Rechtzeitig zum 250. Geburtstag des Komponisten veranstaltet die mdw den 16. Internationalen Beethoven Klavierwettbewerb
Eigentlich sind wir ja schon mitten im Geschehen. Die Bewerbungsphase ist abgeschlossen und auch die Vorauswahlen liegen bereits hinter uns. Gerade dieser Teil des normalerweise vierjährig ausgetragenen Wettbewerbs ist ein spannender und wesentlicher, gilt es für die hochkarätig besetzte Jury doch, aus den über 230 Anmeldungen die 32 Pianist_innen für den Hauptwettbewerb auszuwählen. Dieser startet mit einem Eröffnungsabend im Joseph Haydn-Saal der mdw am 4. Mai 2020 und schließt mit dem großen Finale im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins am 14. Mai.
Internationalität
International ist nicht nur die Jury besetzt, international offen ist der gesamte Wettbewerb. Auditions finden in New York, Tokyo, Shanghai, Berlin und Wien statt, wobei die meisten Kanditat_innen in Wien persönlich vorspielen. Ebenso viele Bewerbungen kommen als Videoaufnahmen per DVD oder Datenstick – eine zeitgemäße Möglichkeit, die von immer mehr interessierten jungen Pianist_innen weltweit genutzt wird.
Jan Jiracek von Arnim, künstlerischer Leiter und Organisator des ältesten und wichtigsten internationalen Klavierwettbewerbs Österreichs, zeigt sich jedenfalls begeistert: „Ich finde es toll, dass sich so viele junge Menschen für diesen Wettbewerb interessieren und sich mit Beethoven auseinandersetzen, denn es ist auch ziemlich einzigartig, dass wir in unserem Wettbewerb nur Werke von Beethoven haben. Es gibt da meines Wissens nur einen anderen Wettbewerb, der das auch so macht, nämlich der Chopin-Wettbewerb in Warschau.“
Ein klarer Fokus
Das Klavierwerk Ludwig van Beethovens ist sehr umfangreich und beinhaltet 32 Klaviersonaten, fünf Klavierkonzerte, mehrere Variationen, Bagatellen, Fantasien und Tänze. Der Wettbewerb geht damit ausgesprochen differenzierend und sorgsam um, teilt die Werke in sechs Gruppen und weist diese den Vorauswahlspielen beziehungsweise den einzelnen Runden im Hauptwettbewerb zu, um eine optimale Vergleichbarkeit unter den Teilnehmer_innen zu erzielen.
Warum aber beschränkt sich der Wettbewerb auf nur einen Komponisten, so prominent und wegweisend dieser auch gewesen sein mag? Der künstlerische Leiter hebt die lange Tradition des Wettbewerbs hervor: „Der Internationale Beethoven Klavierwettbewerb entstand an der damaligen Akademie für Musik und darstellende Kunst, heute mdw, im Jahr 1958. Wien galt damals schon als Zentrum für die Interpretation von Beethovens Werken, und das Klavier-Institut der Akademie als weltweit führend bei Beethoven-Traditionen. Das geht auf Beethoven selbst zurück, der im Alter von 22 Jahren nach Wien zog, hier komponierte und über viele Jahre hinweg unterrichtete. Einer seiner Schüler war Carl Czerny, der seine Schrift Über den richtigen Vortrag der sämtlichen Beethoven’schen Werke für das Piano allein veröffentlichte und sein Wissen in seinem eigenen Unterricht an über 500 Schüler_innen weitergab, wodurch sich in Wien eine Tradition bildete – dazu gehört besonderes Legatospiel, sparsamer Pedalgebrauch, die Wahl von angemessenen Tempi und vieles andere mehr“, weiß Jan Jiracek von Arnim.
Werte als Herausforderung
Um die Fokussierung auf Beethoven richtig zu verstehen, muss man noch einen Schritt zurück, hinter die Tradition gehen, dorthin, wo die Entwicklung des Komponisten und seiner Persönlichkeit steht. Denn ab 1802 verlässt er die von Joseph Haydn erlernten stilprägenden Pfade und schlägt neue Wege ein, wenn er etwa seinem Verleger Gottfried Härtel schreibt, die beiden angebotenen Variationen seien „beyde auf eine wircklich ganz neue Manier bearbeitet, jedes auf eine andre verschiedene Art“. Und weiter: „… muss ich sie selbst versichern, dass die Manier in beiden Werken ganz neu von mir ist.“ Dies bedeutet einen Wendepunkt, der auch darauf zurückzuführen ist, dass Beethoven als Komponist nicht nur neuartige Klaviere zur Verfügung hatte, sondern auch viele Freiheiten kannte. Dazu ergänzt Jiracek: „Das zeichnet Beethoven ja aus, dass er am Ende alle Grenzen sprengt. So etwas wie die Hammerklaviersonate haben die Menschen seiner Zeit eigentlich nicht verstanden, das hat ihm aber nichts ausgemacht. Er war ein freier Mensch und nicht abhängig von einem Dienstherrn. Er konnte frei entscheiden, was er macht und wie er schreibt.“
Insofern treffen für den künstlerischen Wettbewerbsleiter die Worte des Schweizer Pianisten und Musikpädagogen Edwin Fischer zu: „Beim Studium des Klavierwerks Beethovens stößt man auf Schwierigkeiten, Fragen und Probleme, deren Überwindung nicht nur einen Teil der pianistischen, sondern der gesamten künstlerischen, ja menschlichen Erziehung eines Musikers bildet.“ Philosophisch könnte man es so interpretieren, dass die Werte, die Beethoven als Freigeist und Komponist der Aufklärung persönlich und künstlerisch lebte, in der Interpretation seiner Werke abgefragt werden und im Konzertsaal spürbar werden sollten.
Vernetzung und Partner
Zu guter Letzt hat der Internationale Beethoven Klavierwettbewerb auch eine tragende Bedeutung für die pianistische Community. Wenn junge, hochtalentierte und künstlerisch fortgeschrittene Pianist_innen, international renommierte und erfahrene Jurymitglieder sowie ein interessiertes und fachkundiges Publikum zusammentreffen, ist dies für das Networking und den Austausch von unschätzbarem Wert. Die Zusammenarbeit mit erstklassigen Partnern wie dem Wiener Musikverein, in dessen Sälen die 2. Runde und das Finale ausgetragen werden, der Camerata Salzburg, die unter dem Dirigenten Andrés Orozco-Estrada das Finalkonzert begleiten wird, und dem Klavierhersteller Bösendorfer, der einen Konzertflügel Modell 200 als 1. Preis stiftet, weiß der Wettbewerb zu würdigen. Ebenso schätzt er die Unterstützung durch internationale Institutionen wie etwa die Universität der Künste Berlin und andere Musikhochschulen sowie einzelne fördernde Privatpersonen und Privatstiftungen.
Alle Termine und Informationen zum Wettbewerb finden Sie unter beethoven-comp.at. Die Runden werden live über die mdwMediathek gestreamt.