Sami-Musik und gesellschaftspolitische Konnotationen: Internationales Symposion, Joik-Workshop und Konzert
Sami (Sápmi) sind eine indigene Bevölkerungsgruppe in Schweden, Norwegen und Finnland sowie Teilen Russlands, angesiedelt am Polarkreis, deren Geschichte von Diskriminierung gezeichnet ist, die aber heute immer mehr die politischen Diskurse und die musikalische Repräsentanz der nordischen Länder mitbestimmen. Indigene Bevölkerungsgruppen werden im politischen Handeln, aber auch in der ethnomusikologischen Forschung in die Minderheitendiskurse eingeordnet. Deshalb besteht thematisch ein enger Bezug zum Schwerpunkt „Musik und Minderheiten“ am Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie.
Indigene Völker gelten oft bis zu einem gewissen Grad als „exotisch“ und insbesondere ihre musikalischen Äußerungen sind vielfältigen Klischeebildungen unterworfen. Das kommt daher, dass Musik in der Vergangenheit, zum Teil bis heute, in indigenen Gemeinschaften rituelle oder kultische Funktionen hat. Das Wort „Musik“ existiert in den meisten indigenen Sprachen überhaupt nicht. Diese kultischen Funktionen sind für alle möglichen esoterischen Instrumentalisierungen sehr attraktiv, indigene Musik wird mit Schamanismus und Naturreligion verbunden und steht generell für „Spiritualität“. Auch der Joik der Sami ist so eine Musikgattung. Er ist eine Vokalgattung, die eng mit dem Lebensraum der Sami und der Natur verbunden ist, auf Improvisation basiert und im Schamanismus eine große Rolle spielte. Das war der Grund, warum der Joik in der Geschichte immer wieder verboten war, was insbesondere von der Kirche ausging. Im Symposion Sami Music – Sonic Politics in the European North wird einerseits diese Geschichte der Verbote thematisiert, andererseits aber auch die Faszination, die vom Joik ausging und ihren Niederschlag in Archivdokumenten findet. Ebenso geht es um zeitgenössische politische Instrumentalisierungen und um Repräsentanz. Joik ist heute in vielen Genres der Kunst- und Popularmusik zu finden, er spielt auch beim Eurovision Song Contest eine Rolle. Entlang der Diskurse über eine indigene Musikgattung werden die Aushandlungen von gesellschaftlichen Machtpositionen im Spannungsverhältnis von Minderheit und Mehrheit gezeigt. Das Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie der mdw konnte sechs internationale ExpertInnen gewinnen, die in Referaten mit anschließenden Diskussionen diese Materie präsentieren werden.
So wichtig die gesellschaftspolitische Einbettung ist, so wesentlich erscheint auch, die Musik selbst ins Zentrum zu rücken. Deshalb finden ein Joik-Workshop und ein Konzert im Rahmen des Symposions statt, gestaltet von Musikern, die selbst dieser Minderheit angehören.
- Detailliertes Programm: www.mdw.ac.at/ive/sami