Das Infrastruktur-Forschungsprojekt Applied/Experimental Sound Research Laboratory (ÆSR Lab)1 (2023–2026) ist eine Kooperation der Universität für angewandte Kunst, der mdw (Artistic Research Center und Institut für Kompositionsstudien, Ton- und Musikproduktion) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Phonogrammarchiv). Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) sowie der Recovery and Resilience Facility (RRF) der EU finanziert.

Es handelt sich um eine Initiative zur Entwicklung eines mobilen und modularen Klangforschungslabors an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft. Es fördert interdisziplinäre Forschung und künstlerische Gestaltung sowie die Entwicklung und Erprobung neuer Technologien. An der mdw wird das Teilprojekt Sound Projection Lab (ÆSR SPL)2 unter der Leitung von Thomas Grill und der Mitarbeit von Jonas Hammerer umgesetzt. Der Fokus liegt auf der Realisierung von mobilen und modularen Technologien für Klangaufnahme und -projektion und daraus resultierenden experimentellen Formen der raumakustischen Gestaltung für musikalische Komposition und Performance. In Bezug auf Klangprojektion werden Technologien für Beamforming, Ambisonics und Wellenfeldsynthese (WFS) implementiert, das System wird aber auch Flexibilität für freie und unorthodoxe Lautsprecheranordnungen und -ansteuerungen bieten. Aus jetziger Sicht werden 16 kompakte Module zu je 16.1 Lautsprecherkanälen angestrebt, die sowohl individuell (für die Verstärkung elektroakustischer Instrumente oder Klangkunstprojekte) als auch im Verbund von bis zu 256 Audio-Kanälen verwendet werden können. Mit dieser Ausstattung sind komplexe, immersive Klangarchitekturen auf dem neuesten Stand der Forschung möglich. Um Material für Kompositionen mit diesen Technologien gewinnen zu können, werden auch die Aufnahmemöglichkeiten ausgebaut, speziell mittels ambisonischer und holophoner Mikrofonierung.

© Thomas Grill

Ziel ist es, die universitäre Lehre, aber auch Studierende individuell mit relevanten, zeitgemäßen, flexibel einsetzbaren Hilfsmitteln auszustatten, um experimentelle Zugänge in Komposition und Klangkunst zu befördern. Abgesehen von technischen Komponenten wird eine offene Plattform für den interuniversitären Austausch im Bereich der Klangkunst und experimentellen Musik etabliert. Das dreijährige Projekt gliedert sich in jeweils ein Jahr an Hardwareentwicklung, Klangprojektionsalgorithmen und künstlerische Anwendungen. Neben der Anschaffung einiger weniger kommerziell erhältlicher Geräte, wie einem Ambisonics-Kugellautsprecher3 und einem Ambisonics-Mikrofon4, wird der Großteil der Ausstattung in Eigenregie entwickelt. Besonderes Augenmerk wird dabei auf einige Prinzipien, die aus Erfahrungen im Lehrgang für elektroakustische und experimentelle Musik (ELAK) entstanden sind, gelegt: Zunächst geht es primär um die nachhaltige Erarbeitung von Know-how, weshalb die Projekte im Rahmen von Forschung und Lehre (sowie spezifischen Wahlfächern) von Grund auf entwickelt werden, wobei Studierende, Lehrende und externe Interessierte – besonders der Partner_inneninstitutionen – eingebunden sind. Dabei werden die Themen Lautsprecherbau, Netzwerk-Audio und Digitalverstärker-Technik sowie verschiedene Klangprojektionsalgorithmen behandelt. Gewonnene Erkenntnisse werden bestmöglich dokumentiert und die Ergebnisse quelloffen (als „Open Hardware und Software“) publiziert, um Reproduzierbarkeit und Engagement einer breiteren Gemeinschaft zu ermöglichen. Dadurch werden hoffentlich auch einige internationale Kooperationen, die bereits anlaufen, entstehen. Ein Online-Repositorium5 umfasst die Dokumentation, die laufend aktualisiert wird, sowie entstandene Baupläne und Softwarepakete.

Obwohl die entwickelten Hardware-Technologien hohe Qualitätsstandards erfüllen, sind sie dennoch relativ kostengünstig mit leicht zugänglichen Mitteln (Maker-Tools wie z. B. 3D-Druck) herstellbar. Anschaffungskosten stellen typischerweise für Lehrende und Studierende eine große Hürde dar, um aufwendige Projekte zu verwirklichen. Dieser Kostenfaktor soll durch die durch das Projekt finanzierten Entwicklungen drastisch und nachhaltig gesenkt werden. Der Großteil der künstlerischen Anwendungen ist erst für das dritte Projektjahr vorgesehen. Dennoch sind bereits in nächster Zeit einige Präsentationen geplant, für die Prototypen in Technologie und künstlerischer Umsetzung entwickelt werden. Fixierte Termine sind etwa die Lange Nacht der Forschung6 am 24. Mai im Future Art Lab der mdw, das Festival Medienfrische7 von 31. Mai bis 8. Juni sowie Kooperationen im Rahmen der Kulturhauptstadt Salzkammergut 20248 in der Woche vom 5. bis 11. August.

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