mdw-Absolventin und Musikschuldirektorin Johanna Ensbacher ist als gelernte Instrumentalpädagogin Expertin auf dem Gebiet der Nachwuchsförderung. Welche Bedeutung dabei den Jugendorchestern zukommt und welchen Herausforderungen sich das Musikschulwesen stellt, verrät sie im Gespräch mit dem mdw-Magazin.
Johanna Ensbacher wird früh durch ihr musikalisches Umfeld geprägt. Ihre 19 Jahre ältere Schwester, die Geige lernt, motiviert die gebürtige Burgenländerin ebenfalls zum Geigenunterricht an der örtlichen Musikschule. Rasch wird ihr Talent erkannt und gefördert. „Ich bin immer an die richtigen Leute gekommen, dafür bin ich sehr dankbar. Rückblickend ist es das Wichtigste, dass diese Wege begleitet werden, sei es durch Eltern, die Musikschule, die Universität oder Mentor_innen. Jetzt bin ich in der glücklichen Lage, das für junge Menschen selbst leisten zu können.“
An der Musikschularbeit schätzt die erfahrene Pädagogin die Flexibilität im Lehrplan sowie den Einzelunterricht, der es den Lehrenden ermöglicht, individuell auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Diese profitieren nicht nur durch die Verbesserung der motorischen Fähigkeiten, sondern auch durch das gegenseitige Rücksichtnehmen, etwa im Ensemblespiel, oder das Präsentieren von Inhalten. „Die Kinder lernen im Instrumentalunterricht so viel – etwa Geduld oder auch das Scheitern. Sie lernen, wie sie auf sich selbst achten müssen, um gut üben zu können. Diese Tools erhalten sie maßgeschneidert von ihren Instrumentalpädagog_innen.“ Heute ist Johanna Ensbacher Direktorin der Zentralmusikschule Neusiedl am See sowie der Joseph Joachim Musikschule Kittsee und hat sich der Förderung junger Talente verschrieben. „Musikschule ist für die breite Basis da, aber auch für die absolute Spitze. Aktuell haben wir vier Schüler_innen beim Bundeswettbewerb, die alle eine Silbermedaille erspielt haben. Das ist für eine Musikschule unserer Größe eine besondere Leistung.“
Ich möchte möglichst viele für Musik begeistern. Musikschule soll für alle da sein. Ein Instrument zu lernen soll für jede_n ermöglicht werden – am besten ohne Warteliste!
Die gelernte Elementarmusikpädagogin weiß, wie wichtig es für den musikalischen Nachwuchs ist, die Kinder bereits im Vorschulalter für Musik zu begeistern. „Mit elementaren Musikpädagogik-Kursen muss man sehr in die Breite gehen, dabei ist ein gutes und begeistertes Lehrpersonal besonders wichtig. Anschließend muss man die Kinder gut beraten, welches Instrument das passende ist, sie viel ausprobieren lassen und ihnen die verschiedenen Möglichkeiten aufzeigen.“ Eine der größten Herausforderungen dabei ist die Kommunikation zwischen Eltern, Musikschule und Kind sowie der Stellenwert der Musikschule in der Freizeitgestaltung der Kinder. „Die Kinder haben heute sehr wenig Freizeit. Hier einen Raum für den Musikschulunterricht zu finden, ist nicht immer einfach. Zudem hören viele Kinder wieder auf, wenn ihnen das Üben keinen Spaß mehr macht.“ Die Zugehörigkeit zu einem Orchester oder Ensemble kann dabei unterstützen, das Interesse der Kinder am Instrument zu erhalten. Wichtig sind dabei adäquate Angebote für die entsprechende Altersgruppe. „Ich habe mich früh für das Jugendsinfonieorchester Burgenland eingesetzt und dort die Projektleitung übernommen, denn zu meiner Zeit gab es kein eigenes Jugendorchester. Man musste direkt mit den Erwachsenen mithalten.“ Entsprechende Möglichkeiten und Ziele aufzuzeigen, treibt die erfahrene Pädagogin bis heute an. „Ich kann mich daran erinnern, dass meine eigene Tätigkeit im Ensemble der Musikschule sowie später im Haydnorchester Eisenstadt Motivation war, mehr zu lernen. Denn dort habe ich erfahren, was man können muss, um seine Ziele zu erreichen.“
Als Musikschuldirektorin ist es mir wichtig, einen Rahmen für meine Lehrenden zu schaffen, in dem sie gut arbeiten können.
Neben ihrer pädagogischen Arbeit ist Johanna Ensbacher als Konzertmeisterin im Haydnorchester Eisenstadt und der Kirchenmusik Eisenstadt tätig. Programmatische Gestaltung zählt dabei ebenso zu ihren Aufgabenbereichen, wie die Vernetzung der Orchester untereinander sowie mit dem Jugendsinfonieorchester Burgenland. Welche Bedeutung der eigenen künstlerischen Tätigkeit als Pädagog_in zukommt, weiß die erfahrene Geigerin. „Je höher das eigene Level der Lehrenden am Instrument ist, desto besser können sie die Schüler_innen auf dieses Niveau bringen. Das finde ich ganz wichtig, denn man agiert als Vorbild der Kinder.“ Ein weiteres Anliegen der engagierten Pädagogin ist die regionale Verbundenheit. „Unsere ländliche Gegend braucht gute Leute, die zurückkommen und die musikalische Tradition im Ort pflegen. Wenn alle in Wien bleiben, kümmert sich niemand um die ländliche Struktur und den dortigen Nachwuchs. Das wäre mein Wunsch an alle, die pädagogisch tätig sind.“ Umso mehr freut es die Musikschulleiterin, dass viele ihrer Schüler_innen auch heute noch in ihrem Umfeld mitwirken. Eine Entwicklung, die sie dem persönlichen und langjährigen Kontakt, der in der Musikschule möglich ist, zuschreibt. Für die Zukunft wünscht sie sich mehr Ressourcen und Flexibilität in Personalangelegenheiten, um jedem Kind und Erwachsenen den entsprechenden Musikschulunterricht ermöglichen zu können. „Ich möchte möglichst viele für Musik begeistern. Musikschule soll für alle da sein. Ein Instrument zu lernen soll für jede_n ermöglicht werden – am besten ohne Warteliste!“