Mit Projekten wie Musethica, All Stars Inclusive Band oder Musik am Krankenbett setzt sich die mdw für einen freien Zugang zu Kunst und Kultur ein und erklärt damit soziale Verantwortung zu einer wesentlichen Aufgabe.
© All Stars Inclusive Band

„Wir leben in einer diversen und inklusiven Gesellschaft. Ich erachte es als wichtige Aufgabe einer Kunstuniversität, auch jene Menschen zu erreichen, die es sich nicht leisten können, Karten einer Kulturinstitution zu kaufen, beziehungsweise keinen Zugang zu Kunst und Kultur haben“, erklärt Rektorin Ulrike Sych einen von vielen Gründen für Community-Outreach-Projekte der mdw.

Ein Beispiel für niederschwellige Kulturangebote ist die nachhaltige Zusammenarbeit der mdw mit dem europäischen Projekt Musethica. Dabei treten Musiker_innen vor Publikum auf, dem aus den unterschiedlichsten Gründen eine Teilhabe an klassischer Musik nicht möglich ist. Die Auftritte in Einrichtungen wie Gefängnissen, Brennpunktschulen, Krankenhäusern oder Flüchtlingsheimen ermöglichen den Künstler_innen Erfahrungen, die sich deutlich von denen auf traditionellen Konzertbühnen abheben: einen Umgang mit neuem Publikum sowie die Erkundung ungewohnter Konzertsituationen. „Das Konzept von Musethica zielt darauf ab, die eigene künstlerische Botschaft so klar für sich zu formulieren, dass es keine traditionelle Umgebung und auch nicht die beste Akustik braucht, um zu funktionieren“, beschreibt Johannes Meissl, Vizerektor für Internationales und Kunst sowie Musethica-Projektleiter der mdw, den Gewinn für die Studierenden.

Ich bin überzeugt, dass durch innovative Projekte neue Veranstaltungsformate entstehen, die Einzug in das Kunst- und Kulturgeschehen halten und dadurch die Gesellschaft mitgestalten.

Ulrike Sych, Rektorin der mdw

© All Stars Inclusive Band

Genaue Absprachen und Begehungen klären die organisatorischen Fragen im Vorfeld, ein entsprechendes Coaching bereitet die Musiker_innen auf ihren Auftritt vor. Respekt dem Publikum gegenüber sowie hochwertige Musik auf Augenhöhe stehen dabei im Vordergrund. „Jeder von uns hat gesehen, mit wie viel Herzblut die Gruppe gespielt hat. Uns war bewusst, dass sie die Musik mitfühlen und es ihnen Freude bereitet, für uns zu spielen. Es war ein atemberaubendes Erlebnis“, berichtet ein Teilnehmer des WUK work.space, einer Ausbildungsmaßnahme für Jugendliche und junge Erwachsene am Übergang von Schule zu Beruf, von einem Musethica-Konzert.

Welche besonderen Momente aus den Musethica-Begegnungen entstehen, weiß auch Kathi Hofkofler, Sonderpädagogin in der Leopoldschule (FIDS Leopoldsgasse, Fachbereich für Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik): „Ein besonders schöner Moment für uns war, als sich ein autistischer Bub während eines Stücks vor das Ensemble stellte und zu dirigieren begann. So konnten wir diese musikalische Verbindung nicht nur spüren, sondern auch wirklich sehen. Das war sehr berührend.“

Performative Outreach-Projekte wirken direkt in die Gesellschaft, spielen aber auch eine große Rolle für die Entwicklung der künstlerischen Persönlichkeit von Studierenden. „Das soziale Engagement und der direkte Kontakt zu Menschen trägt bedeutend zur künstlerischen Reife und Entwicklung unserer Studierenden bei. Daher ist es der mdw ein großes Anliegen, diese Projekte proaktiv zu unterstützen, wie beispielsweise durch die künftige Kooperation von ECMA Pro1 mit Musethica“, erklärt Johannes Meissl. Durch die Zusammenarbeit sollen Studierende ihre Rolle in der Gesellschaft aktiv entwickeln, soziale Verantwortung übernehmen und neue Formate erproben. „Durch innovative Projekte der Kunstvermittlung ergeben sich neue Veranstaltungsformate, was sich wiederum positiv auf die Berufschancen unserer Studierenden auswirkt“, ist Rektorin Ulrike Sych überzeugt. „Dadurch finden sie mögliche Nischen, die ihrer persönlichen Begabung und ihren Interessen entsprechen.“

Es geht darum, in die Gesellschaft zu wirken und dadurch wieder etwas über sich selbst zu erfahren.

