Beispiele aus der klinischen Praxis
Susanne Korn
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Korn, Susanne. 2025. »Suizidalität und Suizid in der Musiktherapie: Beispiele aus der klinischen Praxis«. In Musik und Suizidalität. Interdisziplinäre Perspektiven, hg. von Julia Heimerdinger, Hannah Riedl und Thomas Stegemann. Wien und Bielefeld: mdwPress.
Abstract
Abstract
Suizidalität wird im Sinne klinischer Diagnostik nicht als eigenständige psychische Erkrankung betrachtet, sondern beschreibt einen Symptomkomplex, welcher zwar mit psychischen Erkrankungen einhergehen, aber auch als Folge schwieriger Lebensumstände ohne psychiatrische Diagnosestellung auftreten kann. Vorliegender Artikel beschreibt den Phänomenbereich Suizidalität, zeigt den Umgang mit suizidalen Patient:innen im Klinikalltag der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) Basel auf und beleuchtet das mögliche Selbsterleben suizidaler Patient:innen. Anhand von Fallbeispielen aus der Berufspraxis der Autorin werden im Rahmen der Musiktherapie auftretende Phänomene, Herausforderungen und Chancen erörtert, mögliche Interventionen bei akuter, chronischer oder abklingender Suizidalität aufgezeigt und Fragen zu Indikation oder Kontraindikation von Musiktherapie diskutiert. Zudem geht der Beitrag auf die notwendige therapeutische Haltung und auf Möglichkeiten des Selbstschutzes und der Selbstfürsorge für behandelnde (Musik‑)Therapeut:innen ein und skizziert Postventionsmaßnahmen, die in den UPK nach einem Suizid angewandt werden.
Übersicht
Übersicht
Vorbemerkungen zum Arbeitskontext der Autorin
Das Behandlungsangebot der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (UPK Basel) umfasst die stationäre, teilstationäre und ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung aller Störungsbilder der Kategorien F00 bis F99 aus der ICD-10 (Kapitel 6 in der ICD-111). Diagnostik und Behandlung unterliegen den Paradigmen der Multiperspektivität, der Orientierung am bio-psycho-sozialen Ansatz sowie psychotherapeutisch orientiertem Denken und Handeln (vgl. SGPP — Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie 2022). Die UPK Basel haben sich dem Konzept der »Innovativen Psychiatrie mit offenen Türen« (Lang 2013) verschrieben. Dies bedeutet, dass Isolationen und Zwangsmaßnahmen nur in Ausnahmefällen und im absoluten Notfall, z. B. bei akuter Fremdgefährdung oder akuter Autoaggression ohne Absprachefähigkeit, vorgenommen werden. Patient:innen im Status der akuten Selbstgefährdung werden, wann immer möglich, in einem 1:1-Setting (in Folge »Sitzwache« genannt) betreut.
Vorliegende Erfahrungsberichte, Einschätzungen und Beispiele entstammen meiner persönlichen klinischen Erfahrung und Expertise als Musiktherapeutin.
Phänomenbereich Suizidalität
Suizidrisikofaktoren
Die in Österreich, Deutschland und der Schweiz gebräuchlichen Modelle zu Suizidrisikofaktoren unterscheiden sich in der Wortwahl, bilden aber übereinstimmende Faktoren ab. Für diesen Beitrag sei das Risikofaktoren-Modell der Suizidprävention Zürich aufgeführt (Suizidprävention Kanton Zürich 2023):
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Frühere Suizidversuche (über Jahre hinweg 40-mal höheres Risiko im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt)
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Psychische Erkrankungen: insbesondere Depressionen (über 15-fach erhöhtes Risiko), aber auch Angsterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie
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Entlassung aus einer stationären Therapie in der psychiatrischen Klinik
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Missbrauch oder Abhängigkeit von Substanzen wie Alkohol und Drogen (ca. 4-fach erhöhtes Risiko)
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Schwere körperliche Erkrankungen, besonders bei chronischen Schmerzen
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Sexueller Missbrauch
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Suizid oder Suizidversuch im eigenen Umfeld
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LGBTQ+ Orientierung, insbesondere bei Jugendlichen
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Arbeitsunfähigkeit, Pensionierung
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Kritische Lebensereignisse: z. B. Verlust eines Partners, Arbeitslosigkeit
Risikofaktoren können zusammenhängen, sich aufsummieren oder durch Emotionen wie Schuld- oder Schamgefühle oder das Gefühl, für andere eine Last zu sein, verstärkt werden (ebd.).
