Gerda Müller (Vizerektorin für Organisationsentwicklung, Gender & Diversity), Sabine Reiter (Geschäftsführende Direktorin mica – music austria) und Mirjam Unger (Filmemacherin und freie Autorin) trafen sich kurz vor Weihnachten an der mdw zu einem Gespräch und diskutierten u. a. über den Frauenanteil im Kulturbereich, die Bedeutung von Role Models und welche Schritte notwendig sind, um Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen zu erreichen.
Der Frauenanteil ist in den letzten Jahren in fast jedem Bereich gestiegen, es gibt immer mehr weibliche Studierende. Schlägt sich das im Erfolg der Frauen in der Kunst- und Kulturbranche nieder?
Sabine Reiter (SR): Wo es sich erfreulicherweise niederschlägt, ist in der Neuen Musik. Bei den KomponistInnen etwa steigt der Frauenanteil kontinuierlich an. Bei den Ensembles und Orchestern ändert sich die Situation bei manchen Instrumenten, andere werden hingegen fast nur von Männern gespielt, siehe Blechbläser. In der Popmusik halten sich die klassischen Bilder: Schlagzeug oder Gitarre sind männlich besetzt, Gesang weiblich. Was Leitungsfunktionen betrifft: Sie werden in den kleinen Häusern, bei kleinen Festivals und Veranstaltern von den Frauen übernommen, bei großen Festivals und Veranstaltern sowie in den großen Häusern hauptsächlich von Männern. Da tut sich zu wenig.
Wo Prestige und Geld im Spiel sind, finden sich also immer noch Männer. Frau Müller, wie ist es an den Universitäten?
Gerda Müller (GM): Wir haben hier im Rektorat der mdw drei Frauen und zwei Männer. Da bewegt sich schon etwas – in der Leitungsebene. Bei den weiteren Anstellungsverhältnissen sieht es etwas anders aus. Bei den Lehrenden des Mittelbaus ist die 50-Prozent-Quote etwa erreicht, bei den Professuren hingegen liegt die Frauenquote bei 26 Prozent.
Merken Sie auch eine geschlechtsspezifische Auswahl der Studienrichtung?
GM: Bei Violine und in der Pädagogik ist der Frauenanteil hoch. Genauso in den Fächern Gesang Popularmusik sowie in Gesang generell.
In der Popmusik arbeiten dann tatsächlich nur zehn Prozent Frauen, zeigt eine Analyse des SR-Archivs für Popularmusik. Woran liegt das?
GM: Im Rahmen eines an der mdw durchgeführten Gender-Screenings im Bereich Popularmusik haben uns Musikerinnen bestätigt, dass der Job mühsam ist. Sie gaben an, dass sie es als sehr anstrengend empfinden, von einem Gig zum nächsten zu hetzen, in der ganzen Welt herumzujetten, in ständig anderen Konstellationen zu spielen.
SR: Wahrscheinlich hat es auch mit dem Frauenbild in der Popmusik zu tun – das ist nicht das emanzipierteste. Außerdem gibt es noch zu wenige Frauen, die das ändern und an der Spitze mitwirken. Frauen bilden auch seltener Bands. Und wenn, dann sind es eher Solistinnen-Bands mit begleitenden Musikern. Das klassische Band-Ding aus vier bis fünf Personen ist ein Männerding. Was sicher auch daran liegt, dass Burschen schon in der Schule Bands gründen.
Frau Unger, Sie porträtieren in Ihrer Doku Oh Yeah, She Performs! die vier österreichischen Musikerinnen Eva Jantschitsch von Gustav, Clara Luzia, Teresa Rotschopf und Vera Kropf von Luise Pop. Was ist Ihre Einschätzung?
Mirjam Unger (MU): Der Proberaum an sich war lange Zeit ein sehr männlich besetztes Gebiet. Insofern hat es sicher auch mit mangelnden Vorbildern zu tun. Welche erfolgreichen weiblichen Vorbilder gibt es da in der österreichischen Popmusikgeschichte vor der Jahrtausendwende? Spontan fallen mir nur wenige ein: Etwa Marianne Mendt, Jazz Gitti und Stefanie Werger. Es tut sich aber wirklich viel in der jüngeren Generation. Junge Frauen bilden Pop-, Hip-Hop- und feministische Elektro-Kollektive.
