Transkription und editorische Erschließung des Tagebuchs des Wiener Musikkritikers Max Kalbeck (1850–1921)
Projektleitung: Melanie Unseld
Mitarbeiterin: Henrike Rost
Laufzeit: 03/2023–09/2023
Finanzierung: Stadt Wien/MA 7
Für Wien gilt das Jahr 1897 als Epochenjahr, als wegweisend für die Entwicklung der Moderne. Die Stadt bekam eine elektrisch betriebene Straßenbahn, eines der größten Riesenräder der Welt – und erstmals wurde eine Frau an der Universität promoviert. Und mit dem Tod von Johannes Brahms im April sowie Gustav Mahlers Berufung zum Hofoperndirektor im Oktober erfuhr das Musikleben prägende Zäsuren.
Der Musikkritiker, Biograph, Librettist und Dichter Max Kalbeck, seit 1880 in Wien ansässig, zählte als gut vernetzter und eloquenter Journalist zu den einflussreichsten Persönlichkeiten des Wiener Kulturlebens. Ihm legten nicht nur zahlreiche Schriftsteller*innen ihre Werke vor, Komponisten, Schauspieler*innen und Musiker*innen antichambrierten bei ihm mit Blick auf ein wohlwollendes Urteil aus seiner Feder. Er zählte zum engeren Kreis um Johannes Brahms und formte später nachhaltig das historische Bild des Komponisten mit seiner monumentalen Brahms-Biographie. Kalbeck veröffentlichte diverse eigene schriftstellerische Arbeiten und war als Librettist und Übersetzer tätig.
2021 wurde eine bis dato unbekannte Quelle aus Kalbecks persönlichem Besitz für die Wissenschaftswelt zugänglich: sein Stammbuch. Bekannte und Weggefährten Kalbecks hatten darin im Zeitraum von 1873 bis 1901 freundschaftliche Widmungen, begleitet von verschiedenen Musikzitaten und Zeichnungen, zur Erinnerung eingeschrieben. In diesem Zusammenhang harren nun weitere handschriftliche Quellen aus dem Familienbesitz, die zur wissenschaftlichen Aufarbeitung freigegeben wurden, ihrer Erschließung: Das hier vorgestellte Projekt macht es sich zur Aufgabe, das Tagebuch Kalbecks aus dem Jahr 1897 zu transkribieren und zu kontextualisieren. Die Tagebuchaufzeichnungen (365 eng beschriebene Seiten), die Kalbecks involvierte und teils recht unverblümte Sicht auf das kulturelle und gesellschaftliche Leben vermitteln, sollen langfristig einer möglichst breiten Öffentlichkeit in einer Edition zur Verfügung stehen.