Suizidalität und Parasuizidalität
Möller (2022, 136) stellt innerhalb des Phänomenbereichs der Suizidalität Unterschiede in Gedanken- und Handlungsintentionen heraus:
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Wunsch nach Ruhe, Pause, Veränderung, Unterbrechung im Leben (mit dem prinzipiellen Risiko zu sterben)
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Todeswunsch: Wunsch, nicht mehr zu leben
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Suizidgedanken: Gedanken, sich das Leben zu nehmen
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Suizidabsicht: Absicht, sich das Leben zu nehmen
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Suizidversuch: absichtliche Selbstschädigung mit der Möglichkeit des tödlichen Ausgangs
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Suizid: absichtliche Selbstschädigung mit tödlichem Ausgang
Die in den ersten beiden Punkten beschriebenen Gedankengänge kreisen mehrheitlich um den Wunsch, eine schwierige Situation oder Krise zu beenden, bzw. den Wunsch, dass die betreffende Situation sich von selbst löst. Es bestehen noch keine konkreten Pläne betreffend Art und Weise einer möglichen Selbsttötung. Im klinischen Kontext wird hier auch von Lebensüberdruss-Gedanken gesprochen, die im Sinne einer störungsspezifischen Symptomatik häufig im Zusammenhang mit Erkrankungen aus dem Bereich der affektiven Störungen auftreten.
Mit zunehmender Konkretisierung der Gedanken steigt das Risiko für eine suizidale Handlung. Möller (2022, 144) unterscheidet abhängig von der Handlungsintention:
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Suizidale Handlung = Autoaggression steht im Vordergrund
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Parasuizidale Geste = Appell an die Umgebung steht im Vordergrund
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Parasuizidale Pause = Bedürfnis nach Ruhe steht im Vordergrund
Von Betroffenen werden folgende Motive für parasuizidales Verhalten genannt: »Todeswunsch, Wunsch nach Veränderung im Leben, Hilferuf, Rache, Wunsch nach Ruhe, Wunsch nach Ablösung und Trennung, Manipulation anderer, Enttäuschung, Wut, depressive Verstimmung, belastende Lebensereignisse oder psychotische Motivation« (ebd.). Der Autor weist explizit darauf hin, dass die Typen des Parasuizids nicht als »unernst« verharmlost werden dürfen (ebd.).
Schneider (2000) beschreibt drei Stadien der suizidalen Entwicklung, die mit der Erwägung beginnt, über einen inneren Kampf zwischen selbsterhaltenden und selbstzerstörenden Kräften in einen möglichen Appell (»das Reden von Selbstmord, leise Andeutungen in dieser Richtung, […] Drohungen und Voraussagen«) mündet und im letzten Stadium zur Entscheidung führt. Er betont die Wichtigkeit, die Appelle des zweiten Stadiums nicht zu überhören und weist darauf hin, dass der Entschluss zu einem Suizid im dritten Stadium häufig zu einer Beruhigung und Entspannung (»Ruhe vor dem Sturm«) führt, die der Umwelt auffällt und eine große Gefahr der Fehlinterpretation in sich birgt. Er postuliert: »Es ist notwendig, denjenigen, der von Selbstmord gesprochen hat und es nun nicht mehr tut, zu fragen, warum er eigentlich jetzt leben will« (Schneider 2000, 22).
