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Das Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie feiert sein 50-jähriges Jubiläum. Institutsleiterin Ursula Hemetek gibt Einblicke in die Forschungsschwerpunkte von einst und heute.
Text: Ursula Hemetek
Anno 1965…
Damals wurden in Österreich wesentliche wissenschafts- und hochschulpolitische Weichen gestellt. Es war die Zeit, als die Kunstakademien zu Hochschulen werden sollten. Im Bereich der Volksmusikforschung hatte sich der Akademieabsolvent (Komposition und Musiktheorie) Walter Deutsch bereits einen Namen gemacht, sein Fachwissen sprach sich herum und er wurde „schließlich 1963 als Lehrbeauftragter und 1964 als Vertragslehrer für ‚Musikalische Volkskunde’ an die Musikakademie geholt. Als dann unter dem damaligen Präsidenten der Musikakademie, Hans Sittner, der Wille reifte, aus dieser Akademie eine Musikhochschule mit wissenschaftlichem Anteil zu machen, wurde 1965 das Institut für Volksmusikforschung gegründet und Walter Deutsch mit dessen Leitung betraut. Das zweite damals gegründete Institut war übrigens jenes für Musiksoziologie und Musikpädagogische Forschung unter der Leitung von Kurt Blaukopf“ (Haid 2011).
Institut für Volksmusikforschung
Die Eckpunkte der weiteren Institutsentwicklung haben wesentlich mit den Veränderungen an der Akademie/ Musikhochschule/ Universität zu tun. Die Wissenschaft erhielt zunehmend einen höheren Stellenwert, was sich auch in der Gründung anderer wissenschaftlicher Institute niederschlug. Das Institut für Volksmusikforschung wurde zunächst als Lehrkanzel dem Bereich Musikpädagogik zugeordnet, später ein eigenständiges Institut. Am 1. Oktober 1998 wurden die Kunsthochschulen in Kunstuniversitäten umbenannt und mit dem Universitätsgesetz 2002 auch das Doktoratsstudiums eingeführt, was sich als wesentlicher Stimulus für die Entwicklung einer Corporate Identity der Wissenschaft an der mdw herausstellte.
Zentrum österreichischer Volksmusik
Die Arbeit am Institut stand zu Beginn in der Tradition der „Wiener Schule der Volksmusikforschung“. Inhalte von Forschung und Lehre konzentrierten sich auf vokale und instrumentale österreichische Volksmusik. Von den 1980er Jahren an etablierte Rudolf Pietsch Forschung zu instrumentalen Volksmusikstilen und praktische Ansätze in der Lehre, die seitdem kontinuierlich weiter wirken.
1994 übernahm Gerlinde Haid nach ihrer Berufung auch die Institutsleitung. In einer Kontinuität zur bisherigen Arbeit wurden durch eine kritische Orientierung an kulturellen Entwicklungen in der Gesellschaft, die Forschungsfelder und das Methodenspektrum sukzessive erweitert.
Internationale Forschungsinstitution
Ein wichtiges Themengebiet wurde die Musik von Minderheiten. Internationale Kooperationen wurden intensiviert. 2001 habilitierte Ursula Hemetek im Fach Ethnomusikologie. Diese Entwicklungen haben mit dem Universitätsgesetz 2002 ihren Niederschlag im Zusatz „Ethnomusikologie“ im Institutsnamen gefunden. 2003 wurde am Institut das Forschungszentrum für Europäische Mehrstimmigkeit etabliert (Ardian Ahmedaja). Unter der Leitung von Gerlinde Haid, entwickelte sich das Institut zu einer auch international anerkannten Forschungsinstitution, 2007 fand die ICTM Weltkonferenz unter federführender Beteiligung des Instituts statt. Am 1. Jänner 2011 übergab Gerlinde Haid die Institutsleitung an Ursula Hemetek, die ein wohlbestelltes Feld übernehmen durfte. Seit 2012 bekleidet Ulrich Morgenstern das Ordinariat für Geschichte und Theorie der Volksmusik.
50 Jahre Forschung
Das Fest, das zum 50-jährigen Jubiläum ausgerichtet wird, versucht der bewegten und vielfältigen Geschichte des Instituts gerecht zu werden und ein wenig von dem abzubilden und zu reflektieren, was in diesen 50 Jahren erreicht werden konnte, was Desideratum bleibt. Einige der jetzigen MitarbeiterInnen des Instituts gehören bereits der dritten Wissenschafts-Generation nach Walter Deutsch – der als „Zeitzeuge“ zur Verfügung steht – an. Mit den Programmpunkten des Festes soll ein Bogen über die Generationen und die Themenvielfalt gespannt und – wie in der Fachmethode der Feldforschung üblich – sowohl die Innensicht als auch die Außensicht miteinbezogen werden. Prominente KollegInnen aus dem Ausland werden letztere beisteuern.
Am Programm stehen musikalische Beiträge von Studierende von einst und jetzt, ein Filmporträt des Instituts sowie Präsentationen der aktuellsten Publikationen. Ein Herzstück und das Ergebnis intensiver Recherche aller InstitutsmitarbeiterInnen wird die Ausstellung „50 Jahre Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie“ sein. Die Gliederung spiegelt die Arbeitsschwerpunkte sowie die Charakteristika des Instituts: Lehre, Abschlussarbeiten, Feldforschung, Archiv, Forschungsprojekte, Publikationen, Kooperationen, Veranstaltungen und natürlich eine „Tabula Personae“, jener Menschen, die diese Bereiche getragen haben.
Die „Propinationes“ am Nachmittag – die dann zu einem musikalischen Ausklang hinführen werden – sind Trinksprüche einer großen Zahl von „Personae“ aus sehr unterschiedlichen Bereichen, die dem Institut verbunden sind.
Seien Sie herzlich willkommen!
Donnerstag
8.10.2015
50 Jahre Institut für
Volksmusikforschung & Ethnomusikologie
Jubiläumssymposium und Fest
Joseph Haydn-Saal
3., Anton-von-Webern-Platz 1
Walter Deutsch © Alfred Luger