Josephine Bloéb und Meo Wulf haben vor kurzem ihr Schauspielstudium am Max Reinhardt Seminar abgeschlossen und streben mit Energie und Selbstbewusstsein auf die Bühne. Beide haben ein Fixengagement am Theater in der Josefstadt und sind in der aktuellen Spielzeit in jeweils zwei Rollen zu sehen. Sie sind damit Teil eines sehr erfolgreichen Jahrgangs.
Es blieb kaum Zeit, um das Ende des Studiums zu realisieren: Kaum hatten Josephine Bloéb und Meo Wulf im Sommer ihre Ausbildung am Max Reinhardt Seminar abgeschlossen, begannen schon die Vorbereitungen für ihre Rollen in der neuen Saison. Beide sind seit dem Herbst fix am Theater in der Josefstadt engagiert.
Mittlerweile wurde Niemand, ein erst Mitte der 1990er-Jahre aufgetauchtes Stück Ödön von Horváths, bereits in der Regie von Herbert Föttinger in der Josefstadt uraufgeführt. Die 1992 in Innsbruck geborene Bloéb verkörpert in der Geschichte um eine Gruppe „kleiner Leute“, die von der Wirtschaftskrise an den Rand ihrer Existenz gedrängt werden, eine Kellnerin, die nur „Die Nachfolgerin“ heißt. Beim Interview im Juli, mitten in der Probenarbeit, konnte sie noch nicht viel über ihre Rolle verraten. „Es ist Neuland, weil keine vor mir diese Figur gespielt hat. Das macht es auch schwierig, weil ich mir von niemandem etwas abgucken kann. Aber es ist wahnsinnig spannend, weil die Rolle jetzt nur mir gehört.“ Bloébs zweite Figur ist die einer Näherin in Nestroys Posse Das Mädl aus der Vorstadt, die am 1. Dezember in der Regie von Michael Schottenberg Premiere haben wird. „Es wird bunt, witzig und satirisch. Die Näherinnen sind lustige Mädels, Austrickserinnen.“ Die Schauspielerin freut sich auch auf ihre Gesangseinlagen, wäre doch ein Abstecher ins Musicalfach – am liebsten als Mrs. Lovett in Sweeney Todd – ein Traum von ihr.
Eine seiner Traumrollen kann Meo Wulf 2017 spielen – ab 26. Jänner ist er als Harold in Colin Higgins´ Klassiker Harold und Maude zu sehen. In der Regie von Michael Schottenberg agiert der 1992 geborene Hamburger, der schon mit zwölf Jahren im Deutschen Schauspielhaus auf der Bühne stand und seit 2013 auch in der TV-Serie Familie Dr. Kleist mitspielt, neben Erni Mangold als Maude. Wulf sieht der Premiere mit Freude und Aufregung entgegen: „Dieses unglaubliche Stück und die unglaubliche Erni Mangold als meine Partnerin, da frage ich mich schon: Oh mein Gott, was kommt da?“ Im Juli feilte Wulf bereits an der Figur des todessüchtigen jungen Mannes, der sich in eine unkonventionelle alte Dame verliebt. „Ich habe große Lust darauf, diesen schrägen Jungen zu verkörpern. Ich beobachte gerade, welche Ticks die Leute so haben, um sie mir für Harold anzueignen.“
Noch vor seiner Hauptrolle spielt Wulf in Die Verdammten, das in der Regie von Elmar Goerden am 10. November Premiere hat. Er spielt Günther von Essenbeck, Mitglied einer einflussreichen Industriellenfamilie, die vor dem Hintergrund der Machtergreifung Hitlers in Deutschland ihren tragischen Niedergang erlebt.