GM: Geht es nicht auch um Sichtbarkeit? Musikerinnen werden vielleicht weniger wahrgenommen.
MU: Man merkt schon, dass sich am Popfest, auf FM4 oder YouTube viel tut. Ich denke oft an Oh Yeah, She Performs!, der ja schon seit 2012 fertig ist, und frage mich dann: Wie würde ich ihn heute machen? Mit wem würde ich ihn heute besetzen? Es kommen immer neue starke Frauen in der Musik dazu.
Ganz hoffnungslos ist es also nicht?
MU: Es tut sich extrem viel, gleichzeitig stagniert die Genderdiskussion. Sie stößt auf unglaubliche Aggression. Wie da die Wogen hochgehen, ist unglaublich.
GM: Das Thema ist sehr negativ besetzt. Das fängt schon bei den Studierenden an. Es überrascht mich immer wieder, dass sich junge Frauen so gegen die Quote stellen. Mit dem Argument: Wir sind eh gleich, wir brauchen die Quote nicht.
MU: Ich habe das Gefühl, dass da eine männliche Argumentation übergreift.
Durch Quoten würden Unterschiede nur noch weiter einzementiert, lautet oft ein Argument dagegen.
MU: Seit die Quote beim Fernsehen und bei Kinoproduktionen angewandt wird, werden Frauen in der Filmbranche öfter wegen Jobs angerufen.
GM: Ich würde das auch ganz praktisch sehen. Ich glaube, dass die Quote hilfreich und wichtig ist, um Ausgewogenheit zu schaffen.
SR: Ich finde in dem Zusammenhang auch Monitoring wahnsinnig wichtig, weil es aufzeigt, wo das Frauen-Männer-Verhältnis noch nicht stimmt. Im Kulturbericht werden immer wieder die großen Institutionen, bei denen das Verhältnis nicht herzeigbar ist, einfach ausgelassen.
GM: Bei einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis geht es aber auch um Programmgestaltung: Was wird gespielt, wer wird gespielt? Das sind wichtige Notwendigkeiten. Die müssen auch bei den großen Häusern mitgedacht werden.
MU: Das in der Öffentlichkeit zu diskutieren, führt im Filmbereich erst dazu, dass die Festivalveranstalter darauf achten, dass auch Filme von Frauen gezeigt werden, siehe Cannes vor einigen Jahren. In der Musik ist es genauso: Es gilt, genau darauf zu schauen, wie viele Bands mit Frauen auftreten.
Zu den Kulturförderungen: Die scheinen indes recht gleich verteilt, zeigt der aktuellste Kunst- und Kulturbericht. Frauen und Männer wurden in einem Verhältnis von 49 zu 51 gefördert.
SR: Dazu muss man aber auch sagen, dass im Kulturministerium viele Frauen an den Schlüsselstellen sitzen. Nichtsdestotrotz: Was Fördergelder angeht, scheint Fairness erreicht. Aber in anderen Bereichen müsste man noch mehr tun.
Zum Beispiel wo?
SR: Zum Beispiel im Bereich Mentoring.
Da gibt es seit 2011 ein Programm der Kunstsektion.
SR: Daran sind aber nicht viele Frauen beteiligt. Insgesamt sind es 14 Mentees und 14 Mentorinnen, pro Genre ein Tandem. Neben Mentoring bräuchte es auch noch stärkere Netzwerke. Wichtig wäre, Frauen näherzubringen, wie Netzwerkarbeit überhaupt funktioniert. Da gibt es große Unsicherheiten.
Müssten Frauen stärker netzwerken? Untereinander? Mit Männern?
SR: Beides ist sinnvoll. Dass Frauen untereinander netzwerken, sich gegenseitig bestärken und Erfahrungen austauschen. Aber natürlich ist es auch nicht verkehrt, wenn sie versuchen, in Männernetzwerke hineinzukommen. Schließlich bräuchte es zur Förderung junger Frauen auch mehr weibliche Vorbilder unter den Unterrichtenden. Vor allem in jenen Fächern, wo sie zurzeit noch fast völlig fehlen: Komposition und Dirigieren.
