst“ und „Merkur“.

Barbara Wolfram: Labor für filmische Autosoziobiografien I

Workshop

Workshop

Barbara Wolfram

Labor für filmische Autosoziobiografien I:
Mütter und Autosoziobiografie – Verfahren, Themen und Prozesse

Barbara Wolfram mit Nasima, Robin Jentys, William Joop, Negin Rezaie, Caspar Thiel, Christina Wintersteiger-Wilplinger

“Wunschloses Unglück” von Peter Handke (1972), “Une Femme” (1987) und “L`événement” (2000) von Annie Ernaux, “Combats et métamorphoses d`une femme” von Édouard Louis (2021) und “Man kann Müttern nicht trauen” von Andrea Roedig (2022) sind auto/sozio/biografische Texte über die Mütter der Autor*innen. Sie zeichnen die Spuren ihres und des gemeinsamen Lebens nach und versuchen zu verstehen, was dieses Leben ausgemacht hat, was es begrenzt hat, was es außergewöhnlich und was es alltäglich gemacht hat. In Momenten stellen die Autor*innen Verbindungen zu ihren eigenen Lebenswegen her, zu ihrer Verwobenheit in die Un-/Möglichkeiten ihrer Mütter und deren Zeit, die schrittweise auch zu ihrer geworden ist.

In ihrer künstlerisch-wissenschaftlichen Arbeit in Confronting Realities. Arbeit an filmischen Autosoziobiografien legt Barbara Wolfram den Schwerpunkt auf die Rolle der Familie in der Formation und Weitergabe von autosoziobiografischen Narrationen. Das erste Labor von Barbara Wolfram widmet sich der Mutter. Es nimmt die oben genannten literarischen Werke als Ausgangspunkt und Anstoß, um zusammen mit Negin Rezaie, Nasima, Robin Jentys, William Joop, Caspar Thiel und Christina Wintersteiger-Wilplinger, die Verbindungs- und Kreuzungslinien von Frauen und ihren Kindern und deren Lebenswegen nachzuzeichnen. In einer genealogischen Perspektive werden Orte, Zeiten, Körper, soziale Klassen und Alter der Mütter der Teilnehmenden erforscht und durch künstlerische und wissenschaftliche Explorations-, Translations-, Reflexions- und Re-Iterationsmethoden durchleuchtet. Durch die Verbindung von literarischen und filmischen autosoziobiografischen Elementen wird nach einer filmischen autosoziobiografischen Übersetzung und Darstellung dieser Relationen gesucht und diese kritisch reflektiert.

Der Workshop bietet einen praktischen Einblick in die im Labor verwendeten Recherchemethoden und stellt diese in Bezug zu den Arbeiten, Erkenntnissen und künstlerischen Translationen des Labors.

 

Donnerstag, 06.10.2022
14:30-17:30, Kodak Kino

 

Barbara Wolfram studierte Psychologie an der Universität Wien und schließt derzeit ihre Dissertation an der Filmakademie Wien/ mdw an. Künstlerisch-wissenschaftlich forscht Wolfram zur Relation von Familie und Autosoziobiografie sowie mit Paulus Wagner in Building Bridges zu gesellschaftlicher Polarisation. Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit ist sie Theater- und Filmregisseurin und künstlerische Leiterin der von ihr mitbegründeten Theaterkompanie .EVOLve. Nebenher podcastet sie mit Bianca J. Rauch zu feministischem Filmlesen in deren Podcast Ned Wuascht – wir geh’n fisch’n. Wolfram ist ebenfalls politisch aktivistisch bei KILL the TRAUERspiel aktiv, einer Initiative, die sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit und Diversität auf österreichischen Bühnen einsetzt.
www.barbarawolfram.com

Kurzfilmprogramm: Autosoziobiografische Filme von Sybille Bauer und Gabi Mathes

Film-Screening

Kurzfilmprogramm

Autosoziobiografische Filme von Sybille Bauer und Gabi Mathes

Im Anschluss Gespräch mit den Filmemacherinnen

Eine Million Kredit ist normal, sagt mein Großvater
Regie: Gabi Mathes, AT 2006, 23 min
„Der Film erzählt, wie sich das Ringen meines Vaters um das Überleben des vom Großvater gegründeten Betriebs, der nicht zu verhindernde Konkurs seiner Möbelfirma, auf meine Familie ausgewirkt hat.“ (GM)

Mariedl
Regie: Sybille Bauer, AT 2014, 10 min
„Die Filmemacherin Sybille Bauer leiht ihre Stimme ihrer Großmutter Maria. Von Maria Erlebtes wird von ihrer Enkelin rastlos aus der Ich-Perspektive nacherzählt. Schockierende und berührende Momente aus dem langen Leben der Großmutter transformieren sich in das Hier und Jetzt.“ (SB)

