Kulturwissenschaften

Kulturwissenschaften im Allgemeinen stellen weniger eine Disziplin als eine Art des Fragens und Betrachtens dar. Dabei geht es um grundlegende Perspektiven wie Identität und Geschichte, Erfahrung und Sprache, Kultur und Gesellschaft. Die Tatsache, dass jeder dieser Begriffe auch im Plural verwendbar wäre, deutet bereits darauf hin, dass jede dieser Perspektiven veränderbar und in großer (historischer wie gegenwärtiger) Diversität anzutreffen ist. In diesem Sinne reflektiert auch eine kulturwissenschaftlich orientierte Musikwissenschaft die grundlegende Diversität von Musik und ihrer Geschichte. Dabei geht es sowohl um die Verschiedenheit musikbezogener Praktiken als auch um die Verschiedenheit, wie diese Praktiken in Musikgeschichte(n) beschrieben wurden. Dazu gehört auch, wie und unter welchen Bedingungen Wissen über Musik entsteht, archiviert und vermittelt wird.

Musik wird unter einer kulturwissenschaftlichen Perspektive als ästhetisches, soziales und historisches Phänomen betrachtet, das in seiner Materialität divers ist und sich unter verschiedenen Perspektiven beschreiben lässt: Mit dem Fokus auf Kategorien wie Schrift und Sprache etwa geht es um Medien und Kommunikation, aber auch um Zeichensysteme, Narrative und (Be)Deutung; mit der Kategorie Raum werden soziale Bedingungen von musikalischen Alltagspraktiken, aber auch Fragen des kulturellen Transfers, von Migration und Translation fassbar; die Kategorie Gedächtnis lässt Musik als Erinnerungskultur, Kanonisierung und Geschichtsschreibung deutlich werden, die eng auch mit In- und Exklusion, Fragen von Identität und Politik, aber auch Macht und hegemonialen Prozessen verbunden sind. Nicht zuletzt helfen intersektionale Kategorien wie Geschlecht, Religion, Stand u.a. dabei, Phänomene der gegenwärtigen wie vergangenen Musikkultur differenziert zu analysieren.  

Kulturwissenschaften verstehen sich als über, in und zwischen Disziplinen angesiedelt. Auch einer kulturwissenschaftlichen Musikwissenschaft ist daher Interdisziplinarität und Methodenpluralismus eigen. Schnittstellen und Austausch gibt es dabei u.a. mit Literaturwissenschaften, Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Kunstgeschichte, Kultur- und Sozialgeschichte, Gender Studies und Geschlechtergeschichte, der Transfer- und Globalgeschichte, Wirtschaftsgeschichte, Translationswissenschaften, Soziologie und Philosophie.

Exemplarische Themenfelder sind:

•    Diversität (in) der Musikgeschichte
•    Musikhistorische Wissensproduktion
•    Musikalische Öffentlichkeit
•    Musikhistorische Genderforschung
•    Musik und ihre Praktiken im kulturellen Transfer
•    Musikbiographik