Ihre Entscheidung, am Max Reinhardt Seminar zu studieren, haben der/die JungschauspielerIn nie bereut – nur mit Improvisation und Performance hätten sie sich gerne mehr auseinander gesetzt. „Ich fühle mich wirklich gut ausgebildet“, sagt Wulf. Bloéb pflichtet ihm bei. Sie müsse nun erst einmal ihre innere Festplatte ordnen, die mit Informationen vollgefüllt sei. Nach dem Studium gehe es auch darum, loszulassen, meint Wulf: „Wir müssen jetzt schauen, was wollen wir eigentlich auf der Bühne? “
An ihrem Beruf fasziniere sie das Geschichtenerzählen, sind sich die beiden einig. „Mich für längere Zeit mit einem bestimmten Thema auseinanderzusetzen, neue Figuren und damit auch immer etwas Neues an mir selbst kennenzulernen“, fasst Bloéb zusammen. „Du hast andere Klamotten an, du siehst anders aus. Einfach kurz ein anderes Leben leben“, ergänzt Wulf. „Das hat man nirgendwo, das darf man auch nicht. Sonst ist man ja sofort ein Lügner.“
Bei aller Lust und allem Spaß, die den beiden so wichtig sind, sehen sie das Theater jedoch nicht als reine Unterhaltung. Bloéb ist es ein großes Anliegen, der Gesellschaft mit ihrer Arbeit einen Spiegel vorzuhalten und dem Publikum Anstöße zur Selbstreflexion zu geben. „Schauspielen bedeutet für mich, eine Art Gespräch zu suchen, aber ohne jemanden zu verurteilen. Es bleibt den ZuschauerInnen überlassen, sich eine Meinung zu bilden.“ Das Theater könne dem Publikum neue Gedanken in den Kopf setzen, ihm die Welt zeigen, so Wulf: „Jeder lebt in seinem Kosmos, der sich im Laufe der Zeit immer mehr festsetzt. Da ist das Theater ein ganz wichtiger Ort, wo man andere Orte zeigt, andere Menschen, andere Leben, andere Verhaltensmuster.“
Mit ihrem erfolgreichen Start ins Berufsleben sind Josephine Bloéb und Meo Wulf übrigens nicht allein. Auch viele andere der diesjährigen AbsolventInnen des Max Reinhardt Seminars dürfen sich über Fixengagements und Stückverträge freuen. Luka Vlatkovic, der heuer bereits in Iwanow am Volkstheater Wien zu sehen war, hat dort nun einen Ensemblevertrag. Ab 16. Oktober spielt er in Alles Walzer, alles brennt. Ebenfalls in Iwanow, allerdings am Münchner Residenztheater, spielt Pauline Fusban. Intendant Martin Kušej, der am Max Reinhardt Seminar Regie unterrichtet, holte sie fix ins Ensemble. Stefan Gorski und Andrei Tacu sind fix ans Düsseldorfer Schauspielhaus engagiert und setzen auf der Bühne ihre während des Studiums entstandene Freundschaft fort: In Romeo und Julia spielt Gorski den Romeo, Tacu den Mercutio.
Michaela Saba ist ab November in Geächtet von Ayad Akhtar an der Seite von Nicholas Ofczarek im Burgtheater zu sehen. Lukas Watzl geht für zwei Produktionen ans Volkstheater Wien, seit 30. September spielt er dort in David Lindsay-Abaires Mittelschichtblues. Ebenfalls am Volkstheater arbeitet Michael Köhler: Ab 20. November wird er in Franz Grillparzers Medea auf der Bühne stehen. Und auch die Regieabsolventen sind gefragt: Evgeny Titov inszeniert seit Mitte September Mein Herz ist rein am Staatsschauspiel Dresden, im März 2017 folgt Hexenjagd am Düsseldorfer Schauspielhaus. Felix Hafner führt am Volkstheater Wien in Molières Der Menschenfeind Regie (Premiere: 1. Oktober). David Stöhr geht an die Schaubühne nach Berlin: Als Assistent des Regisseurs und Künstlerischen Leiters, Thomas Ostermeier, wird er auch selbst inszenieren.