Was eine Familie leisten kann
Regie: Sybille Bauer, AT 2020, 30 min
„Ich bin Sybille. Seit sechs Jahren gehe ich zur Psychotherapie. Meine Kindheit ist oft Thema. Wie soll ich über meine Kindheit sprechen, wenn ich mich wenig an sie erinnere?“ Sybille Bauer nähert sich dieser Herausforderung als Filmemacherin dennoch an. Gefasst schildert sie prägende Ereignisse aus frühen Lebensjahren.“ (sixpackfilm)

 

Donnerstag, 06.10.2022
ab 18:30, Arthouse-Kino

 

Gabriele Mathes, geboren 1960 in Wels. Regiestudium an der Filmakademie Wien bei Axel Corti und Peter Patzak sowie Studium an der Universität Wien (Philosophie und Kunstgeschichte). Seit 2005 im Vorstand des Drehbuchforum Wien. 2006-20020 Leitung des Jugendfilmfestivals „video&filmtage“ in Wien. Filmemacherin, Dramaturgin, Drehbuchautorin.

Sybille Bauer ist Filmemacherin und Medienkünstlerin. Sie wurde in Linz (Österreich) geboren, lebt aber derzeit in Wien. Bauers künstlerische Arbeit beschäftigt sich mit Themen wie Biografie, Tod, Trauer, emotionalem und physischem Missbrauch von Frauen und queerer Identität. Für ihre intimen und sehr persönlichen Arbeiten, die auch vor Unangenehmen nicht zurückschrecken, erhielt sie zahlreiche Stipendien und Preise. Bauers Arbeiten wurden international ausgestellt und vorgeführt.
https://sybillebauer.com

Nina Kusturica: Labor für filmische Autosoziobiografien I

Präsentation

Präsentation

Nina Kusturica

Labor für filmische Autosoziobiografien II:
Präsentation der Arbeiten und Prozesse der künstlerischen Forschungsgruppe

In der künstlerischen Forschungsgruppe* von Nina Kusturica setzen sich die Artistic Researcher mit dokumentarischen, fiktionalen, essayistischen und hybriden filmischen Strategien auseinander und suchen dabei nach Möglichkeiten, neue Einblicke in die gesellschaftspolitischen Realitäten und Repräsentationen von Klasse zu gewinnen.
Das Ziel ist es, kritisches Hinterfragen anzuregen und sich mit autosoziobiografischen Erzählhaltungen und der Wechselwirkung zwischen diesen und der eigenen künstlerischen Arbeit praktisch zu beschäftigen.
Wir gehen der Frage nach, wie die Entscheidungen zu Formen und Narrativen das filmische Wissen über die soziale Klasse beeinflussen und wie die gängigen Erzählungen zu Klassenbeziehungen und Klassenantagonismen in Frage gestellt werden können. Besonderes Interesse liegt in der Suche nach filmimmanenten Aspekten der Autosoziobiografie. Bei der Entwicklung unseres Ansatzes suchen wir nach einer Arbeitsmethode, bei der Inhalt und
Form nebeneinander konzipiert werden können. Das Eine kann nicht ohne das Andere reifen.
Wir möchten verstehen, wie die gewählte Arbeitsmethode die entstehenden Szenen beeinflusst und umgekehrt – wie sich die Methoden des Prozesses dadurch verändert haben.
Es werden filmische Miniaturen, wie Szenen, Text- oder Filmnotizen, oder auch abgeschlossene Kurzformate gezeigt. Dabei geben wir Einblicke in die Abläufe unserer Arbeit und eröffnen einen Reflexionsraum für den Austausch mit allen Teilnehmer*innen der Präsentation.

*Artistic Researcher
Ayo Aloba – Schauspieler, Musiker, Performer
Ruchi Bajaj – Schauspielerin, Künstlerin
Denice Bourbon – Performerin, Autorin, Musikerin, Moderatorin und Podcasterin
Laura Ettel – Künstlerin, Kamerafrau und Forscherin
Marius Mertens – Regisseur, Drehbuchautor, Tonmeister
Niklas Pollmann – Regisseur, Drehbuchautor, Medienwissenschafter

 

Freitag, 07.10.2022
11:00-13:00, Arthouse-Kino

 

Nina Kusturica ist Film- und Theaterregisseurin. Weiters arbeitet sie als Autorin, Editorin und Produzentin. Ihre Kinofilme Ciao Chérie (Spielfilm 2017), Little Alien (Dokumentarfilm 2009), Auswege (Spielfilm 2003), sowie ihre Dokumentarfilme und Kurzfilme hatten vielbeachtete internationale Filmfestival-Teilnahmen und Auszeichnungen. Am Theater inszenierte sie Bibi Sara Kali (2021) im Werk X Petersplatz Wien, Rule of Thumb (2019) im Kosmos Theater und Erschlagt die Armen! (2018) im Werk X Wien. Sie forscht als Artistic Investigator am künstlerischen Forschungsprojekt „Confronting Realities. Arbeitet an filmischen Autosoziobiografien“ in der Klasse für Medien- und Filmwissenschaft an der Filmakademie Wien und lehrt regelmäßig zu Film, Regie und Filmschauspiel an verschiedenen Universitäten. Ihre Texte werden in Zeitschriften und Fachpublikationen veröffentlicht und ihre Arbeiten finden Eingang in einschlägige Literatur zum Film.
Im Rahmen der eigenen Filmproduktion Nina Kusturica Projects produzierte sie zahlreiche Kinofilme. Nina Kusturica hat an der Universität für Musik und darstellende Kunst – Filmakademie Wien, Regie und Schnitt studiert. Sie wurde in Mostar geboren, wuchs in Sarajevo auf und lebt seit 1992 in Wien. www.ninakusturica.com