Suizidalität als Indikation für eine stationäre Behandlung/Krisenintervention
Relativ häufig erkennen Patient:innen mit dem Auftreten von Lebensüberdruss-Gedanken, Todeswünschen oder suizidalen Impulsen, dass sie professioneller Hilfe bedürfen. Neben der freiwilligen Selbsteinweisung oder der Motivation für einen Klinikaufenthalt durch Angehörige, Mediziner:innen oder Therapeut:innen erfolgt eine Klinikeinweisung häufig in Folge einer behördlichen Anordnung aufgrund von Eigengefährdung bzw. eines erfolgten Suizidversuchs oder als Überweisung aus Akut- oder Rehabilitations-Kliniken nach erfolgtem Suizidversuch (mit oder ohne behördliche Verfügung). Diese wird in der der Schweiz als »Fürsorgerische Unterbringung« bezeichnet und vom Amtsarzt/von der Amtsärztin angeordnet. Den Patient:innen steht ein Widerrufsrecht zu, welches sie zeitnah zur Geltung bringen können. Hier handelt es sich um Zwangsmaßnahmen, deren Wirkung auf das Integritätsgefühl der Klient:innen nicht unterschätzt werden darf. Sowohl formeller als auch informeller Zwang können die therapeutische Beziehung belasten und zu aggressivem Verhalten führen (vgl. Ziltener et al. 2020). Gleichwohl können Zwangsmaßnahmen von Patient:innen retrospektiv als entlastend erlebt werden, sofern der Fürsorgeaspekt, welcher der Anordnung zugrunde lag, wahrgenommen werden kann.
Diagnostik und Evaluation von Suizidalität
Die Diagnostik der Suizidalität liegt im Aufgabenbereich der Ärzt:innen und ist manualgeleitet. Eckpunkte zur Einschätzung vorhandener Suizidalität (Lang 2013, 96) sind:
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Vorliegen einer Krisensituation
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Lebenskrise mit Veränderungswünschen
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Traumatische Krise
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Existenzbedrohende Situation
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Beschäftigung mit Ruhewünschen, Sterben, Tod und Suizid — je konkreter, desto gefährlicher
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Einengung auf suizidale Gedanken
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Quälend erlebte Schlafstörungen, Unruhe
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Wertlosigkeitsempfinden
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Hilflosigkeitserleben
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Panikzustände
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Suizidversuch innerhalb von zwei Wochen und/oder konkrete Vorbereitung eines Suizids*
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Hoffnungslosigkeit, Resignation*
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Schwerer Schuldwahn, Verarmungswahn, Versagenswahn*
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Ängstigende oder bedrohliche Wahninhalte*
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Aufbau einer tragenden Beziehung scheint nicht möglich*
Treffen die mit * gekennzeichneten Punkte zu, bedeutet dies in der Regel akute Suizidalität. In diesen Fällen bedarf es einer 1:1-Betreuung. Die wiederholende Evaluation wird auch von Pflegefachpersonen übernommen, wobei die Checklisten je nach Störungsschwerpunkten leicht variieren können.
Es ist zu berücksichtigen, dass das Erkennen von Suizidalität mit einer großen Irrtumswahrscheinlichkeit behaftet ist, da unter anderem Bagatellisierungs- und Verleugnungstendenzen der Patient:innen das Erkennen einer akuten suizidalen Gefährdung verhindern können. Beobachtungen und Einschätzungen von Pflegefachpersonen, ›Satellitentherapeut:innen‹2 und Mitpatient:innen sind daher von großer Bedeutung und Geheimnisse bei diesem Thema tabu.
