Die Metternichgasse 12 haben wir früher Filmakademie genannt. Dort gab es ein Souterrain, das wir Keller genannt haben und in diesem Keller ein designiertes Büro der Studierendenvertretung, zu dem wir ÖH-Raum gesagt haben.
Mit „wir“ sind diejenigen gemeint, die den Filmakademie-Jargon beherrschen. Die wissen, dass mit „drüben“, früher der Campus der mdw gemeint war, und wieso der Aufenthaltsraum zeitweise in Garderobe umbenannt wurde.
Wir sind die, die in der Metternichgasse ein und aus gegangen sind. Wir haben dort studiert, organisiert, gelehrt, geforscht, Texte geschrieben und wieder zerrissen. Manche haben telefoniert, kalkuliert, debattiert, exportiert, aufgesperrt und wieder zugesperrt. Andere haben gestritten, beraten, geschlafen, recherchiert, geweint, gefeiert, ja sogar dort geduscht. Und vor einigen Wochen sind wir umgezogen.
Das Institutsgebäude der Filmakademie befindet sich nicht mehr in der Metternichgasse, sondern im Future Art Lab. Für das neue Gebäude verwenden wir, zur Abwechslung mal, noch den korrekten Namen.
Bisher kann ich nicht viel und wenn, nur Oberflächliches über das Future Art Lab sagen. Es gibt erfreuliche Neuerungen, wie das Kino, eine Terrasse und individuell regulierbare Klimaanlagen in den Schnitträumen, aber noch kann ich nur vermuten, wie es sich darin studiert.
Ich warte gespannt auf meine erste Vorlesung. Die findet laut Stundenplan im Future-Art-Lab-VZG-34-Seminarraum 3 statt.
Solange sich für diesen Raum noch kein umgangssprachlicher Name gefunden hat, werde ich vermutlich zu spät kommen, aber zum Glück dauert es in der Regel nicht lange, bis sich der Filmakademie-Jargon um ein Wort erweitert. Wir haben eine stark ausgeprägte Begabung im Umtaufen von Räumlichkeiten.
Mit ein Grund für diese Begabung ist, dass das ehemalige Institutsgebäude der Filmakademie in der Metternichgasse 12 immer wieder an neue Bedürfnisse angepasst wurde.
Temporäre Anpassungen – wenn wir beispielsweise zu besonderen Anlässen das Spiegelzimmer kurzerhand in eine Bar verwandelt haben – führten nur zu umgangssprachlichen Taufen.
Langfristige Anpassungen, als zum Beispiel aus einem Filmstudio ein Vorlesungsraum, aus einem Aufenthaltsraum eine Bibliothek und nicht zuletzt irgendwann aus einer Portierslounge der ÖH-Raum wurde, haben zu neuen Türschildern geführt.
Manche Anpassungen haben auch ohne Umbenennungen stattgefunden. Nachdem die analogen Schneidetische abtransportiert und durch Computer ersetzt wurden, wurde einfach weitergeschnitten.
Auch uns als Studierendenvertretung war es wichtig, dass sich der ÖH-Raum nicht nur an unsere Bedürfnisse, sondern auch an die der Studierenden anpassen lässt. Die Tür stand meist offen und der ÖH-Raum wurde für alles Mögliche verwendet.
Wenn dort Filme besprochen wurden, dann war es ein Besprechungsraum, wenn sich jemand von der Arbeit am Schneidetisch erholen wollte, dann war es ein Aufenthaltsraum, und wenn Studierende für Dreharbeiten Warnwesten kaufen mussten, dann wurden diese, bis sie ein anderes Filmteam gebraucht hat, im ÖH-Raum gelagert.
Einen neuen ÖH-Raum gibt es noch nicht. Während das Institutsgebäude vor einigen Wochen umgezogen ist, sind wir zum größten Teil ausgezogen. Dabei haben uns sowohl unser Institut, das Büro der hmdw, die Mitarbeiter_innen der AGT und auch die Studierenden geholfen. Mittlerweile sind zumindest einmal die Gegenstände irgendwo untergebracht, aber damit ist die Arbeit noch nicht getan. Der ÖH-Raum war nicht nur ein Lager, sondern eben anpassungsfähig.
Ich bin zuversichtlich, dass sich für alles ein neues Plätzchen etablieren wird. Ich weiß nur nicht genau wo. Ob und wie viel sich davon im Future Art Lab etablieren wird, hängt meiner Meinung nach davon ab, wie gut sich die dortigen Räumlichkeiten an neue Bedürfnisse anpassen lassen – denn es kommen ständig welche dazu. Der Anstrich des Future Art Labs ist zwar gerade erst getrocknet, aber ich glaube, dass es seinem Namen nur treu bleiben kann, wenn man es ständig anpassen wird, sonst wird man es in Zukunft vermutlich nur Art Lab nennen – und das wäre schade.