Tasos Zembylas und Martin Niederauer, Praktiken des Komponierens. Soziologische, wissenstheoretische und musikwissenschaftliche Perspektiven.
Wiesbaden: Springer VS (Research), 2016. 192 S.
Das Buch Praktiken des Komponierens ist das Ergebnis eines Projektes von MusiksoziologInnen, PhilosophInnen und MusikwissenschaftlerInnen, das an der mdw durchgeführt und von dieser Institution sowie vom Jubiläumsfond der Stadt Wien und dem FWF finanziert wurde. Das Thema ist aus soziologischen, wissenstheoretischen und musikwissenschaftlichen Perspektiven untersucht worden. Angesichts der Tatsache, dass etwa ein Drittel des Buches auf den musikwissenschaftlichen Untersuchungen von Andreas Holzer basiert, ist es allerdings nicht recht verständlich, weshalb sein Name unter denen der Autoren fehlt und selbst im Inhaltsverzeichnis nicht angegeben ist.
Die Studie beinhaltet eine breit kontextualisierte Analyse des Kompositionsprozesses von den ersten Ideen bis zur Aufführung der ausgewählten Kompositionen im Bereich der zeitgenössischen Musik basierend u. a. auf Gesprächen mit 23 in Österreich lebenden KomponistInnen. Werke für traditionelle Instrumente und/oder Elektronik von Marko Ciciliani, Karlheinz Essl, Clemens Gadenstätter, Katharina Klement und Joanna Wozny sind als Fallstudien herangezogen, einschließlich ihrer Skizzen, Notate, Notizen, Zeichnungen, elektronischen Audiodateien bzw. Kompositionstagebücher.
Die Autoren untersuchten den komplexen Prozess des Komponierens als eine Reihe offener und dynamischer Vorgänge (Vorstellen, Hören, Fühlen, Entwerfen, Ausprobieren, Nachdenken, Notieren, Korrigieren usw.) unter drei theoretischen Hauptperspektiven: Kontigenz, Teleoaffektivität und Wirkung. Demzufolge besteht die Topografie (Topografie von Kompositionsprozessen) aus vier vernetzten Clustern: Rahmenbedingungen und Ressourcen, Materielle Gegenstände, Immaterielle Gegenstände, sowie Peers und Non-Peers.
Das zweite Kapitel (Die Prozesshaftigkeit des Komponierens) ist der Verbindung von körperlichen und kognitiven Aktivitäten wie das Erkunden, das Verstehen, das Werten und das Tun gewidmet. Die beiden Wissensformen, die allgemeine, die wissenschaftliches, formal-technisches und lokales Wissen umfasst, und die künstlerisch-praktische, die Körper-, Arbeitsprozess- und situatives Wissen beinhaltet, stehen im Fokus des dritten Kapitels (Die Orchestrierung verschiedener Wissensformen).
Das vierte und letzte Kapitel beleuchtet die musikwissenschaftlichen Perspektiven des Kompositionsprozesses zuerst historisch und danach bezogen auf die Konstituenten kompositorischer Praxis und deren Wechselbeziehungen (Ciciliani, Essl, Wozny).
Die genannten Themen wurden systematisch-deduktiv präsentiert – von allgemeinen theoretischen Konzepten zu den konkreten Aspekten des Schaffensprozesses – und im andauernden Dialog mit der relevanten soziologischen, philosophischen, psychologischen und musikwissenschaftlichen Literatur tief greifend analysiert.
Hinweis:
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