Mit welchen Fragen befassen wir uns in Forschung und Lehre? Welche Themen bearbeiten unsere Masterstudierenden und Doktorand_innen?

 

  • Weil das Musizieren und Singen den Menschen von früh an in eigentümlicher und nachhaltiger Weise bereichert, formt und bildet, es ihm erlaubt, mit der Musik zu wachsen, in der Musik neue Ausdrucksbereiche zu entdecken, im Musizieren und Singen elementare psychische Bedürfnisse zu befriedigen und dadurch sein Selbst zu stärken, ist uns das Nachdenken über persönlichkeits- und bildungstheoretische Grundlagen des Instrumental- und Gesangsunterrichts von ausschlaggebender Bedeutung. Dabei stellen wir in Rechnung, dass die subjektiven Theorien unserer Studierenden über Unterrichten, Lernen oder Musizieren kritisch re-flektiert werden müssen.
  • Weil die Lehrer_innen-Schüler_innen-Beziehung im Instrumental- und Gesangsunterricht von einer besonderen Intensität und Dauerhaftigkeit ist, arbeiten wir intensiv zum spezifischen pädagogischen Bezug im Instrumental- und Gesangsunterricht, erkennen die Beziehungen zwischen den am Unterrichtsgeschehen beteiligten Personen als Grundlage jeder Lernentwicklung (auch in Hinsicht des Aushandelns von „Arbeitsbündnissen“) und sind uns durchgehend auch der Problematik von Nähe und Distanz in physischer wie psychischer Hinsicht bewusst. Aus der Perspektive der Gender Studies beschäftigen uns Themen wie die geschlechtstypische Instrumentenwahl, der traditionell männlich dominierte Werkekanon bis hin zu diskriminierender Sprache und sexueller Belästigung im Instrumental- und Gesangsunterricht.
  • Weil Instrumental- und Gesangsunterricht an der Musikschule nicht mehr nur auf die Vermittlung spieltechnischer Fertigkeiten ausgerichtet ist, sondern das Ziel einer umfassenden Musikalisierung im Auge hat und weil diese Aufgabe nicht mehr nur unter den Bedingungen des Einzelunterrichts zu bewältigen ist, beschäftigen wir uns mit der didaktischen Professionalisierung von Instrumental- und Gesangslehrer_innen, wollen sie in den Stand setzen, die Breite der Ziele zu artikulieren, die Fülle der Inhalte zu realisieren, methodisch variabel zu agieren und in diesem Zusammenhang auch zielführend mit verschiedenen Unterrichtsformen wie Partner_innen-, Gruppen- oder Klassenunterricht umzugehen. Dabei sind wir uns der Grenzen der didaktischen Planung und Durchführung bewusst und streben bewusst die „Oszillation“ zwischen fließendem Musizieren und didaktischer Strukturierung schon im Unterricht an.
  • Weil die Digitalisierung nahezu alle Lebens- und Arbeitsbereiche auch die Instrumental- und Gesangspädagogik nachhaltig verändert und didaktisch-methodische Vielfalt ermöglicht, ist es notwendig, verschiedenste Blended Learning Konzepte zu erproben und weiterzuentwickeln, die die Musikschule einerseits als Ort des gemeinsamen Musizierens festigt und andererseits Digitale Medien in deren unterschiedlichsten Formen als Medium der Wissensvermittlung in den Unterrichtsprozess integriert und etabliert.
  • Weil instrumentales und vokales Lernen eine eigenartige Form der Verknüpfung musikalischen, ästhetischen und senso-motorischen Lernens darstellt, fragen wir einerseits nach der Natur und der Optimierbarkeit dieses Lernens, stellen also die Frage nach effizientem Üben ebenso wie die nach einem produktiven Umgang mit dem Phänomen des Lampenfiebers, wissen aber auch, dass gerade im Bereich IGP musikalisches Lernen vor allem außerhalb der Lernwelt des formalen Unterrichts stattfindet, in Ensembles, in der Familie, in Aufführungssituationen, also auch informell und beiläufig, autodidaktisch, im Kontakt mit Gleichaltrigen, in musikalischen Communities of Practice.
  • Weil Instrumental- und Gesangspädagogik in Österreich zumeist im Kontext der öffentlichen Musikschule stattfindet, sich die Musikschule als Institution aber gerade dadurch auszeichnet, dass sie – ausgehend von pädagogischen Zielvorstellungen – immer wieder neu erfunden werden kann und eigentlich nur dann erfolgreich ist, wenn sie unaufhörlich mit der Regelschule, mit ihrem regionalen Umfeld oder den Vorbereitungsklassen der Musikuniversitäten kooperiert, sehen wir Musikschulpädagogik als essentiellen Teil der Instrumental- und Gesangspädagogik, d. h. wir beziehen auch Modelle und Perspektiven von Musikschularbeit ausdrücklich in unser Nachdenken mit ein.
  • Weil die Geschichte der Instrumental- und Gesangspädagogik frühe historische Höhepunkte genauso kennt wie Perioden menschen- und musikfernen Drills und weil für uns die erfreuliche musikschulpädagogische Praxis in Österreich dennoch nicht das Maß aller Dinge ist, nähern wir uns allen bereits angeführten Fragestellungen in historischer ebenso wie in vergleichender Perspektive, studieren die Geschichte des Faches ebenso wie Beispiele von „good practice“ in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern.
  • Weil Instrumental- und Gesangspädagogik nicht nur mit dem Aufbau von Spieltechnik oder Interpretationsvermögen zu tun hat, sondern vom Politischen durchdrungen ist – man denke nur an die Genese des deutschen Musikschulwesens aus dem Geist der Gemeinschaftsideologie der Jugendbewegung, aus Aus- und Abgrenzungen durch musikalische Werthierachien oder die Bedeutung der Blasmusik und der auf sie bezogenen Musikschularbeit für individuelle regionale Identitäten -, stellen wir uns der gesellschaftlichen Verantwortung von Musikpädagogik und diskutieren fachbezogen Themen wie soziale Abgrenzung, Identität, Diversität und Inklusion.