Johannes Meissl, Vizerektor für Internationales und Kunst

Wie sich der Outreach-Gedanke im musikpädagogischen Kontext widerspiegelt, erfahren Studierende im Rahmen der All Stars Inclusive Band, bei der wöchentlich Menschen mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam mit mdw-Studierenden musizieren. Dabei geht es um eine gleichwertige Begegnung, die ein Voneinanderlernen ermöglicht. „Die All Stars Inclusive Band schafft einen einzigartigen Erfahrungsraum, um in einem geschützten Rahmen ungezwungen Kontakt zu Menschen mit körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen aufzubauen und gleichzeitig pädagogische Erfahrungen in einem inklusiven Setting zu sammeln“, erklärt Marlene Lacherstorfer, Gründerin der All Stars Inclusive Band der mdw.

Im Rahmen der All Stars Inclusive Band werden unter der Leitung von Bernhard Lengauer und Marlene Ecker gemeinsam eigene Texte erfunden, Melodien zu einem Song ausgestaltet oder Lieblingshits arrangiert. © All Stars Inclusive Band

Zahlreiche Projekte mit Outreach-Charakter versammelt die 2014 gegründete Plattform Musik für Geflüchtete/refugees_mdw. Im Rahmen von Zusammenklänge – Musizieren mit Geflüchteten haben Studierende die Möglichkeit, ihr Wissen und Können anzuwenden und zu vertiefen. Gleichzeitig erhalten geflüchtete Jugendliche ein hochwertiges musikalisches Lernangebot. Im musiktherapeutischen Bereich wurde in Kooperation mit dem Integrationshaus das Projekt Musiktherapie für Geflüchtete entwickelt, das seit 2016 als Wahlfach für Musiktherapie-Studierende unter supervisorischer Begleitung durch mdw-Lehrende gewählt werden kann. 2019 wurde diese Initiative mit dem My Kids-Kinderschutzpreis ausgezeichnet.

Die Musik berührte unmittelbar alle Sinne. Ein Mädchen tanzte und sang bei einer Komposition von Ligeti mit. Die Konzerte haben für unsere Kinder neue Sichtweisen und Perspektiven der Musik eröffnet.

Margit Krammer, Dr.-Adolf-Lorenz-Schule für körperbehinderte Kinder, über Musethica

© Musethica

Die Möglichkeit, auch in Zeiten der Pandemie Outreach-Projekte zu verwirklichen, ist dem Einsatz einer hochwertigen Streaming-Technologie an der mdw zu verdanken. Mit einem Streaming-Konzert für Patient_innen der Klinik Floridsdorf im Dezember letzten Jahres brachte die mdw in Kooperation mit dem Wiener Gesundheitsverbund ein weihnachtliches Musikprogramm direkt an die Krankenhausbetten. „Das musikalische Geschenk sollte die Weihnachtszeit für die Patienten und Patientinnen ein wenig erleichtern“, berichtet die Verwaltungsdirektorin der Klinik Floridsdorf, Agnes Frey. Für die Studierenden ergab sich dadurch die Möglichkeit, trotz geschlossener Konzerthäuser aufzutreten und vor Menschen zu spielen. Eine Fortsetzung fand diese nachhaltig geplante Zusammenarbeit durch ein aus dem Joseph Haydn-Saal der mdw gestreamtes Osterkonzert mit Stipendiat_innen des Förderprogramms SYLFF der Tokyo Foundation.

Für die Zukunft möchte das Rektorat der mdw Outreach-Projekte weiter ausbauen und verstärkt nach Partner_innen suchen. „Gerade in einer Pandemie, einer Krisenzeit, steht die Kraft der Kunst im Vordergrund und hat in mehrfacher Hinsicht bewiesen, dass sie Menschen aus ihrem Tief holen und Lebensenergie und Kraft spenden kann“, so Ulrike Sych, Rektorin der mdw.

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