Do 28. April 2022
14.30-15:30

Evelyn Annuß Institut für Kulturmanagement und Gender Studies (IKM), mdw

 

Empowerment Revisited.

 

My body – my choice, so eine aktuelle Demonstrationsparole der Querdenker_innen. Sie entwendet und rekontextualisiert altbekannte, feministische Forderungen nach Selbstbestimmung, um sie von rechts neu zu besetzen. Während öffentliche Versammlungen im Umfeld kulturwissenschaftlicher Geschlechterforschung momentan vor allem mit Blick auf das widerständige Potenzial kollektiver Praktiken gelesen werden (zuletzt Butler, Lorey), haben sich die politischen Parameter offenbar verschoben. Vor diesem aktuellen Hintergrund fragt mein Beitrag nach Historizität und Nachleben von Empowerment-Vorstellungen und ihrer öffentlichen Inszenierung. Unter welchen Bedingungen wurden und werden Körper- und Freiheitsdiskurse miteinander verschränkt? In welchem Verhältnis stehen hierbei Aktivismus und mediales Gefüge? Inwiefern provoziert die gegenwärtige Situation zur Revision von Utopien der Selbstermächtigung und lässt nach dem Wechselspiel von Widerständigkeit und "Selbstregierungskünsten" fragen? Was bedeutet die derzeitige Aneignung von Empowerment-Signalen für eine kritische Selbstverständigung der Geschlechterforschung – einem Wissenschaftsfeld, das sich nicht zuletzt der Geschichte neuer sozialer Bewegungen verdankt? Und inwiefern haben Geschlechterstudien in den Künsten, mithin ein genuin kunstuniversitäres Forschungsfeld, etwas zu den genannten politischen Fragen beizutragen?

 

Evelyn Annuß, Theater- und Literaturwissenschaftlerin, ist Professorin für Gender Studies an der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Sie arbeitet unter anderem zur Frage kollektiven Erscheinens, hat in Bochum über NS-Masseninszenierungen habilitiert, in Erfurt zu den Theatertexten Elfriede Jelineks promoviert ("Theater des Nachlebens", Fink 2007) und in den 1990er Jahren im Team von Karin Hausen des Zentrum für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung am Geisteswissenschaftlichen Fachbereich der TU Berlin mit aufgebaut. Momentan forscht sie zu Auftrittsformen in Drag vom kreolisierten Karneval bis zur Coronademo. Kontakt: annuss@mdw.ac.at
Publikationen u.a.:
• Max Reinhardt. Regiebuch zu Hugo von Hofmannsthals Jedermann. Edition & Kommentare (Bd. 2 der Festausgabe für 100 Jahre Salzburger Festspiele mit Harald Gschwandtner, Edda Fuhrich, Norbert Christian Wolf für den Salzburger Festspielfonds), Hollitzer: Wien 2020.
Volksschule des Theaters. Nationalsozialistische Massenspiele. Paderborn 2019: Fink
• „Populismus und Theater“. In Teutsch, Susanne (Hg.): Was zu fürchten vorgegeben wird. Alterität und Xenophobie. Wien 2019: Praesens, S. 226-236.