Vor allem Patient:innen mit Störungen auf Strukturniveau (Persönlichkeitsstörungen) berichten in von ihnen nicht (oder kaum) als ›Kontrollinstanz‹ wahrgenommenen therapeutischen Settings (z. B. Musiktherapie, Kunsttherapie etc.) häufig über persistierende Suizidgedanken, welche sie aus Angst vor Zwangsmaßnahmen oder aus Schuld- oder Schamgefühlen dem Behandlungsteam verschweigen. Die Frage »Darf ich Ihnen ein Geheimnis anvertrauen?« muss also stets dahingehend beantwortet werden, dass Suizidgedanken als Geheimnis nicht akzeptabel sind. Selbstverständlich kann mit den Patient:innen ausgehandelt werden, von wem und in welcher Form diese Information an das Behandlungsteam weitergegeben wird, sodass die Autonomie der Patient:innen gegeben bleibt und die therapeutische Beziehung aufrechterhalten werden kann.3
Hierarchie klinischer Interventionen bei akuter Suizidalität
Im Anschluss an die Diagnostik wird das notwendige Vorgehen im klinischen Setting durch das Behandlungsteam der betreffenden Abteilung festgelegt. Sicherheit im Umgang mit suizidalen Patient:innen erhalten Pflegefachpersonen in klinikinternen bzw. abteilungsspezifischen Schulungen (Putrino Trefiletti 2018). Das Vorgehen ist hierarchisch gegliedert, d. h. die nächste Stufe folgt nur, falls die vorangehende nicht greift:
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Beurteilung der Absprachefähigkeit (Behandlungsteam)
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Non-Suizid-Versprechen
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Sichtkontakt
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1:1-Betreuung
Zur Beurteilung der Absprachefähigkeit (Punkt 1) postuliert Schneider (2000, 113):
Im stationären Rahmen arbeiten somit meistens ein Mehrfaches an Experten mit dem Patienten. Der Vorteil besteht im Wesentlichen darin, daß sich der Patient im Einzelgespräch mit dem Arzt, in der Gruppentherapie oder im Einzelgespräch mit einem Mitglied des Pflegeteams von ganz verschiedenen Seiten darstellt. Dies bietet die Möglichkeit, ein vollständigeres, der komplexen Wirklichkeit eher entsprechendes Bild und Verständnis des Patienten zu gewinnen. Die Schwierigkeit oder der Nachteil liegt darin, daß eine solche Teamarbeit den Anspruch an alle Teammitglieder stellt, die gewonnenen Informationen auch tatsächlich auszutauschen und zusammenzubringen — was sich in der Realität immer wieder als schwierig erweist […].
Die Non-Suizid-Versprechen (Punkt 2) gelten jeweils für ein mit den Patient:innen vereinbartes Zeitfenster. Die Intervalle und Modi für den Sichtkontakt (Punkt 3) folgen den Absprachen mit den Betroffenen. Die Kontaktaufnahme kann sowohl von Seiten der Pflegefachpersonen als auch von Seiten der Patient:innen erfolgen. Die Anwesenheit einer Sitzwache im Rahmen der 1:1-Betreuung (Punkt 4) bedeutet nicht, dass die Bewegungsfreiheit der Patient:innen absolut eingeschränkt wird. Spaziergänge auf dem Areal, der Gang zu Therapien oder auch Besorgungen in der eigenen Wohnung können durch die Sitzwache begleitet werden. Im weiteren Verlauf des stationären Aufenthalts und mit dem Aufheben der 1:1-Betreuung und der Sichtkontakte werden Ausgangsmodalitäten (Areal nach Absprache, extern nach Absprache etc.) mit zugehöriger Karenzzeit für eine allfällige polizeiliche Fahndung festgelegt. Unabhängig von der Hierarchie der beschriebenen Maßnahmen kann Pharmakotherapie eingesetzt werden, um Symptome wie Agitiertheit, Angst- und Panikzustände oder Dissoziationen zu mildern und Abstand zum eigenen emotionalen Erleben herzustellen.
Mögliches Selbsterleben bei akuter oder chronischer Suizidalität
Auch wenn Prävention, Diagnostik und Behandlung von Suizidalität evidenten Manualen folgen, dient die Konzeptionierung der Behandlung suizidaler Klientel in erster Linie der Verhinderung eines Suizids sowie dem Aufrechterhalten der Handlungsfähigkeit der Behandlungsteams. Die Betroffenen selbst bleiben aber weiterhin mit ihrem schwierigen Selbsterleben konfrontiert. Kozel (2015, 11—12) erläutert hierzu:
Suizidale Menschen befinden sich meist in einer Krise, in der sie Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Selbsthass und andere schmerzhafte Gefühle erleben, die sie keinen Ausweg in ihrer Situation mehr erkennen lassen. Diese Krise kann sich so zuspitzen, dass […] das Leben unerträglich ist und der Suizid als einzige Lösung, um nicht zu sagen »Erlösung«, erscheint. […] Das Nicht-Ertragen-Können des Seelenschmerzes ist dabei der maßgebliche Faktor, der letztlich zur suizidalen Handlung führt. Das bedeutet, dass nicht die Stärke des Seelenschmerzes ausschlaggebend ist, sondern die individuelle Fähigkeit eines Menschen, seelische Schmerzen zu ertragen […].
