Das Ensemble und die Lehrveranstaltung Classic All als Beispiel für gute Hochschuldidaktik

Anlässlich des vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie dem Institut für Hochschulforschung an der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg veranstalteten Dialogs zur universitären Lehre: Gute Praxis der Lehr- und Lernentwicklung gemeinsam weiterdenken am 24. 1. 2023 wurde Classic All als Best Practice Projekt von gelungener Hochschuldidaktik zu einem Auftritt eingeladen. Die Veranstaltung, abgehalten an der Executive Academy der Wirtschaftsuniversität Wien, fand im Rahmen des Forschungsprojekts Stand und Perspektiven der Hochschuldidaktik statt. Es ging darum, Raum zu schaffen für einen Dialog zu Lehr- und Lernentwicklung an öffentlichen Universitäten.

Eingeladen waren Vizerektorinnen und Vizerektoren für Lehre als auch Mitarbeiter*innen der Bereiche Lehr- und Lernentwicklung. Das Ensemble Classic All (Leitung Christoph Falschlunger und Beate Hennenberg, Studienassistenz Hiroyo Watanabe, Supervision Helga Neira Zugasty) präsentierte eine Gemeinschaftskomposition aus barocken und zeitgenössischen Klängen. Die Komposition wurde in einem gemeinsamen Workshop - der im Rahmen des Gender|Queer|Diversitäts-CAll 2022 https://www.mdw.ac.at/ggd/projekte/genderqueerdiversitaet-call-mdw-2022/ der Plattform Gender_mdw gefördert wurde , mit dem zeitgenössischen Komponisten Jaime Volfson erarbeitet. Vor interessiertem Publikum stellte Beate Hennenberg die didaktischen Herangehensweisen der Lehrveranstaltung vor. Helga Neira Zugasty verwies mit ihrem Statement auf die gesellschaftliche Dimension.

Beate Hennenberg




Helga Neira Zugasty

Inklusives Musizieren – seine Relevanz für pädagogische Studienfelder an Universitäten und Kunstuniversitäten

Inklusives Musizieren bedeutet, dass Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und unterschiedlicher musikalischer Reife gemeinsam Musik machen. Das ist ein Recht, welches für alle Menschen in unserem Land gilt, die Musik machen wollen, seien es Menschen mit oder ohne Behinderung.

Damit für die ganze österreichische Musikszene hier eine eindeutige Referenz geschaffen wird, hat die Interessensgruppe für inklusives Musizieren  Österreich IGMI (www.igmi.at) im Dezember 2021 ein Positionspapier erarbeitet, das seit Jänner 2022 vom Österreichischen Musikrat vertreten wird und derzeit bereits in allen Bundesländern als Arbeitsgrundlage für Vernetzung, Austausch und Weiterbildung im Einsatz ist.

Wenn nun eine fähigkeitsgemischte Gruppe gemeinsam Musik machen will, welche Musik bietet sich an? Aus dem unendlich weiten Feld der in Jahrhunderten geschaffenen Möglichkeiten vor allem jene Musik, die alle gern spielen, singen, aufführen wollen und die auch gerne angehört wird. Dass das so sein würde, hoffen wir ja auch heute. Unser Angebot bietet eine Kombination aus Barockmusik verbunden mit Elementen der elementaren Musik.

Und was braucht es dafür: Vor allem die Bereitschaft, miteinander in Beziehung treten zu wollen, die Fähigkeiten der anderen kennen zu lernen und den Beitrag, den eine Person mit ihren individuellen Möglichkeiten leistet, ernst zu nehmen, nicht als besser/schlechter, wertvoller, weniger wertvoll zu klassifizieren – Es bedeutet echte Partizipativität zu leben, jedem Mitglied die Chance zu geben sinnstiftend und mit Selbstverständnis seinen Beitrag geben zu können.

Was braucht es dazu noch? EnsembleleiterInnen, die selbstverständlich aus dieser empathischen Einstellung heraus arbeiten, die durch ihre Ausbildung aber auch das musikalische Handwerk selber beherrschen und denen auch die didaktische Aufbereitung des Spielgutes situationsangepasst gelingt. Das sind dann MusikerInnen, die Freude daran haben, immer neue Möglichkeiten zu entdecken und die es glücklich macht, wenn ein co-kreativer Prozess gelingt.

Und dann braucht es Rahmenbedingungen, die so etwas möglich machen. Spätestens da wird klar, dass Inklusion nicht die Angelegenheit von Menschen mit Behinderung ist, also von jenen 18 % unsrer Bevölkerung, die mit einer Behinderung leben, nicht mitgerechnet der Anteil von Menschen, die auch mit ihnen das Leben teilen. Sie haben ihr So-Sein. Es ist Sache der nichtbehinderten Mehrheitsgesellschaft, den Raum und die Ressourcen für inklusives Lernen, Wohnen, Arbeiten, Freizeit gestalten wie eben auch Musik machen zu teilen. Und da sind wir noch immer auf dem Weg.

Zuletzt braucht es auch dringend eine Forschung, die das reiche Wissen aus anderen Disziplinen  vernetzt – sei es Lernpsychologie, Entwicklungspsychologie, Empathieforschung, Erstellen von Algorithmen, Kognitionsforschung – die Liste wäre sehr lang, die Möglichkeiten sind vielfältig. Und dieses Wissen muss zudem so aufbereitet werden, dass die resultierenden Erkenntnisse zu einer hilfreichen, praktikablen, alltagstauglichen Ressource werden.

Dann gibt es einen Mehrwert, durch den Inklusion als gesellschaftlich relevanter und strukturverändernder Prozess verstanden und gelebt werden kann.  Gemeinsames Musizieren ist eine wunderbare Möglichkeit dafür.