Am 29. Oktober 2024 fand am ipop ein Workshop mit der amerikanischen Rock-Giarristin Jennifer Batten statt. In einem ansonsten stark männlich dominierten Bereich stellt Batten wohl eine der bekanntesten und erfolgreichsten Proponentinnen dar, deren Renommee auch über die Gitarrencommunity hinausreicht.

Jennifer Batten & Josef Doblhofer © privat

Internationale Anerkennung erlangte Batten, die ihre Ausbildung unter anderem am kalifornischen GIT (Guitar Institute of Technology – heute Musicians Institute) absolvierte und dort auch als erste Frau unterrichtete, als langjährige Live-Gitarristin von Michael Jackson, in dessen Band sie von 1987 bis 1997 auf den Welttourneen zu den Alben Bad, Dangerous und HIStory die Leadgitarre spielte.

Im Anschluss an ihr Engagement bei Michael Jackson arbeitete sie von 1998 bis 2001 für die zwei Alben Who Else! und You Had It Coming mit dem britischen Gitarristen Jeff Beck zusammen, mit dem sie ebenfalls mehrfach auf Welttournee ging. Neben den beiden Studioalben ist ihre gemeinsame Arbeit unter anderem auch auf der DVD Jeff Beck Live in Tokyo 1999 dokumentiert. Sie nennt Jeff Beck in zahlreichen Gesprächen und Interviews als einen ihrer wichtigsten und frühesten musikalischen Einflüsse, sodass sie sich mit der Kooperation neben der künstlerischen Erfahrung auch einen lang gehegten Herzenswunsch erfüllte.

Neben den Engagements bei Jackson und Beck nahm sie auch die drei Alben Above, Below and Beyond (1992), Jennifer Batten’s Tribal Rage: Momentum (1997), Whatever (2007) unter eigenem Namen auf, sowie mit ihrer Band The Immigrants das Album One Planet Under One Groove (1995).

Darüber hinaus ist sie als Gastmusikerin auf zahlreichen Veröffentlichungen anderer Musiker_innen zu hören, (darunter Carmine Appices Guitar Zeus 1995) und Autorin der Gitarrenlehrbücher The Transcribed Guitar Solos Of Peter Sprague (1991, Woodshed Books) und Two Hand Rock for Guitar – Music, Tablature and Analysis (1995, Hal Leonhard).

Im Januar 2016 wurde sie mit dem She Rocks „Icon“ Award ausgezeichnet und in die Gallery of the Greats des Magazins Guitar Player aufgenommen.

Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Gitarristen und Gitarristinnen, die in erster Linie live mit Band touren, bietet Jennifer Batten auch ein Soloprogramm an, das inhaltlich zwischen Workshop und Multimedia-Show verortet ist. Das knapp zweistündige Programm, das sie am ipop präsentierte, bestand aus durch Visuals unterstützte Performances von Stücken aus ihrem musikalischen Lebenslauf, großteils Kompositionen aus ihren Soloalben sowie einigen Stücken aus ihrer Zeit mit Jeff Beck und einem instrumentalen Cover eines Taylor-Swift-Songs. Auf Stücke aus ihrer Zeit mit Michael Jackson verzichtete sie in diesem Rahmen, so etwa auch auf das Gitarrensolo des Stücks Beat It. Ihre Interpretation des im Studio ursprünglich von Eddie van Halen eingespielten und aus zwei Takes zusammengeschnittenen, technisch sehr anspruchsvollen Parts erregte seinerzeit große Aufmerksamkeit und avancierte zu einem der musikalischen Highlights der Live-Performances mit Jackson.

Zwischen den Stücken adressierte sie verschiedene Themenschwerpunkte, darunter gitarrentechnische Aspekte der zuvor gespielten Stücke wie den Einsatz von Tapping oder die Verwendung des Vibratohebels, aber auch über den rein musikalischen Bereich hinausgehende Fragen wurden besprochen, etwa zu ihrem technischen Equipment oder Tipps im Umgang mit In-Ear-Monitoring-Systemen, die – wiewohl im Live-Betrieb mittlerweile gang und gäbe – bei Gitarrist_innen aufgrund des gewöhnungsbedürftigen Klanges oft auf wenig Gegenliebe stoßen. Ebenso beantwortete sie Fragen aus dem Publikum, die biografische, musikalische und Aspekte der Selbstvermarktung und des Selbstmanagements umfassten. Ganz allgemein war die recht „amerikanische“ Ausrichtung des Workshops anzumerken, in dem Sinne, dass neben dem edukativen auch der performative Aspekt eine große Rolle spielte. Letzterer wurde vor allem auch durch die musikalische Performance begleitenden Visuals betont, sodass sich der Charakter des Workshops durchaus mit den mit Jennifer Batten assoziierten Genres (Pop, Rock, virtuose Instrumentalmusik etc.) deckte.

Über die konkret behandelten und teils natürlich recht instrumentenspezifischen Themen hinaus liegt der Mehrwert von Workshops international tätiger Künstlerinnen und Künstler für Studierende der mdw meines Erachtens vor allem in zwei Aspekten: Zum einen ist es wichtig, mit möglichst vielen unterschiedlichen, gelingenden Wegen im Musikbusiness in Berührung zu kommen. Uns Lehrende eint bei aller Unterschiedlichkeit und stilistischen Vielfalt doch die Tatsache, dass wir unser materielles Auskommen zu einem nicht unwesentlichen Teil mit unserer Lehrtätigkeit decken, was bedeutet, dass Studierende von dieser Seite her ein vergleichsweise enges Spektrum an Lebensentwürfen mitbekommen. Vor diesem Hintergrund mit den Arbeitsweisen und Einstellungen erfolgreicher Freelancer_innen konfrontiert zu werden, ist mit Sicherheit eine große Bereicherung.

Zum anderen bietet ein reiches Angebot an Workshops und Masterclasses unterschiedlichster Ausrichtungen den Studierenden vor allem auch die Möglichkeit, in der Vielfalt der Herangehensweisen an ein Leben mit Musik auch die Gemeinsamkeiten zu erkennen, die viele Vortragende genreübergreifend zu verbinden scheinen. So kommen etwa Themen wie die Bedeutung funktionierender musikalischer Communitys für individuelle künstlerische Entwicklung, das Bewusstsein für die Kraft von Rhythmus und Groove oder die ambivalente Rolle von Musik im Leben professioneller Musiker_innen zwischen höchstem Ideal einerseits und profanem Mittel der Lebensbestreitung andererseits bei Workshops regelmäßig zur Sprache. In ebendieser Kombination aus universell relevanten Fragen und individuellen Antwortversuchen professioneller Musiker_innen liegt das große Potenzial von Workshops und Masteclasses in Ergänzung zum Hauptfachunterricht.

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