Die Phonothek des Instiuts (1968 bis 2003)
Am 4.11.1968 wurde in Anwesenheit des Präsidenten der Akademie für Musik und darstellende Kunst eine Phonothek mit Zuordnung zur Abteilung Musikpädagogik eröffnet. Als Leiter hatte man den jungen Gottfried Scholz gewonnen, der dafür Sorge trug, einerseits die Werkkenntnis der Studierenden zu erweitern, andererseits Aufnahmen von namhaften Werken zur Gestaltung von Lehrveranstaltungen bereit zu stellen. Allmählich erweiterte sich die Phonothek über die Standards hinaus und wurde dank großer Kundenfreundlichkeit zum Treffpunkt für Bildungswillige. Riss ein Tonband, wurde es umgehend geklebt. Versagte eine Tonbandmaschine ihren Dienst, wurde sie ebenso rasch zum Service gebracht. Wer Probleme hatte, widerspenstige Tonbänder in der Maschine fest zu zurren, bekam freundliche Unterstützung, wenn nötig sogar mehrfach. Und 10 Stunden Öffnungszeit luden so manchen Benutzer ein, in Pausen zu unterschiedlichen Tageszeiten die Phonothek aufzusuchen.
Technisch gesehen, dominierten zunächst Tonbänder, gefolgt von Cassetten-Recordern und einem Plattenspieler, der dazu diente, wertvolle und damals noch teure Platten auf Tonband bzw. Cassette zu überspielen. So schützte man die heiklen Schallplatten und konnte den Bestand des Hauses trotzdem der akademischen Öffentlichkeit erschließen. Über diese Tätigkeit hinausgehend, wollte man mehr: der Hörfunk präsentierte stets eine Reihe von Raritäten, im Handel kaum erhältlich und für das Haus nicht erschwinglich. Um aber auch diese Musikstücke einer umfassenden musikwissenschaftlichen Ausbildung für PädagogInnen und InterpretInnen zuzuführen, wurde „The Best Of“ mitgeschnitten. Natürlich herrschte absolutes Kopierverbot, natürlich blieb der Besuch der Phonothek kostenlos; kommerzielle Interessen existierten nicht. Eine dritte Quelle für Aufnahmen waren phasenweise Aufzeichnungen von Auftritten Lehrender und Studierender.
Die Investition in Arbeitsplatz und Gerätschaft lohnte sich. Kamen in der ersten Zeit nur wenige Besucher, so steigerte sich die Frequenz auf etwa 1000 pro Semester in den frühen 70-er Jahren. Ohne diese Phonothek hätten weder der Lehrbetrieb noch die von den Studierenden zu erbringenden Diplomarbeiten optimal realisiert werden können, da bis zur allgemeinen Digitalisierung die Beschaffung eines derart großen Repertoires an Musikstücken in unterschiedlichen Interpretationen für Privatpersonen unmöglich war.
Als die Digitalisierung traditionelle Tonträger zum Verschwinden brachte, und allmählich alle älteren Aufnahmen auch auf CD vorhanden waren, wuchs im Haus der Bestand an CDs, die traditioneller Weise, wie ehedem die Schallplatten, in der Bibliothek verwahrt wurden, so dass die Phonothek des Instituts weiterhin die Kopieraufgabe wahrnehmen musste. Da nun weniger die Sorge um das Original sondern die Raumnot diesen Usus bedingte, kam es zu einer optimalen Lösung im Zuge des Umbaus der Bibliothek. Seither lädt eine feine, architektonisch perfekt gestaltete und auf CDs aufbauende neue Phonothek in der Bibliothek zum Musikhören ein.
Klar, dass sich der ohnedies schon abzeichnende Publikumsschwund verstärkte und Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Umkopierens von CDs auf DAT oder schließlich Minidisc aufkamen. Der Hauptbestand der Phonothek des Instituts beruhte nun mal auf Tonbändern, die im Verlauf von fast 35 Jahren ihr natürliches Ende zu erreichen drohten; manche waren bereits unbrauchbar. Die Entscheidung, eine praktikable Lösung für die mit so viel Engagement und Fachkenntnis errichtete Phonothek zu finden, machte die allgemeine Krise leicht: das Budget erfuhr in den letzten Jahren namhafte bis drastische Kürzungen. Es war nicht mehr möglich, Reparaturen und Neuanschaffungen von Abspielgeräten durchzuführen. Und wegen technischer Inkompatibilität konnten die stark defekten Kopfhörer nicht ersetzt werden: die neuen Fabrikate passen nicht zu den alten Geräten. Eine Aufrechterhaltung des Betriebs erwies sich angesichts der besseren Möglichkeiten in der Bibliothek als obsolet.
Im Februar 2003 wurde nach reiflicher Überlegung ein Weg gefunden, die in den 35 Jahren geschaffenen Werte nicht einfach wegzugeben oder nötigenfalls zu entsorgen. Jene Aufnahmen, die Ausbildung und Wirken von ehemaligen Studierenden und Lehrenden dokumentieren sowie wertvolle Mitschnitte wurden dem Universitätsarchiv übergeben. Alle anderen Aufnahmen konnte die Österreichische Mediathek übernehmen und der großen Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Der Entsorgung fielen nur jene Tonbänder anheim, deren Substanzverlust irreparabel fortgeschritten war. Zur Aufrechterhaltung des Lehr- und Forschungsbetriebs verblieben nur dislozierte sowie eigens digitalisierte Tonträger ohne Abhörmöglichkeit für Benutzer.
Margareta Saary