„Ich mach euch lieber die Wut als die Wäsche.“

Gespräch mit Anke Stelling

Gespräch

„Ich mach euch lieber die Wut als die Wäsche.“

Ein Gespräch mit der Schriftstellerin Anke Stelling (Berlin) überautosoziobiografisches Erzählen in Literatur und Film (Live-Übertragung via Zoom)
Moderation: Elena Meilicke

 

Mit Bodentiefe Fenster (2015) und Schäfchen im Trockenen (2018) hat Anke Stelling zwei viel diskutierte Romane vorgelegt, deren Milieubeschreibungen eines Berliner Neo-Bürgertums für ihre soziologische Genauigkeit gefeiert und als Abrechnung mit eben diesem gelesen wurden. Das Gespräch mit ihr will Einblicke geben in ihren Schreibprozess, über konkrete Arbeitsweisen, über die Herausforderungen, die die Dramatisierung des eigenen Lebens mit sich bringt, über paradoxe und unmögliche Sprecherpositionen beim Erzählen von ‚Aufsteigergeschichten‘. Außerdem wird es – ausgehend von der geplanten Verfilmung von Schäfchen im Trockenen, an dessen Drehbuch-Adaption Anke Stelling momentan arbeitet – auch darum gehen, inwiefern Literatur und Film sich als Medien autosoziobiografischen Erzählens unterscheiden und welche Fragen und Probleme sich im Prozess der Verfilmung ergeben.

 

Freitag, 07.10.2022
14:30-15:30, Arthouse-Kino

 

Anke Stelling, geboren 1971, debütierte 1999 mit „Gisela“ als Romanautorin (gemeinsam mit Robby Dannenberg) und 2005 mit „Gisela“ als Drehbuchautorin (gemeinsam mit Isabelle Stever). 2019 erhielt sie für den Roman „Schäfchen im Trockenen“ den Preis der Leipziger Buchmesse und schreibt zurzeit das Drehbuch zum Roman. 2017 erschien der Roman „Fürsorge“, der 2022 unter dem Titel „Grand Jeté“ ins Kino kam (Drehbuch: Anna Melikowa, Regie: Isabelle Stever).

Raffael Hiden: Szenographien sozioautobiographischer Stoffe

Einzelvortrag

Einzelvortrag

Raffael Hiden

Szenographien sozioautobiographischer Stoffe

Wechselwirkungen zwischen persönlicher Geschichte und gesellschaftlichen Prozessen bieten die Folie für sozioautobiographische Gattungsexperimente. Diese formieren sich im Ineinandergreifen soziologischer Wissensansprüche und literarischer Erfahrungsräume. Ein soziologiegeschichtlicher Rückblick dürfte darin einen programmatischen Wandel in diesem Verhältnis nachvollziehbar machen: Diagnose wie Konjunktur dieser Übergangsformen und
insbesondere deren öffentlichkeitswirksame Rezeption vollführen aktuell einen Wechsel von der Deutungskonkurrenz (Wolf Lepenies) zur Deutungskongruenz.

Eine überblicksartige Darstellung der dafür prägenden historisch-systematischen Parameter wie theoretischen Hintergrundannahmen bietet den Ausgangspunkt dieses Vortrags, dem es aber vordergründig um die bis dato doch nur marginal diskutierte szenische Transformation
der Stoffe geht. In welchen Szenografien treten die sozioautobiographischen Figuren auf?
Welche Figurenkonstellationen prägen diese Dramaturgien? Welche schauspielerische Praxis charakterisiert die sozioautobiographische Performativität? Was geschieht dabei mit den Biografien der Darsteller*innen?

Sozioautobiographien in den szenischen Künsten, so die These, folgen einer Logik der doppelten Versinnlichung und verhandeln die für die Gegenwartsgesellschaft paradigmatischen Ambivalenzen mit ästhetischen Instrumenten neu. Die Diskussion anhand von ausgewählten Fallbeispielen soll die hier besetzte Perspektive plausibilisieren.

 

Freitag, 07.10.2022
16:00-17:00, Arthouse-Kino

 

Raffael Hiden studierte Soziologie und Geschichte an der KF Universität Graz und ist derzeit Kollegiat am Doktoratskolleg der interuniversitären Einrichtung Wissenschaft & Kunst der Universität Salzburg und der Universität Mozarteum Salzburg sowie Leiter des Archivs für die Geschichte der Soziologie in Österreich (AGSÖ). Arbeitsschwerpunkte: Kultursoziologie, Soziologiegeschichte, Soziologische Theorie, Ästhetik, Literatursoziologie.