Ein kleiner Einblick in ein allgegenwärtiges Fach
Keine Trompeterin, kein Sänger kommt ohne sie aus, kein Konzertchor kann auf sie verzichten: Korrepetitor_innen begleiten ihre Musikerkolleg_innen im umfassendsten Wortsinn. An der mdw sind sie gleichsam omnipräsent, denn in allen zentralen künstlerischen Fächern findet sich die Lehrveranstaltung Literaturstudium mit Solokorrepetition.
Die Klassenkorrepetition bildet in Ergänzung dazu „einen integralen Bestandteil des Unterrichts“, so steht es im Studienplan für die Instrumentalstudien an der mdw. Es finden gemeinsame Studienkonzerte für Korrepetition der Konzertfach-Institute für Streich- und Zupfinstrumente und Blas- und Schlaginstrumente sowie eigene Studienkonzerte für Liedbegleitung des Instituts für Konzertfach Klavier mit Studierenden von Markus Hadulla statt. Erstere haben ihren Ursprung in einer Initiative der mdw-Lehrenden Herbert Rüdisser und Meinhard Prinz, die vor 15 Jahren den Schwerpunkt Korrepetition in Instrumentalfächern ins Leben riefen. „Unser Ziel war es, diesen Schwerpunkt im Studienplan Klavier einzubetten und damit ausgebildete Pianist_innen für die Begleitung von Instrumentalsolist_innen zu qualifizieren, um Korrepetition auf höchstem Niveau sicherzustellen und die Berufsaussichten deutlich zu verbessern“, erläutert Rüdisser.
Korrepetitor_innen begleiten also die Studierenden, darüber hinaus aber natürlich viele solistisch tätige Musiker_innen beim Erlernen neuer Literatur, bei der Vorbereitung auf Studienkonzerte, bei Probespielen und Wettbewerben sowie bei den großen Auftritten in den Konzertsälen dieser Welt.
Auch die bekannte Flötistin, Cembalistin, Pianistin und Komponistin Astrid Spitznagel, der die mdw im Mai 2019 ein Porträtkonzert widmete, ist am Haus als Korrepetitorin tätig. Ihr Selbstverständnis und die Kernkompetenzen für diesen Beruf formuliert sie so: „Die Voraussetzungen für die Korrepetition sind vielfältig, die Anforderungen hoch und sehr spezifisch. Man muss sehr gut prima vista, also vom Blatt, spielen können und eine schnelle Auffassungsgabe haben. Wenn man zum Beispiel in der Situation einer Zulassungsprüfung den Notentext zum ersten Mal sieht, gilt es, diesen korrekt zu spielen und darüber hinaus die Studienbewerber_innen in ihrer Interpretation oder bei Unsicherheiten zu unterstützen. Man braucht auch eine große Flexibilität, muss gut zuhören können, mit der oder dem anderen atmen, auf sie oder ihn eingehen können. Flexibilität benötigt man auch bei der Termingestaltung. Und zum Dritten muss man auch fehlerfrei transponieren, also den Notentext in einer anderen Tonart spielen können, wie es bei der Begleitung von Sänger_innen manchmal vorkommt. Die Fähigkeit, Generalbass zu spielen, ist für diesen Beruf ebenfalls äußerst wertvoll.“
Apropos Flexibilität in der zeitlichen Organisation: „Ich bekomme die Termine der Studienkonzerte, bei denen ich korrepetiere, genannt, und richte mich auch nach den Studienplänen der Studierenden der Harfen- und Kontrabassklassen, in denen ich tätig bin. Dann begebe ich mich auf die Suche nach einem freien Zimmer“, erklärt Spitznagel. „An den eingeteilten Terminen muss ich Zeit haben, das sind Fixtermine. Wir haben glücklicherweise eine großartige Atmosphäre und eine wunderbare Kollegialität und helfen einander aus, wenn jemand kurzfristig ausfällt, das ist sehr schön.“
In der Solokorrepetition können unterschiedliche Versionen und Deutungen ausprobiert sowie eine Interpretation und die dementsprechende technische Umsetzung entwickelt werden. Die Solist_innen werden mit den Orchesterstimmen konfrontiert und vertraut. Astrid Spitznagel meint: „Für mich ist das auch die Möglichkeit, Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Technische Voraussetzungen wie Atemtechnik, Bogenstrich, Ansatz, Fingersätze einerseits und musiktheoretische Grundlagen wie Harmonielehre und Formenlehre andererseits können am konkreten Werk in eine Interpretation zusammengeführt werden.“ Eine grundlegende Analyse des Stücks ist ihr wichtig, damit die Studierenden die Struktur, Harmonieverläufe, Form und Geschichte des Werkes erfassen, um das dann technisch umsetzen zu können. Damit will sie die Individualität, Reflexionsfähigkeit und Persönlichkeit der Studierenden fördern und sie mit ihren Fragen zur Selbstständigkeit im musikalischen Denken und Handeln motivieren.
„Wir haben einen sehr erfüllenden Beruf, begleiten die Musiker_innen oft weit über das Studium hinaus, man kennt einander musikalisch und persönlich, kennt die Eigenheiten, und dabei entstehen auch viele Freundschaften. Die Freude, ein oft gespieltes Stück immer wieder neu zu entdecken, und die Begeisterung am gemeinsamen Musizieren sind immer dabei“, erklärt Astrid Spitznagel abschließend. Gegenseitige Achtung und Wertschätzung sowie ein würdevoller Umgangston sind für die vielseitige Musikerin dabei Grundvoraussetzungen, die nicht hoch genug eingeschätzt werden können.
Korrepetition kann man auch studieren. An der mdw gibt es im Rahmen des Diplomstudiums Dirigieren den Studienzweig Opernkorrepetition. Die Klavier-Vokalbegleitung bildet ein eigenes Bachelor- und Masterstudium im Rahmen der Tasteninstrumente, und der Schwerpunkt Korrepetition für Pianist_innen ist im Masterstudium Klavier Konzertfach verankert.