Als ich ein Kind war, hatte meine Mutter für meine Geschwister und mich keinen Babysitter. Aber sie hatte einen alten Plattenspieler. Den baute sie am Nachmittag im Kinderzimmer auf, legte eine Auswahl an Platten daneben, um so wenigstens für ein paar Stunden in Ruhe nebenan arbeiten zu können. Der Terminus „Home Office“ war noch nicht erfunden, aber die Schwierigkeiten, die sich dadurch für berufstätige Mütter ergaben, waren schon damals dieselben wie heute.
Unsere Lieblingsplatte war lange Zeit Die wundersame Reise der Familie Bach. Eine liebevoll gemachte und kindgerechte Einführung in die Musik der Bachs, erzählt anhand der Abenteuer, die von der Familie während ihrer Aufenthalte an diversen Fürstenhöfen und ihrer vielen Reisen ins Ausland bestanden werden mussten. Im Mittelpunkt standen dabei die Kinder der Familie Bach, Johann Sebastian und seine Geschwister. Man lernte den späteren Großmeister als jungen Bub kennen, der nicht selten lieber den Garten gegen das Übungszimmer getauscht hätte, der sich manchmal sehr beim Komponieren quälte und mit seinen Geschwistern um die Wette musizierte, wobei dem Besten von ihnen eine Belohnung winkte.
Am faszinierendsten fanden wir die Stellen in der Geschichte, in der die Bachs um die Gunst und das Wohlwollen von Fürsten buhlten, um sie als Mäzene zu gewinnen. Die Vorstellung, dass jemand einem ein schönes Zimmer und gutes Essen zur Verfügung stellt im Gegenzug dafür, dass man seiner Kunst frönt, hat uns sehr gefallen. So ein Leben hätten wir uns auch gewünscht. Heute ist der Geist des Mäzenatentums am Verschwinden. Private Stipendien für Kunstschaffende sind eher die Ausnahme als die Regel. Sicher, es gibt noch Unternehmen, die sich bei Musikveranstaltungen als Sponsoren engagieren. Aber die Vorstellung, dass eine Kunst liebende Familie Kunstschaffenden Kost und Logis anbieten, damit diese ihre Musikstücke komponieren, ihre Bücher schreiben, ihre Rollen einstudieren können, ist illusorisch. Schade eigentlich.