Seit der Gründung 2021 ist mdwPress als universitätseigener Open-Access-Wissenschaftsverlag bestrebt, die Forschung an der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sichtbarer und offen zugänglich zu machen. Ein Kuratorium aus ausgezeichneten internen wie externen Wissenschaftler_innen sichert die akademische Unabhängigkeit und steht für die Qualitätssicherung ein. Nachdem inzwischen zahlreiche Publikationen diesen oft aufwendigen Prozess durchlaufen haben, wird nachfolgend eine Auswahl aktueller und demnächst erscheinender Bände präsentiert. Diese stehen exemplarisch für die Vielfalt der Forschung an der mdw sowie den besonderen Wunsch, Early-Stage Researcher zu fördern, wie die Publikation von Lena Dražićs Dissertationsschrift beweist. Darüber hinaus erscheinen heuer neben Music & Minorities (M&M) auch zwei neue Zeitschriften bei mdwPress: das International Journal of Music Mediation (IJMM) sowie Beiträge empirischer Musikpädagogik (b:em).
Silke Felber: Travelling Gestures – Elfriede Jelineks Theater der (Tragödien-)Durchquerung
Seit Ein Sportstück (1998) beziehen sich Elfriede Jelineks Theatertexte mit unnachahmlicher Konsequenz auf die griechische Tragödie. Vor dem Hintergrund von Rechtspopulismus, #MeToo und Klimakrise durchkreuzt die Autorin den Blick von Aischylos, Sophokles und Euripides und que(e)rt dadurch Kategorisierungen im Hinblick auf Gender, Klasse und Ethnizität. Silke Felber beschreibt Jelineks „Theater der (Tragödien-)Durchquerung“ erstmals an der Schnittstelle von Theater-, Literatur- und Kulturwissenschaft. In Form einer materialreichen Studie bringt dieses Grundlagenwerk Gesten der Klage und der Wut zum Vorschein, die bis in die Antike und gleichzeitig in eine ungewisse Zukunft weisen.
Augusta Campagne, Markus Grassl (Hg.): Universum rei harmonicae concentum absolvunt. The Harpsichord in the Sixteenth Century
Der Band behandelt diverse Aspekte der Musik für Tasteninstrumente im 16. Jahrhundert. Dazu zählen die ästhetischen Vorstellungen, die mit dem Spiel auf Tasteninstrumenten verbunden waren, die Verbreitung des Cembalos im 16. Jahrhundert, die Claviernotationen und ihre Spezifik, Fragen von Tempo, Rhythmik und Ornamentik sowie der Ikonografie als Quelle zur Rekonstruktion der Spieltechnik. So ergibt sich ein thematisches Spektrum, das Repertoirefragen und Aspekte der Aufführungspraxis ebenso umfasst wie die soziokulturelle Bedeutung von gezupften Tasteninstrumenten im 16. Jahrhundert.
Evelyn Annuß, Ralf von Appen, Sarah Chaker, Silke Felber, Andrea Glauser, Therese Kaufmann, Susanne Lettow (Hg.): Populismus kritisieren. Kunst – Politik – Geschlecht
Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen prägen seit Jahrzehnten die Politik und sind so gesehen nichts Neues. Neu ist, dass sie seit der Jahrtausendwende zunehmend breiten Zuspruch erfahren und gesellschaftlich resonieren. Ausgehend von diesen politischen Verschiebungen widmet sich der Band der Analyse von unterschiedlichen, vor allem rechtspopulistischen Strategien und Politiken, die darauf abzielen, parlamentarische Kontrollinstitutionen auszuhöhlen, Spielformen repräsentativer Demokratie zu sprengen oder zumindest so zu transformieren, dass sie mit autoritären und radikalen nationalistischen sowie rassistischen Formen des Regierens kompatibel werden. Die Frage nach Ästhetisierungsstrategien, die politische Regularien untergraben, spielt dabei eine wichtige Rolle – ebenso wie die Frage nach dem kulturellen Feld und nach Geschlechterdiskursen als spezifischen Aushandlungsterrains.
Lena Dražić: Die Politik des kritischen Komponierens. Diskursive Verflechtungen um Helmut Lachenmann
Neue Musik – so das gängige Narrativ – konfrontiert uns mit ungewohnten Klängen und zwingt uns so, unser Verhältnis zur Welt zu hinterfragen. Neue Musik rüttelt auf und ist somit immer auch politisch – aber stimmt das wirklich? Während insbesondere in der Strömung des „kritischen Komponierens“ Werte wie Demokratie, Niederschwelligkeit oder Herrschaftskritik beschworen werden, hängt der Zugang zum Neue-Musik-Betrieb maßgeblich von Bildungs- und Klassenprivilegien ab. Am Beispiel von Helmut Lachenmann – einem der prominentesten Komponist_innen der Gegenwart – macht Lena Dražić Texte über Neue Musik zur Grundlage einer Diskursanalyse, die deren politischen Versprechungen auf den Grund geht.