musica vulgaris and musica artificialis
The Social and Artistic History of Musical Instruments
Interdisciplinary symposium on the occasion of the
100th birthday of Felix Hoerburger
Venue: University of Music and Performing Arts Vienna
Bericht Ulrich Morgenstern
Am 2. und 3. Dezember 2016 veranstaltete das Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien in Zusammenarbeit mit dem Joseph Haydn Institut für Kammermusik, Alte Musik und Neue Musik aus Anlass des hundertsten Geburtstags des deutschen Volksmusikforschers Felix Hoerburger (2016–1997) ein internationales Symposium im Schnittbereich von Volksmusikforschung, Instrumentenkunde und Historischer Musikwissenschaft. 19 Referentinnen und Referenten aus elf europäischen Ländern diskutieren sozialgeschichtliche und stilgeschichtliche Aspekte von Streich- und Blasinstrumenten im Spannungsfeld zwischen musica vulgaris and musica artificialis. Neben den Referentinnen und Referenten sowie die im Begleitprogramm auftretenden Musikerinnen und Musiker nahmen an dem Symposium zahlreiche Mitglieder der mdw zugegen sowie Vertreterinnen und Vertretern des Instituts für Musikwissenschaft der Universität Wien und des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Ebenso waren Symposiumsgäste aus Deutschland und der Slowakei angereist.
In ihrer Eröffnungsansprache stellte Rektorin Ulrike Sych die besondere Bedeutung Österreichs für den produktiven Austausch zwischen Volksmusik und Kunstmusik heraus sowie die Bedeutung beider Musikstile in der musikalischen Laufbahn zahlreicher Studierender der mdw. Die Leiterin des ive, Ursula Hemetek, stellte das Symposium in den Kontext der zahlreichen internationalen Symposien des Instituts und seiner damit verbundenen Publikationstätigkeit. Sie strich ebenso die Aktualität von Hoerburgers Arbeiten zur Ethnochoreologie und Ethnoorganologie heraus. Sie dankte dem Programmkomitee, bestehend aus Ulrich Morgenstern, Gabriele Busch-Salmen, Rudolf Brandl und Daniela Mayrlechner, dem ijh als dem für die Abendkonzerte zuständigen Kooperationspartner, dem Rektorat für die Ermöglichung der Veranstaltung sowie dem Symposiumsleiter Ulrich Morgenstern und der Koordinatorin Sara Gregorič. Ulrich Morgenstern stellte das Konzept des Symposiums vor, dessen Thematik teils an Ergebnisse des Symposiums EUROPEAN VOICES IV anschließt. Er verwies zudem auf die internationale Forschungsaktivität Hoerburgers und die Innovationskraft seines dynamisches Volksmusikkonzepts, das das Wechselverhältnis zur Kunstmusik sowie Interkulturalität, soziologische Ansätze und Individualforschung mit einschließt. Für das ijh verwies Ingomar Rainer auf die Notwendigkeit eines engeren Austauschs zwischen Volksmusikforschung/Ethnomusikologie und Historischer Musikwissenschaft/Alte Musik.
Der Person Felix Hoerburgers war die erste Sitzung gewidmet, auf der Oskár Elschek, Else Schmidt und Ardian Ahmedaja seine Bedeutung für Ethnoorganologie, Ethnoorganologie bzw. die Erforschung der albanischen Tanzkultur herausarbeiteten. Olivier Féraud und Thilo Viehrig, mit Co-Referentin Nancy Thym, demonstrierten eigene Nachbauten von Streichinstrumenten des Mittelalters und der Renaissance; Simon Wascher verfolgte Spuren der Drehleier in Wien. Sozialgeschichtliche Aspekte der Blasinstrumente aus Antike, Rennaisance und 19. Jh. diskutierten Javier Campos Calvo-Sotelo, Beatrix Darmstädter und Klaus Aringer, die Sackpfeifen des Barock in Frankreich und Deutschland/Österreich Jean-Pierre Van Hees und Michael Vereno. Neue Überlegungen zur Entwicklung der alpenländischen Zither stellte Gertrud Huber vor, während Brigitte Bachmann-Geiser die Kreativität bei der Entwicklung von Ersatzinstrumenten für den Kontrabass in der Schweiz vorstellte. Valdis Muktupāvels analysierte die soziale Kategorisierung von Musikinstrumenten in Lettland, Evgeny Vorobyov konnte bislang unbekannte Verbindungen zwischen Musikinstrumenten und russischer Kirchenmusik beleuchten. Lana Paćuka und Jasmina Talam untersuchten urbane Ensemblestile in Bosnien-Herzegovina, während Gaila Kirdienė interkulturelle und sozialgeschichtliche Aspekte südlitauischer Tanzmusik darstellte.
Das Begleitprogramm des Symposiums umfasste einen Besuch der Sammlung Alter Musikinstrumente das Kunsthistorischen Museums sowie zwei öffentliche und gut besuchte Abendkonzerte unter dem Motto Instrumental Music from Italy and Austria (17th and 20th Centuries) und Bowed Instruments and Bagpipes across the Centuries. Das erste Konzert wurde von einer bayerisch-salzburgischen Formation eröffnet, die unter anderem die von Hoerburger intensiv erforschten Zwiefachen vorstellte. (Mit dieser Gruppe führten Studentinnen des Instituts im Rahmen des Feldforschungsseminars Interviews durch.) Musik des 17. und des 20. Jh. boten Studierende der mdw unter Leitung von Carsten Eckert dar, sie wirkten ebenso bei der Präsentation des Improvisationsworkshop von Simon Wascher mit. Das zweite Konzert wurde ausschließlich von Referentinnen und Referenten des Symposiums aus Österreich, Deutschland, Frankreich und Belgien bestritten. Ergänzt wurde das Begleitprogramm durch eine Poster-Präsentation von Bernhard Fuchs über das Project Sarangi: Music and Material Culture, das einem nepalesischen Instrument gewidmet ist, dem auch das besondere Interesse Hoerburgers galt.
Durch das Symposium konnte sich das ive mit seinem besonderen Schwerpunkt auf der Ethnoorganologie ein weiteres Mal als wichtiges Zentrum der europäischen Volksmusikforschung und Ethnomusikologie positionieren. Gleichzeitig hat das Symposium entscheidend dazu beigetragen, die Stadt Wien mit dem ihr eigenen Pluralismus musikalischer Stile und die mdw als bedeutende Orte für die europäische Volksinstrumentenforschung im Bewusstsein der internationalen Fachwelt zu verankern.
► Folder - musica vulgaris and musica artificialis, Vienna December 2-3, 2016
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