Transiente Vorgänge bei Einfachrohrblattinstrumenten

Kurzfassung

Musikinstrumente übten von je her eine große Faszination auf die Wissenschaft aus. Zum Einen liegt das sicher an der besonderen Beziehung des Menschen zur Kunst, zum Anderen stellt die Schwierigkeit, bestimmte für Musiker wesentliche Details der Klangentstehung und der Klangqualität genauer zu verstehen, nach wie vor eine besondere Herausforderung für den Forscher dar. Dieses über die Zeit gewachsene Verständnis der physikalischen Zusammenhänge erlaubt es heute beinahe realistische Klänge am Computer zu synthetisieren.

In den letzten Jahren wendet sich die Forschung vermehrt den Einschwingvorgängen zu, die sich nach wie vor dem tieferen Verständnis entziehen und folglich kaum vorhergesagt werden können. Die komplexen Zustandsänderungen während des Tonbeginns und bei Tonübergängen vor allem bei Blasinstrumenten sind der experimentellen Messung nicht leicht zugänglich und theoretische Modelle sind noch unvollkommen.  Doch gerade solche transiente Vorgänge charakterisieren einen ausdrucksstarken Klang. MeisterinstrumentalistInnen auf Einfachrohrblattinstrumenten setzen im expressiven Spiel eine Vielzahl verschiedener Artikulationstechniken ein. Der Forschungsschwerpunkt dieses Projektes ist es solche zu untersuchen und in Computermodellen nachzubilden.

Es sollen neuartige Messmethoden zur Analyse von transienten Schwingungen gefunden werden. Zusätzlich wird ein physikalisches Modell entwickelt, welches das Einschwingen des Instrumentes detailliert beschreibt. Das soll die realistische Simulation musikalischer Phrasen ermöglichen.  Durch Vergleich der experimentell gewonnen Daten und der Ergebnisse von Computersimulationen sollen die Parameter der physikalischen Modelle iterativ verbessert werden (inverse model).

Auf diese Weise lassen sich aus existierenden Klangaufnahmen Informationen über das Instrument und die Spieltechnik rekonstruieren.  Dadurch können auch die Zeitverläufe  von Parametern und Zuständen beschrieben werden, deren Messung während des Spielens unmöglich wäre. Die Relevanz der gewonnen Daten wird überprüft und ihr Einfluss auf den Gesamtklang gemessen.  Ziel ist die realistische Synthese dynamischer Klänge aus einer Beschreibung  ihrer Entstehungsprozesse. Ein solches neuartiges physikalisches Modell, welches transiente Vorgänge abbilden kann, ist unverzichtbar für zukunftsweisende Klangerzeuger und Klanganalysen.