Best of isaScience 2013–2016. An Interdisciplinary Collection of Essays on Music and Arts. Ursula Hemetek und Cornelia Szabó-Knotik (Hg.), Hollitzer, 2017
isaScience ist eine einzigartige Initiative der mdw. Seit 2013 bringt sie WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen verschiedenster Disziplinen zusammen, um Diskussionen rund um aktuelle Themen im Bereich der Musik und der Kunst zu fördern. Im Laufe der Jahre gewann die Veranstaltung immer mehr an Bedeutung, was nicht zuletzt in einer Reihe besonders spannender Essays resultierte. Ursula Hemetek und Cornelia Szabó-Knotik haben nun einige ausgewählte Beiträge in dem Buch Best of isaScience 2013–2016 zusammengetragen.
Den drei thematisch sortierten Hauptkapiteln sind zwei Keynotes vorangestellt. In der ersten beleuchtet Autorin Julya Rabinowich drei kritische Momente der europäischen Geschichte, indem sie sich selbst und das künstlerische Schaffen als solches als Zeugen der Musik, der Bewegungen, der Bilder und der Worte in jenen Zeiten des Umbruchs begreift. Erst durch das Einräumen der Niederlagen und Fehler, der gewaltsamen Zersplitterung Europas im 19. und 20. Jahrhundert findet sie in der Gegenwart eine gewisse kulturelle Integration. Denn heutzutage können KünstlerInnen aus der ganzen Welt zusammenkommen, um sich zu vernetzten, sich gegenseitig zu unterstützen und sich sowohl auf kreativer wie auch auf intellektueller Ebene tiefgründig auszutauschen. Rabinowichs Beitrag legt auf beeindruckende und persönliche Weise ein gedankliches Fundament, das die kommenden Jahre entscheidend prägen wird.
In der zweiten Keynote hebt Autor und Regisseur Dieter Berner ausgehend von seinen persönlichen Erfahrungen seit den 60er Jahren die Rückkehr zum Mythologischen hervor, um die Wichtigkeit transzendentaler Erlebnisse zu behaupten, die es Theaterschaffenden ermöglichen, eine besondere Sensibilität und Offenheit zu entwickeln, dank welchen sie über ihren eigenen Erfahrungshorizont hinauswachsen können. Dieter Berner betont das Irrationale, die „alte Magie“, die dem Theater innewohnt, und erdenkt neue Wahrnehmungs-, Erfahrungs- und Aufführungsbereiche für KünstlerInnen.
Das erste Kapitel Minorities, Musical Traditions and Power Structures beinhaltet drei Beiträge von Christiane Fennesz-Juhasz, Gerda Lechleitner und Marko Kölbl. Diese widmen sich unterschiedlichen Fragestellungen, wie den politischen Aspekten der (Selbst-)Darstellung, dem kulturellen Gedächtnis und der Rolle von Archiven in Bezug auf Roma und Burgenlandkroaten. Ausgehend von der politischen Geschichte der wechselnden EU-Grenzen und Kroatiens EU-Mitgliedschaft befasst sich dieses Kapitel prägnant mit musikalischen und tänzerischen Traditionen als signifikante Schauplätze zur Verhandlung hegemonialer Kultur und Diskurse.
Das zweite Kapitel mit dem Titel Music as a Tool of Communication beinhaltet zwei Beiträge. Der erste Artikel beginnt mit einer Einführung von Elena Fitzthum und befasst sich mit Ritualen und Musiktherapie, wobei der Fokus auf Kindern (Sandra Lutz Hochreutener), Jugendlichen (Monika Smetana) sowie auf einer weiteren Untersuchung des Rituals des „Tarantismus“ in Süditalien (Adriano Primadei) liegt. Obwohl es dazu reichhaltiges Material gibt, liest sich dieser Beitrag nicht gerade flüssig und die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Fallstudien bleiben vage. Im zweiten Artikel präsentieren Laura Bishop und Werner Goebl eine Untersuchung nonverbaler Signale bei Ensembles durch erfahrene MusikerInnen mit einer komplexen und detaillierten Analyse visueller Signale und strategischer Körperbewegungen zur Bestimmung ihrer Rolle in der Kommunikation, Koordination, Konfliktbewältigung und in der Vertrauensbildung.
Das dritte und letzte Kapitel Music as Cultural Memory and its Rituals zeigt mit Ivan Raykoffs Untersuchung des Eurovision Song Contests als Ritual zur Bildung des Europatriotismus’, Maria Helfgotts Analyse Alter Musik sowie mit den faszinierenden, von Christian Glanz, Anita Mayer-Hirzberger und Cornelia Szabó-Knotik erzählten Geschichten die lebendige Vielfalt kultureller Aktivitäten in Europa auf. Zdravko Blažeković’, Tatjana Marković’ und Leon Stefanijas eloquente Präsentation zur Geschichtsschreibung der im Entstehen begriffenen Identitäten (post-)jugoslawischer Musik ist überaus ergiebig. In diesem Kapitel sticht insbesondere das Gespräch zwischen Ana Hofman und Rosa Reitsamer hervor, in dem Erbe und Gedächtnis in der populären Musik unter besonderer Berücksichtigung von AktivistInnenchören in postjugoslawischen Gesellschaften behandelt werden.
Obwohl der Fokus dieses Buches sich auf Europa beschränkt, ist es trotzdem ein geglückter Beitrag zur interdisziplinären Forschung und zum kritischen Dialog.