Forschungsschwerpunkt Jüdische Musik
von Isabel Frey
Im Rahmen ethnomusikologischer Minderheitenforschung am Institut wurden immer auch jüdische Musiktraditionen und deren transkulturelle Überschneidungen miteinbezogen. Insbesondere gibt es einen Schwerpunkt auf jiddische Musik, die Musik osteuropäischer jüdischer Communities, welche sich im Laufe des frühen 20. Jahrhunderts durch Migration und Vertreibung weltweit ausbreitete und seit den 1970er Jahren eine Revitalisierung erlebt.
Isabel Freys Dissertation im strukturierten Doktoratsprogramm der mdw, co-betreut von Ursula Hemetek am IVE, erforschte aktuelle Überlieferungs- und Aufführungspraktiken jiddischer Volkslieder in der transnationalen jiddischen Musikgemeinschaft. Auf Basis der Dissertation ist ihr Buchprojekt „Voicing Yiddishkeit: Postvernacular Folksong and Diasporic Belonging“ derzeit in Arbeit. Das künstlerische Forschungsprojekt „Challenging the Theater of Memory: Yiddish Song beyond Kitsch and Stereotype“ von Benjy Fox-Rosen und Isabel Frey, finanziert vom AR-Pilot Call der mdw und dem Music and Minorities Research Center (FWF Wittgensteinprojekt, Z 352-G26), beschäftigt sich mit jiddischen Liedern im Kontext österreichischer und deutscher Erinnerungspolitik über künstlerische Forschung und wird derzeit zu einem PEEK-Antrag ausgebaut, welches auch am IVE angesiedelt sein wird.
Ein weiteres Themengebiet jüdischer Musik sind liturgisch-jüdische Musiktraditionen in Wien. Benjy Fox-Rosens Masterarbeit, betreut von Ursula Hemetek, „The Vienna Stadttempel Choir: Musical Practice, Change and Meaning“ untersuchte die musikalische Praxis des Chores im Wiener Stadttempel und lieferte dabei einen maßgeblichen Beitrag zur Forschung der aktuellen musikalischen Praxis einer einzigartigen und historisch relevanten Synagoge, eine der wenigen übriggebliebenen aktiven „chorischen Synagogen“ in Europa. Isabel Freys Feldforschungen in den Jahren 2020 und 2021 zu Diskussionen über liturgische Melodien bei der liberalen jüdischen Gemeinde Or Chadasch in Wien mündeten in mehrere Vorträge bei internationalen Konferenzen sowie einem Artikel bei der Musicologica Austriaca, welcher den MusAu Best Paper Award 2024 erhalten hat und Ende 2024 erscheint.
Ein weiteres Thema sind transkulturelle Überschneidungen in jüdischer Musik und minoritäre Allianzen. Ein 2024 erschienener Artikel im Journal of Jewish Identities von Isabel Frey und der Musikerin und Aktivistin Rosza Daniel Lang-Levitsky analyisiert zeitgenössische jiddische Lieder, die Solidarität mit Palästinenser*innen ausdrücken. Aktuell betreibt Isabel Frey ethnografische Forschung zur Solidarität der jiddischen Musikszene in Berlin mit der Ukraine.