GM: Beim Kompositions- und Dirigierstudium versuchen wir verstärkt auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu achten. Die Frage, die wir uns weiters stellen müssen, ist: Was passiert danach?
Welche Rolle spielen immer noch Stereotype dabei, dass Frauen nicht in diese Jobs kommen? Ein „hübsches Mädchen am Dirigentenpult“ hätte zur Folge, dass die Musiker „über andere Dinge“ nachdächten, sagte etwa der bekannte Dirigent Vasily Petrenko gegenüber der norwegischen Zeitung Aftenposten.
GM: Frauen sind in ihrer Rolle ohnehin sehr männlich. Sie stehen in Hose und Sakko da, damit sie ja nicht als Frau wahrgenommen werden. Nur nichts „Geschlechtsfremdes“ aufblitzen lassen, es könnte tatsächlich beunruhigen. Elias Canetti beschrieb in seinem Opus magnum Masse und Macht (1960) den Dirigenten als eine Verkörperung von patriarchaler Macht und Herrschaft. Hat sich dieses Bild seither verändert? Wen wollen wir in dieser Führungsposition sehen, welche Bilder haben wir im Kopf?
SR: Die Bemerkung illustriert sehr gut, dass in manchen Bereichen auch in Bezug auf Stereotype noch einiges zu tun ist.
Nun hat ja Kunst in jeglicher Ausformung auch das Potenzial, gesellschaftliche Zustände anzuprangern, aufzubrechen – passiert hier in Österreich genug?
MU: Ich habe schon den Eindruck, in einem sehr modernen, sehr fortschrittlichen Land leben zu dürfen. Auch was Kunst betrifft und es agieren hier viele spannende Menschen. Da ist Österreich sehr weit vorne, sehr visionär. Filmisch versuchen RegisseurInnen starke Frauenrollen auf die Leinwand zu bringen.
SR: Es könnte schon mehr sein. Ich könnte nicht sagen, dass mir aufgefallen wäre, dass es im Musikbereich eine breite künstlerische Auseinandersetzung mit diesen Themen gibt. Aber das ist nun mal auch nicht so einfach, ohne in Wehklagen zu verfallen.
Frau Unger?
MU: In der Musik finden, so viel ich mitkriege, Experimente weniger im Establishment statt, eher in der alternativen Popularkultur oder im Underground. Musikvideos werden da teilweise in den eigenen vier Wänden gefilmt. Die Mädchen drehen die Rollen komplett um, bemalen ihre Körper mit feministischen Parolen, tanzen offensiv. Gerade der Hip-Hop ist eine Kunstform, wo man ganz viel verhandeln kann. Aber das könnte noch viel mehr genützt werden.
GM: Ich glaube, dass wir noch wirklich gute Möglichkeiten haben, Rollen aufzubrechen, sie zu verlassen und neu und anders zu denken. Zum Beispiel auch was Outfits betrifft. Wir haben an der Universität gerade ein Genderprojekt am Laufen, in dem es darum geht, wie Musikerinnen und Musiker auf der Bühne auftreten. Da dominieren die alten Rollen: Frauen tragen Abendkleid, Stöckelschuhe, Gold im Haar. Wir haben auch immer wieder Projekte, die diese Rollen auflösen. Es ist unglaublich – wenn man das Outfit und das Setting verändert, verändert sich auch die Denkweise.
Weil wir uns an Dinge gewöhnen, sie mit der Zeit für uns normal werden?
GM: Genau. Ich sehe es als gesellschaftspolitischen Auftrag einer Kunstuni Dinge auszuprobieren und zu zeigen: Da gibt es ein Dazwischen, da gibt es noch viel mehr – das zu fördern, ist uns ein großes Anliegen. Die Studierenden sollen mit Geschlechterrollen experimentieren können.
Nun spielt sich das alles in sehr speziellen, elitären Kreisen ab. An der Uni, in der Subkultur. Wodurch kann man diese Art der künstlerischen Auseinandersetzung an die breite Bevölkerung bringen? Feministische Street-Art schafft das ja bereits sehr gut. Wie kann das auch in anderen Bereichen gelingen?
