Günther Groissböck zählt zu den international gefragtesten Bässen seiner Generation. Mit dem mdw-Magazin sprach der gebürtige Niederösterreicher über seine Studienzeit an der mdw in Wien, das Grundgeheimnis einer erfolgreichen Karriere und das designierte „Wiener Staatsopern Duo“ Bogdan Roščić und Philippe Jordan.
Die Musik hat Günther Groissböck schon von Kindesbeinen an begleitet, aufgrund einer gewissen Klassikaffinität der Eltern. Er erinnert sich an die gut sortierte Plattensammlung mit den Basics eines gutbürgerlichen Musikhaushaltes – Beethoven-Symphonien, Zauberflöte, Don Giovanni. Mit acht Jahren begann er mit dem Klavierspielen. Es habe damals in Waidhofen an der Ybbs zum guten Ton gehört, ein Musikinstrument zu lernen. Was das Singen betrifft, kann der 41-Jährige aber durchaus als Spätberufener bezeichnet
werden. Erst nach der Matura wurde das Thema interessant. Durch Freunde wurde er ermutigt, doch etwas mit seiner Stimme zu machen. „Ich war davor viel zu gehemmt und hatte viel zu wenig Vertrauen, dass das, was da an Tönen rauskommt, überhaupt einen gewissen Wert hat“, erzählt Groissböck. Sein Schwager habe dann schließlich an der mdw für ihn beim damaligen Professor Franz Lukasovsky einen Termin zum Vorsingen vereinbart, den er ohne eine einzige Gesangsstunde wahrnahm. Lukasovsky habe ihm dann geraten die Aufnahmeprüfung zu machen, denn das klinge sehr vielversprechend und es könne sogar etwas daraus werden. Und er sollte recht behalten!
Nach einem Jahr Vorbereitungslehrgang hatte Groissböck die Qual der Wahl sich seine/n WunschlehrerIn aussuchen zu können. Von seiner Studienzeit an der mdw ist ihm nicht nur das wunderschöne Palais Cumberland in der Penzinger Straße, wo unter anderem das Institut für Gesang und Musiktheater untergebracht ist, in Erinnerung geblieben, sondern vor allem das Gefühl „weg zu sein von der anderen, ‚normalen‘ Welt“. Die Konkurrenzsituation während des Studiums habe ihm nicht unbedingt gefallen – daher sei er bei den Nebenfächern etwas faul gewesen. Die freie Zeit hat er aber sinnvoll genutzt und auf einem Stehplatz in der Wiener Staatsoper verbracht. „Im Nachhinein betrachtet war das bestimmt das beste Nebenfach. Davon profitiere ich noch heute.“
Nach Stationen an der Wiener Staatsoper und am Opernhaus Zürich ist der Bass mittlerweile freischaffend tätig und auf allen großen Operbühnen der Welt zu hören und zu sehen. Sein Terminkalender ist bis 2021/22 voll. Teilweise habe er schon Verträge bis 2024, zum Beispiel für die Bayreuther Festspiele, wo er diesen Sommer als Veit Pogner im Premierenstück Die Meistersinger von Nürnberg, 2018/19 als Gurnemanz in Parsifal und ab 2020 als Wotan im Ring des Nibelungen zu hören sein wird. Abgesehen von Bayreuth wird Groissböck in den nächsten Jahren noch beinahe alle seiner persönlichen Traumrollen singen, unter anderem den König Philip in Don Carlos und den Fiesco in Simon Boccanegra. Schleicht sich bei so viel Engagements eine gewisse Routine und ein Automatismus ein? „Das kann natürlich passieren, speziell beim Repertoire, wenn man beispielsweise hintereinander die gleichen Rollen singt“, so Groissböck. Man müsse dem sofort gegensteuern. Sein Grundgeheimnis diesbezüglich ist das gleiche wie bei der Ernährung: „Der Speiseplan muss bunt und abwechslungsreich gestaltet sein. Außerdem muss man immer hungrig und neugierig bleiben.“ Jungen SängerInnen rät Groissböck sich neben der Musik einen Plan B zu überlegen. Der Markt werde immer härter und begrenzter. Und egal wie gut man sei, es könne nie schaden, eine Alternative zu haben. „Die Stimme ist ein extrem fragiles Instrument.“
In Wien wird der Bass wieder im Juni 2018 als Heinrich der Vogler in Lohengrin an der Wiener Staatsoper zu hören sein. Der neuen Direktion sieht er mit Zuversicht entgegen. „Bogdan Roščić ist hochambitioniert und ich bin ganz begeistert von seinen Plänen. Wenn er nur die Hälfte davon umsetzt, wird das etwas ganz Tolles“, erzählt der Sänger, der die Bestellung von Bogdan Roščić als mutige und gute Entscheidung bezeichnet, zumal in Kombination mit dem designierten Generalmusikdirektor Philippe Jordan. Jordan bezeichnet er als „extrem fähig“ und meint: „Er ist vermutlich sogar derjenige, der mich über die Jahre hinweg am meisten gefördert hat.“ Gemeinsam versuche man nun noch Termine für Wien ab 2020 zu finden – das Wiener Publikum darf sich also freuen!