In den letzten Jahren hat eine Standortbestimmung hinsichtlich der künstlerischen Forschung an der mdw stattgefunden – unter Beteiligung vieler engagierter Kolleg_innen in einem bemerkenswerten, dynamischen, aber durchaus nicht kritiklosen Prozess. Dieser führte letztlich zu einer Reihe vielversprechender Ergebnisse.

Ausgehend von der Feststellung, dass künstlerische Forschung – und in diesem Zusammenhang auch das künstlerische Doktorat – an Kunstuniversitäten in den vergangenen Jahrzehnten international erheblich an Bedeutung gewonnen hat und dass damit verknüpft auch eigene Theoriebildungen, Aktivitätsfelder und Förderprogramme entstanden sind, ging es zunächst darum, eine grundsätzliche Haltung und Positionierung der mdw gegenüber diesen Entwicklungen zu erarbeiten und davon ausgehend eigene Initiativen zu gestalten.

Dass 2017 gleich zwei Projektanträge von mdw-Angehörigen beim Programm zur Entwicklung und Erschließung der Künste (PEEK) des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) – und damit Drittmittel in einer Gesamthöhe von beinahe 800.000 € – bewilligt wurden, trug sicherlich zu einer Stärkung der Dynamik rund um die Artistic Research an der mdw bei. Rotting Sounds geleitet von Thomas Grill sowie Creative (Mis)Understandings von Johannes Kretz und Wei-Ya Lin laufen gerade und konnten hier bereits Vorbildwirkung erzeugen, genau wie die BASE Residency von Arno Böhler und Susanne Granzer in Südindien1.

Das Thema Artistic Research wurde an der mdw auf den unterschiedlichsten Ebenen intensiv reflektiert und evaluiert, durchaus in differenzierter Begrifflichkeit (Artistic Research, Arts-based Research sowie Research-based Art). Eine Arbeitsgruppe des Senats (Recherche künstlerisches Doktorat) wurde eingerichtet. Das Symposium Knowing in Performing2 brachte durch viele internationale Beiträge ein diverses und differenziertes Bild der unterschiedlichen Ausprägungen künstlerischer Forschung und mündete letztlich auch in der gleichnamigen Ringvorlesung, welche auf großes Interesse bei Studierenden wie Lehrenden stieß und nun bereits in die zweite Saison geht3. Eine Publikation (gedruckt und online) auf der Basis des Symposiums ist in Vorbereitung. Nicht zuletzt der Entwicklungsplan 2019–2024 der mdw4 befasst sich in einem eigenen Kapitel fundiert mit Artistic Research und setzt hier einen klaren Rahmen für die weitere Entwicklung.

Parallel dazu fanden sich interessierte Kolleg_innen unterschiedlichster Disziplinen am Institut für Komposition, Elektroakustik und Tonmeister_innen-Ausbildung in einem kleinen Thinktank ein, um dort in überschaubarer und konzentrierter Form das Phänomen Artistic Research konzeptuell genauer zu erfassen5. In der ersten Runde „Artistic Research als Brücke zwischen den Disziplinen“ ging es darum, das Phänomen überhaupt zu erfassen und anstelle einengender Definitionen oder Abgrenzungen durch das Sammeln diverser Charakteristika künstlerischer Forschung vorsichtig eine allgemeinere Sichtweise zu entwickeln. Der zweite Termin befasste sich mit der „Sozialrelevanz künstlerischer Forschung“ und der dritte mit den „Möglichkeiten der Implementierung“.

Ein mdw-interner Pilot-Call für Anschubförderungen von Projekten, aus denen sich später PEEK-Anträge entwickeln können, ist eine weitere wichtige Initiative. Diese brachte auch schon erste vielversprechende Resultate und zeigt, wie wichtig die Einbindung der Stabstelle Forschungsförderung der mdw in diese Prozesse ist.

Alle bisherigen Initiativen trugen zu inhaltlichen Visionen und konkreten Projekten bei: Das Curriculum für das neu einzurichtende künstlerische Doktorat an der mdw steht kurz vor der Fertigstellung. In dessen Zentrum wird innovative künstlerische Arbeit stehen, die zur Produktion neuen Wissens führt und als eigenständiger Beitrag zur Entwicklung und Erschließung der Künste dienen kann. Dabei ist von einer Vielfalt an Wissens- und Verstehensformen auszugehen. Innerhalb dieses Studiums soll neues Wissen über spezifische Problemstellungen in den Künsten generiert, die entsprechende künstlerische Forschung kontextualisiert und der daraus resultierende Erkenntnisgewinn adäquat dokumentiert und kommuniziert werden. Dabei spielen – in unterschiedlichen projektspezifischen Gewichtungen – Entwicklung und kritisch-systematische Reflexion künstlerischer Praktiken, Transdisziplinarität, Kollaborativität, Plurimedialität, Diversität der Wissensformen und Bewusstsein für Fragen der gesellschaftlichen beziehungsweise sozialen Relevanz eine wesentliche Rolle.

Mit der Einrichtung des künstlerischen Doktorats wird auch ein Artistic Research Center (ARC) zur Umsetzung gegründet werden. Die Abkürzung ARC ist dabei durchaus programmatisch zu verstehen, als Brückenbogen zwischen Kunst und Wissenschaft, und damit auch als Erweiterung jenes offenen Raumes, in dem Kunst und Wissenschaft einander wechselseitig befruchten.

All diese Gründungsinitiativen werden von einem weiteren wichtigen Ereignis zeitlich flankiert werden: Von 7. bis 9. April 2021 wird an der mdw in Kooperation mit der Universität für angewandte Kunst und der Akademie der bildenden Künste die jährliche Konferenz der Society of Artistic Research (SAR) stattfinden. Allein dieser Zusammenschluss der drei Wiener Kunstuniversitäten mit der SAR als „Weltorganisation“ für künstlerische Forschung zeigt, mit welchem Standing und mit welcher Konsequenz die mdw eine gestalterisch aktive Rolle in der internationalen Artistic Research Community und im Diskurs um künstlerische Forschung einnimmt.

Fußnoten:

1. homepage.univie.ac.at/arno.boehler/php/?page_id=8787
2. mdw.ac.at/knowinginperforming
3. mdw.ac.at/knowinginperforming_rvo
4. mdw.ac.at/upload/mdwUNI/files/entwicklungsplan2019_2024.pdf
5. mdw.ac.at/upload/MDWeb/ike/downloads/Zusammenfassung-AR-JourFixes.pdf

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