MU: Das stärkste Bild für die Weltöffentlichkeit wäre, wenn das Neujahrskonzert von einem Orchester gespielt werden würde, das fifty-fifty mit Frauen und Männern besetzt ist.
SR: Und dabei ein Werk von einer zeitgenössischen Komponistin aufgeführt und von einer Frau dirigiert wird.
MU: Ja. Das wären Zeichen, mit denen man etwas in Bewegung setzen könnte. „Feminismus“ ist hingegen ein heikler Begriff, wenn er außerhalb eines geschützten Rahmens von Gleichgesinnten verwendet wird, was traurig ist. Für mich ist das Wort mittlerweile fast kontraproduktiv, weil es oft Aggressionen auslöst. Viele sehen es als kämpferischen Begriff.
MU: Die Frage ist nur, ob Kampf in einer Welt des Krieges das richtige Mittel ist. Ob es nicht viel mehr um ein Miteinander geht, darum, in Kommunikation zu treten. Frauen und Männer müssten zusammenkommen.
SR: Es geht ja eigentlich um das Etablieren von Selbstverständlichkeiten. Und ich weiß nicht, ob das immer ein Kampf sein muss.
GM: Die Frage ist doch immer das Ziel: Wo will man hin? Mit Kampf oder Pflicht erreicht man es nicht, davon bin ich zutiefst überzeugt. Damit produziert man Widerstand, der so groß wird, dass man das Ziel nicht erreicht. Dazu, dass Frauen Führungspositionen erreichen können oder am Dirigentenpult stehen dürfen, braucht man vielmehr ein Commitment innerhalb des Systems. Aber natürlich reden wir dabei auch immer von Macht und Machtverlust – und da sind wir wieder beim Kampf. Wenn Frauen in diesen Positionen angekommen sind, werden Männer, die vorher da waren, verdrängt. Es wird also schon immer in gewisser Weise etwas mit Auseinandersetzung – starker Auseinandersetzung – zu tun haben.
MU: Wobei man sagen muss, dass sich auch viele Frauen ganz wohl in diesen alten Rollen fühlen.
Kann man diese Frauen ins Boot holen, muss man sie überhaupt ins Boot holen?
MU: Das ist sicher keine leichte Angelegenheit, aber vielleicht funktioniert es, wenn die Energie so stark ist, dass die Bewegung lustvoll erscheint.
SR: Es ist aber auch nicht grundsätzlich falsch, sich in der Rolle der Hausfrau und Mutter wohlzufühlen. Das kann ebenfalls erfüllend sein. Frauen sollten nicht dafür kritisiert werden, wenn sie das unbedingt wollen.
GM: In einer komplizierten Welt hat es sicher etwas für sich, sich auf den kleinen häuslichen Raum zurückzuziehen. Aber wenn sich das Paar trennt und die Frau nie erwerbstätig war, holt viele Frauen eben oft die Realität ein. Die Armutsfalle ist groß.
SR: Da sind wir auch bei einem Bildungsproblem: Mädchen wird nicht wirklich bewusstgemacht, was da auf sie zukommt und wofür sie sich entscheiden. In der Schule wird zu wenig über spätere Rollenbilder gesprochen, da gibt es keine Gender Studies, nicht einmal ansatzweise eine Auseinandersetzung mit dem Thema.
GM: Man begibt sich als Hausfrau in eine unglaubliche wirtschaftliche Abhängigkeit. Und ich finde, das muss man auch sagen dürfen. Es ist zwar die Entscheidung jeder einzelnen Frau – aber es muss ihr einfach klar sein, was passieren könnte. Interessant ist, dass Männer in den seltensten Fällen in Erwägung ziehen, daheim bei den Kindern zu bleiben. Diese wirtschaftliche Unabhängigkeit ist eine wichtige Errungenschaft für Frauen, darauf müssen wir Acht geben.
MU: Für mich war meine Ausbildung, mein Studium immer mein Platz der Freiheit und der Selbstentfaltung. Und ich habe in den Jahren meiner Karenz bemerkt, wie schwer es für mich war, diesen Raum nicht zu haben. Ich habe immer die Spiegelreflexkamera im Kinderwagen mitgeführt und Street Photography gemacht. Ich liebe meine Kinder natürlich, aber die Arbeit ist eine Konstante, an der ich mich aufrichte. Sie ist ein wichtiger Aspekt in meinem Frauenleben.
