2020 ist das Jahr, in dem der Begriff „white privilege“ zum ersten Mal wirklich in der Gesellschaft angekommen ist. Er beschreibt die Tatsache, dass weiße Menschen gesellschaftliche und ökonomische Vorteile haben, die ihre Wurzeln im Kolonialismus, Imperialismus und transatlantischen Sklavenhandel begründen. Mein Weg als weiße Person wird mir also automatisch leichter gemacht als der von BIPoC (Black, Indigenous and People of Color). Was nicht heißt, dass mir alles geschenkt wird und ich mir nichts erarbeitet habe, es heißt nur, dass ich Möglichkeiten habe, zu denen BIPoC von Vornherein der Zugang verwehrt wird.
„White privilege“ beinhaltet auch, dass man nicht von Rassismus betroffen ist und dementsprechend oft Schwierigkeiten hat, das Ausmaß der Problematik nachzuvollziehen. Wir nehmen unsere Sicht auf die Welt als selbstverständlich wahr und reagieren verständnislos und abwehrend, wenn wir mit unserem Privileg konfrontiert werden. Diese Abwehrreaktion beinhaltet oft Emotionen, Tränen und Täter-Opfer-Umkehr und sie kommt so oft vor, dass sie mittlerweile einen Namen hat: „white fragility“.
Die Reaktion ist nachvollziehbar. Uns wird von klein auf beigebracht, dass Rassismus nur bei einzelnen, bösen Menschen vorkommt, nicht, dass wir in einem rassistischen System aufwachsen, dessen Werte und Strukturen wir alle unbewusst verinnerlicht haben. Sich das bewusst zu machen, ist unangenehm, keine Frage. Es wird allerdings auch keine Weiterentwicklung stattfinden, wenn wir nicht anfangen, aus unserer Komfortzone auszubrechen. Wir müssen anfangen, uns selbst zurückzunehmen, zuzuhören und unsere privilegierte Stellung zu nutzen, um BIPoC „safe spaces“ zu schaffen und sie zu unterstützen. Im Zuge dessen dürfen wir vor allem schwarzen Menschen nicht mehr ihre Erfahrungen absprechen, weil wir selbst eine vollkommen andere Lebensrealität haben – Stichwort: Empathie!
Es ist ein Prozess und wir werden nicht morgen in einer aufgeklärten, gleichberechtigten Gesellschaft aufwachen. Wir werden auf dem Weg Fehler machen. Aber nichts davon zählt als Ausrede dafür, den Status quo beizubehalten. – Weiterentwicklung im Umgang mit Rassismus ist schon längst überfällig. Check your privilege.