2020 ist die mdw-Absolventin erstmals für das Exilarte Zentrum für verfolgte Musik tätig. Das nach wie vor aktuelle Thema der Exilmusik nimmt seither einen wichtigen Stellenwert in der wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeit der gebürtigen Kroatin ein.
© Shirley Suarez

Inspiriert durch ihre künstlerische Familie beginnt Josipa Bainac-Hausknecht schon in jungen Jahren zu musizieren. „Ich habe schon sehr früh angefangen zu singen. Gesang war als Kind meine seelische Heimat.“ In den 1990er-Jahren in Kroatien aufgewachsen, war der Krieg für Josipa Realität. Musik-Momente beschreibt sie als seltene Augenblicke, in denen ihre Familie und sie zusammen glücklich sein konnten. Nach dem Besuch des Musikgymnasiums in Vinkovci entscheidet sich die talentierte Sängerin für das Studium Gesang und Gesangspädagogik an der Musikakademie der Universität in Zagreb. „Viele meiner Studienkolleg_innen haben mir von Wien vorgeschwärmt und davon, wie stark das Musikleben dort ausgeprägt ist.“ Sie absolviert die Aufnahmeprüfung an der mdw und setzte nach ihrem Abschluss in Zagreb das Masterstudium Lied und Oratorium (Gesang) an der mdw fort. Ihr besonderes Interesse gilt der Uraufführung zeitgenössischer Musik, dies zeigt sich auch in der jahrelangen musikalischen Zusammenarbeit mit Künstler_innen wie Johanna Doderer, Gabriele Proy, Michael Berkeley, Nicholas Ansdell-Evans und Akos Banlaky. „Musikschaffende haben die Gabe, den Alltag aus einer anderen Perspektive zu beobachten, sie kreieren zeitgemäße Porträts und gewähren uns Einblicke in das heutige Leben. Man sollte jede Möglichkeit der Zusammenarbeit nutzen.“ Die ausgebildete Gesangspädagogin hat dabei viel über den Umgang mit der eigenen Stimme gelernt, aber auch über neue Ausdrucksformen und Ideen. „Wenn ich mit Komponist_innen gemeinsam ein Werk zur Uraufführung bringe, ist das immer eine einzigartige Erfahrung. Wir überschreiten die Grenzen unserer bekannten Welt hin zu unbekanntem Terrain.“ Das Thema der Grenzüberschreitung spiegelt sich auch in ihrer Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA) wider. Eine Reihe ihrer Konzertprojekte auf Einladung von verschiedenen Kulturforen und Botschaften führte sie bereits nach Riyad, Jakarta, London, Budapest, Sarajevo, Luxemburg und New York. „Diese Plattformen bieten eine Möglichkeit sich mit anderen Künstler_innen auszutauschen, dabei entstehen interessante Diskurse. Und wir lernen das dortige Publikum und seine jeweiligen Bedürfnisse kennen. Das ist sehr spannend.“

Gesang war als Kind meine seelische Heimat. In gemeinsamen Musik-Momenten konnten meine Familie und ich glücklich sein.

Seit März 2023 ist die Sängerin als Projektmanagerin für künstlerische und wissenschaftliche Projekte am Exilarte Zentrum der mdw tätig. Bereits seit dem Jahr 2020 wirkt sie immer wieder als Interpretin an Projekten des Zentrums mit, angefangen mit einer Weihnachts-CD mit Werken von Hans Gál und Wilhelm Grosz. Die Zusammenarbeit entwickelte sich weiter und sie kam mit ersten Nachlässen in Kontakt. „Als Sängerin liegt mein Fokus auf Liedern und anderen Vokalwerken. Mein Anliegen ist es, die Nachlässe zu studieren und die Musik zu interpretieren.“ Bevor die Werke zur Aufführung gelangen, ist es jedoch ein langer Weg. Die Werke werden nach Einlangen katalogisiert und geordnet, schließlich kommen die Noten zu einem Verlag und werden für die Veröffentlichung vorbereitet. Erst danach können die Werke zur Aufführung gebracht werden. „Als Interpretin suche ich nach passenden Förderungen, aber auch nach geeigneten Aufführungsorten. Wir betreuen die Musik von Anfang an.“

Jede_r Musiker_in hat sich durch die Arbeit mit Exilmusik künstlerisch, aber vor allem persönlich bereichert gefühlt. – Das bekommen wir ständig als Feedback.

Das Interesse an Exilmusik wächst laut der engagierten Künstlerin und Wissenschaftlerin stetig. „Wir bekommen wöchentlich neue Anfragen und arbeiten laufend an einer raschen Veröffentlichung der Nachlässe.“ Das wachsende Bewusstsein für dieses Thema schreibt sie auch der Arbeit des Exilarte Zentrums zu. „Es kommen immer mehr Menschen zu unseren Symposien und Konzerten, denn Exilmusik ist und bleibt ein aktuelles Thema. Ich merke, wie diese Musik als Brücke funktioniert – zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“ Durch die Beschäftigung mit der Vergangenheit und den persönlichen Schicksalen der Musiker_innen entwickelt man laut der ausgebildeten Sängerin eine besondere Empathiefähigkeit, die für Künstler_innen eine zentrale Rolle in der Vermittlung von Kunst darstellt. „Empathie ist eine der wichtigsten Komponenten, wenn man sich als Künstler_in an das Publikum wendet. Und mit dieser Empathiekraft versuchen wir im Team von Exilarte diese Musik zu erforschen, zu publizieren und zu interpretieren.“

Veranstaltungstipp:
Konzertreihe Echo des Unerhörten: Schätze aus dem Exilarte Zentrum
12. Dezember 2023, 19 Uhr
Kleiner Ehrbar Saal
Mühlgasse 28, 1040 Wien

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