GM: Es schließen sich Beruf und Familie ja auch nicht aus. Kinder haben unglaublich viel von einer Mutter, die selbstbewusst und selbstbestimmt ihr Leben gestaltet. Meine Kinder erkennen das an.
Nichtsdestotrotz braucht es gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten.
GM: Auf jeden Fall, das alles unter einen Hut zu bringen, ist eine Managementaufgabe.
SR: Ich bin da in einer privilegierten Situation, weil mein Mann ein Hausmann ist.
GM: Ein Role Model! Dass Männer das Familienleben mittragen, ist wirklich wichtig. Wäre es nicht gut, wenn diese Männer auch mehr die Stimme erheben und sagen: Es ist gut, dass wir eine gleichberechtigte Beziehung führen und ich verliere dadurch nichts? Ich höre die anderen medial immer so laut.
MU: Es gab die Kampagne „Ich bin Feminist“, an der zum Beispiel der kanadische Premier Justin Trudeau teilgenommen hat, aber auch einige österreichische Politiker und bekannte Persönlichkeiten. Es gibt also Feministen.
Über Role Models für junge Frauen haben wir bereits gesprochen. Wo muss angesetzt werden?
MU: Wichtig ist die Geschichtsschreibung: Von Frauen zu erzählen, die Werke geschaffen haben, die die Gesellschaft positiv verändert haben, Frieden gestiftet haben, die bedeutsam waren, die teilweise Männern zugearbeitet haben – und deren Geschichten in Vergessenheit geraten sind.
GM: Sichtbarmachen ist sicherlich ein entscheidender Aspekt. Frauen haben die Geschichte mitgestaltet. Immer. Am 8. März stellen wir an unserer Universität wichtige Frauen, die an der mdw gewirkt haben, vor – wir widmen ihnen einen neuen Veranstaltungsraum. Jedes Jahr wird hier eine dieser Frauen die Namensgeberin dieses Raumes sein.
MU: Mein Sohn ist 14, ihn beschäftigt dieses Thema total. Heute hat er mir die Top Ten der einflussreichsten Filmregisseure der Welt gezeigt. Und es war eine Liste von zehn Männern. Dem eine Liste mit den zehn wichtigsten aktuellen Regisseurinnen entgegenzusetzen, das würde etwas bewirken. Es ist total wichtig, dass Schülerinnen und Studierende Vorbilder haben, Namen, Werke, die sie googeln können. Entscheidend ist, nicht nur zu sagen: „Da fehlt eine Frau“, sondern auch zu zeigen, welche Frauen es eigentlich gab und gibt.
Wobei einflussreiche Frauen dennoch mit der Lupe zu suchen sind. Der Oscar für die beste Regie etwa ging 2010 nach 81 Jahren erstmals an eine Frau.
MU: Richtig. Das war Kathryn Bigelow, die Ex-Frau von James Cameron, dem Regisseur von Titanic und Avatar. Sie hat als erste Regisseurin den Regie-Oscar bekommen für einen Kriegsfilm, in dem es um den männlich besetzten Krieg geht. Ich kenne keine andere Frau, die je so einen Film gemacht hat. Überall findet man dieses Sichbefreien, und sich dann schließlich selbst auch Dinge zutrauen. Das ist toll.
GM: Das Zutrauen ist ein essentieller Punkt.
Trauen sich Frauen zu wenig zu?
GM: Wichtig ist, dass sie es vorgelebt bekommen, sehen, dass es möglich ist. Ich bin Alleinerzieherin mit zwei Söhnen, bin mittlerweile Vizerektorin an einer Universität. Kolleginnen haben das auch geschafft. Wir wurden wahrgenommen. Es muss uns als Gesellschaft gelingen, Frauen als das wahrzunehmen, was sie sind, und mit dem, was sie können. Das gelingt nur, indem wir sie sichtbar machen. Mit Regie verbindet man, wie Frau Unger gesagt hat, sofort zehn Top-Regisseure. Wenn es uns gelingt, dieses Bild zu ändern, schaffen wir eine neue Wirklichkeit, und dann wird vieles leichter.