Filme von Wes Anderson gelten als Klassiker. Jedes neue Werk wird nicht nur von eingefleischten Fans sehnsüchtig erwartet, sondern auch von Filmenthusiast_innen aufgrund der besonderen Erzählweise und Ästhetik herbeigesehnt. Die Filme bestechen durch ihre einzigartigen Geschichten, eine unverwechselbare Liebe zum Detail, schnelle Dialoge und eine Farbwelt, die auf jeden Film perfekt abgestimmt ist. Groß war daher die Aufregung, als 2022 bekannt wurde, dass Wes Anderson in Zusammenarbeit mit Netflix Roald Dahls The Wonderful Story of Henry Sugar sowie weitere Werke des Autors verfilmen würde.
Die filmgewordene Kurzgeschichte besticht durch aufwendige Special Effects. Besonders deutlich ist dies bereits in den ersten Szenen, wo wie bei einem Theaterstück Kulissen und Szenenbilder sich beinahe in jeder Sekunde fließend verändern. Für Zuschauer_innen ist kein Schnitt erkennbar. Zu verdanken ist das der aufwendigen und detailverliebten Arbeit von Valentin Struklec und Franz Brandstätter, beide Lehrende für Digital Art – Compositing an der Filmakademie Wien, die gemeinsam mit ihrem Team von VAST (Visual Effects for Film, Commercials and Television) für die Spezialeffekte für The Wonderful Story of Henry Sugar (2023) verantwortlich zeichneten. Dem Team gehörten auch die Filmakademie-Wien-Studierenden Andrea Singh, Manuel Plach, Matthias Boca und Robin Leeb an. Gemeinsam wurde in monatelanger Detailarbeit an dem Kurzfilm gearbeitet.
Die Zusammenarbeit mit dem Hollywood-Regisseur entstand beinahe zufällig bei einem Besuch in London. „Es hat sich bei einem Termin ein Gespräch mit einem kreativen Leiter ergeben, der uns erzählt hat, dass noch dringend zusätzliche Hilfe für Asteroid City gesucht wird, da andere Studios mit der Genauigkeit des Films überfordert waren“, erklärt Valentin Struklec, der auch CEO und VFX-Producer bei VAST ist. Das Team erstellte anschließend ein kleines Paket für zehn Szenen und wurde rasch gefragt, ob sie noch mehr Sequenzen des Films übernehmen und bearbeiten wollen. „Andere konnten scheinbar nicht die gewünschte Qualität liefern. Wir haben in unserer Karriere aber zum Glück genug Erfahrungen gesammelt, um auch alte Tricks anwenden zu können“, fasst Struklec zusammen. Aufgrund der guten Zusammenarbeit bei Asteroid City (2023) wurde das VAST-Team auch für die Umsetzung von The Wonderful Story of Henry Sugar engagiert.
Eine Herausforderung bei der Arbeit an dem Kurzfilm war es, die besondere Wes-Anderson-Ästhetik auf dem auf 16-mm-Film gedrehten Material beizubehalten, aber gleichzeitig den Bildinhalt zu verändern. „Ein Wes Anderson arbeitet unglaublich akribisch. Jedes Detail ist genau geplant, daher gab es auch für die VFX-Arbeit sehr genaue Vorgaben. Diese wurden auch auf den Pixel genau kontrolliert, was die Arbeit deutlich erschwert hat. Kreative Freiheit bestand nur darin, wie wir die gewünschten Effekte, in der Perfektion, die dem Anspruch von Anderson gerecht wurden, erreichen konnten“, erklärt Franz Brandstätter den Arbeitsprozess. „Die teilweise drei bis vier Minuten langen Einstellungen in einer durchgehenden Perfektion zu bearbeiten, war wohl das Schwierigste an dem Projekt.“
Während Valentin Struklec als Executive Producer fungierte und die Zusammenarbeit mit Wes Anderson erst ermöglichte, übernahm Franz Brandstätter die kreative Verantwortung als VFX-Supervisor und die weitere laufende Kommunikation mit den Projektverantwortlichen. Die Studierenden, die bereits alle vor dem Projekt bei VAST waren, wurden von den beiden auch in dieses Projekt aktiv miteinbezogen und waren Teil des Compositing-Teams, wo sie selbstständig Shots nach Anweisungen bearbeiteten. Fast alle waren bereits zuvor an der Bearbeitung von Asteroid City beteiligt. „Da die Aufgaben sehr ähnlich waren, wollten wir die Leute bei den Anderson-Projekten behalten“, so Brandstätter. „Franz hat darauf geachtet, dass sie an der Hand geführt wurden, während sie ihre Erfahrungen sammeln konnten. Im Endeffekt war er eine Art Sicherheitsnetz für unsere jungen Artists“, betont Struklec und ergänzt: „Es ist ein tolles Erlebnis nach dem Projekt den Stolz der jungen Künstler_innen zu spüren und das Gefühl zu haben, ihnen Möglichkeiten bieten zu können, die es sonst in Österreich so nicht gibt.“ Beide sind froh, dass die Studierenden diese Erfahrungen sammeln und zeigen konnten, dass sie das nötige Handwerk bereits jetzt gelernt haben, um auch solch großen Projekten gerecht zu werden.
Über die Oscar-Auszeichnung für den Kurzfilm freuen sie sich sehr, wurde doch jede einzelne Einstellung der ersten 25 Minuten des Films vom VAST-Team bearbeitet. Der Erfolg bescherte ihnen auch bereits weitere neue Projektanfragen. Franz Brandstätter bringt den Erfolg dennoch bescheiden auf den Punkt: „Die VFX-Arbeit selbst ist gerade bei Wes-Anderson-Projekten immer eine sehr unsichtbare Angelegenheit, was wiederum eine Auszeichnung ist, denn dann haben wir unsere Arbeit gut gemacht.“