In Österreich kennt man seinen Namen spätestens seit er von 2009 bis 2015 Chefdirigent des Tonkünstler-Orchesters war. Andrés Orozco- Estrada hat danach seine Karriere zielstrebig weiterverfolgt. Seit der Spielzeit 2014/15 ist er Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters Frankfurt und Music Director beim Houston Symphony. Außerdem ernannte ihn das London Philharmonic Orchestra im September 2015 zum Ersten Gastdirigenten.

Andres Orozco-Estrada
©Werner Kmetitsch

Andrés Orozco-Estrada dirigiert viele der führenden Orchester weltweit, darunter die Wiener Philharmoniker, die Berliner Philharmoniker, das Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, das Orchestre National de France, die Staatskapelle Dresden, das Gewandhausorchester Leipzig, die Wiener Symphoniker und das Mahler Chamber Orchestra ebenso wie die US amerikanischen Orchester in Philadelphia, Pittsburgh, Cleveland und Chicago. Im Sommer 2014 war er erstmals beim Glyndebourne Festival mit Don Giovanni zu Gast und nach seinem begeisternden Debüt bei den Salzburger Festspielen kehrte er im Sommer 2016 mit Nicolais Oper Il templario dorthin zurück.

In der aktuellen Spielzeit 2017/18 wird Andrés Orozco-Estrada erstmals mit zwei Konzerten bei den Osterfestspielen Salzburg am Pult der Staatskapelle Dresden stehen und gibt sein Debüt beim Tonhalle-Orchester Zürich. Danach wird er erneut beim Gewandhausorchester Leipzig sowie bei den Wiener Philharmonikern zu erleben sein, die er auch auf der Tournee nach Paris und Budapest begleiten wird. Mit seinem hr-Sinfonieorchester Frankfurt wird er zudem zwei Wochen in Asien auf Tournee sein. Im Dezember 2017 kehrt er als Dirigent des Tonkünstler-Orchesters in den Musikverein Wien zurück, wo er drei Aufführungen von Gustav Mahlers 8. Symphonie leiten wird.

Seine musikalische Ausbildung begann Andrés Orozco-Estrada zunächst mit dem Violinspiel. Als 15-Jähriger erhielt er seinen ersten Dirigierunterricht. 1997 ging er schließlich nach Wien, wo er an der damaligen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in die Dirigierklasse von Uroš Lajovic, einem Schüler des legendären Hans Swarowsky, aufgenommen wurde. Orozco-Estrada schloss sein Studium an der mdw 2003 ab.

Bereits 2014 realisierte der in Wien lebende Dirigent mit dem Webern Symphonie Orchester dessen jährlich wiederkehrendes großes Konzert im Großen Musikvereinssaal und blieb damit der Universität auch nach seinem Studienabschluss innig verbunden. Anlässlich seines 40. Geburtstags richtet die mdw gemeinsam mit dem Tonkünstler-Orchester am 18. Dezember eine Feierstunde aus und gratuliert einem ihrer erfolgreichsten Absolventen. Ein kurzes Interview mit dem Maestro verdeutlicht die gegenseitige Verbundenheit.

 

Sie haben an der mdw bei Uroš Lajovic Dirigieren studiert. Welche sind für Sie die prägendsten Inhalte, die Sie für Ihre Karriere mitgenommen haben?

Andrés Orozco-Estrada (AO): Das gesamte Studium an sich war sehr prägend, vor allem die Vielfältigkeit der Fächer. Bei Professor Lajovic habe ich sehr viel Wichtiges gelernt, darunter eine klare Strukturierung und Analyse der Partitur, eine effiziente Probentechnik und die Fähigkeit, sich dann mit den erlernten Werkzeugen auf die Suche nach einer eigenen Interpretation zu machen und eine eigene Persönlichkeit als Interpret zu entwickeln. Genauso wichtig wie die Dirigierkurse bei Uroš Lajovic waren jedoch auch das Operndirigieren, die Erfahrungen in der Opernabteilung, der Kompositionsunterricht, die Opernkunde usw.

An welche Erlebnisse Ihrer Studienzeit in Wien erinnern Sie sich am liebsten?

AO: An das Lernendürfen. Das tägliche Spazieren an der mdw, in einem Haus mit zahlreichen Geschichten und Erinnerungen an großartige MusikerInnen, die dort studiert und den Ruf dieses Hauses aufgebaut haben. Die Freude, diese inspirierende Atmosphäre einzuatmen und die gleichen Schritte gehen zu dürfen wie so wichtige Persönlichkeiten wie Zubin Mehta und Claudio Abbado vor mir. Und natürlich auch an die Stadt selbst und das große Glück, in Wien klassische Musik zu erleben, in Proben gehen zu dürfen und bedeutende Orchester wie die Wiener Philharmoniker, die Wiener Symphoniker, das RSO Wien und das Tonkünstler-Orchester zu hören.

Sie haben im März 2014 mit Studierenden der mdw gearbeitet und das Webern Symphonie Orchester mit Gustav Mahlers 2. Symphonie im Großen Musikvereinssaal geleitet. Was möchten Sie jungen Studierenden vor allem vermitteln?

AO: Ich kann nur aus meiner Erfahrung sprechen: Das Wichtigste ist, eine Balance zu finden zwischen den technischen Aspekten des Musizierens, dem Wissen und den Emotionen beziehungsweise der Musikalität, der Individualität und einer eigenen Interpretation. Die richtige Mischung aus diesen Faktoren ergibt ein besonderes musikalisches Erlebnis. Diese wichtige Lektion durfte ich lernen und nun versuche ich sie als Dirigent weiterzugeben. Wenn ich vor einem jungen Orchester stehe, versuche ich genau das zu vermitteln und hoffe, dass junge MusikerInnen so auch ihren Weg finden.

Mitte Dezember 2017 sind Sie mit Mahlers 8. Symphonie und dem Tonkünstler-Orchester im Großen Musikvereinssaal, im September leiteten Sie seine 4. Symphonie in Houston, im April 2018 dirigieren Sie die 5. Symphonie in der Schweiz und in Vorarlberg. Kann man von einer zufälligen Häufung sprechen oder steckt mehr dahinter?

AO: Ich glaube nicht an Zufälle. Das meiste im Leben ist vielmehr eine Konsequenz aus dem, was man sich vornimmt, den Visionen, die man für sein Leben hat, und woran man arbeitet. Wichtig sind der große Kontext und die MusikerInnen. Man könnte sagen, dass diese Anhäufung ein „geplanter Zufall“ ist, denn es sind Werke, die ich sehr schätze und sehr gern dirigiere. Nur die 8. Symphonie ist für mich eine Premiere. Über Mahler könnten wir das gesamte Magazin füllen, kurz gesagt ist Mahler einer der spannendsten, wichtigsten und anspruchsvollsten Komponisten. Er gehört einfach dazu. Ihn und seine Musik zu entdecken, seine Bedeutung für Wien und die Verbindung zur Stadt und ihren Orchestern kennen zu lernen, gehört zu den unglaublichsten und wertvollsten Erlebnissen, die ich in Wien machen durfte.

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