Häufige Empfindungen (akut) suizidaler Patient:innen sind: seelischer Schmerz, keine Schwingungsfähigkeit und/oder Resonanzfähigkeit, Hoffnungslosigkeit, Resignation, Sinnlosigkeit, Ausweglosigkeit, Hilflosigkeit, Wertlosigkeit, innerer und äußerer Stress, Einengung auf suizidale Gedanken, Isoliertheit/Einsamkeit, Schlafstörungen, Unruhe, Agitiertheit, Angst, Panik, Dissoziationen, Schuld(gefühle) und Scham.
In der Musiktherapie
(Akute) Suizidalität! Möchten Sie zur Musiktherapie?
Menschen in (akuten) suizidalen Krisen oder nach einem Suizidversuch sind in den ersten Tagen (oder auch Wochen) des stationären Aufenthalts meist nicht in der Lage, am Therapieprogramm teilzunehmen. Sie sind eingeengt auf ihr emotionales Erleben, leiden unter den physischen Folgen des Suizidversuchs oder können sich generell nicht vorstellen, dass eine Therapie ihren Leidensdruck mildern kann. Viele Patient:innen erwarten zudem, dass sich ihre Situation rasch und deutlich ändert, und es ist ihnen (noch) nicht möglich, kleine oder kleinste Veränderungen ihrer Befindlichkeit wahrzunehmen, oder die Tatsache zu akzeptieren, dass die Verbesserung ihres Befindens ein Prozess ist, der in kleinen Schritten vor sich geht. In den UPK Basel ist es nicht üblich, die Patient:innen bereits in dieser Phase zur Musiktherapie anzumelden. Ausnahmen können eine aufsuchende Musiktherapie während der 1:1-Betreuung sein oder, falls Musik als bestehende Ressource bekannt ist bzw. vermutet wird, können Patient:innen auch zu einem Besuch aufgefordert werden.
Die 1:1-Betreuung stellt eine sehr personalintensive Intervention dar, welche die Pflegeteams der Abteilungen große Anstrengung kostet. Auch wenn externes Pflegepersonal als Sitzwache rekrutiert wird, müssen diese Personen von Zeit zu Zeit für eine Pause abgelöst werden. Um das betreffende Team in solch einer Situation zu unterstützen, und wenn die eigenen (zeitlichen) Ressourcen ausreichen, kann eine erste Kontaktaufnahme schon im Patientenzimmer stattfinden. Es empfiehlt sich, eine kleine Auswahl an Instrumenten (z. B. Trommel, Spieluhr, Sansula, Kantele etc.) mitzuführen. Beim Betreten des Zimmers wird man häufig von einer buchstäblichen Grabesstimmung empfangen. Die Atmosphäre ist oft geprägt von Dunkelheit und großem Leid. Ausdünstungen bzw. Gerüche, verursacht durch die Pharmakotherapie, hängen in der Luft und die Aktivitäten des Pflege- oder Hauspersonals erscheinen seltsam unpassend. Die Patient:innen wirken oft teilnahmslos oder genervt — es ist davon auszugehen, dass ein musiktherapeutisches Angebot zu diesem Zeitpunkt nicht freudig willkommen geheißen wird. Häufig bleibt es beim Gespräch. Manchmal berichten Patient:innen über ihre musikalische Sozialisation oder was ihnen Musik in ›besseren Zeiten‹ bedeutete. Manche Patient:innen empfinden es als entlastend, über ihre aktuelle Situation oder den Suizidversuch zu sprechen, andere lassen sich dazu hinreißen, das mitgebrachte Instrumentarium einmal zu begutachten. Erklingt ein Ton in beschriebener Atmosphäre, kann dieser den Effekt einer frischen Brise oder eines Lichtstrahls entfalten. Wichtig ist, nicht zu viel zu erwarten und die Patient:innen nicht zu bedrängen. Das Hauptziel liegt in der Kontaktaufnahme und im Signalisieren der Bereitschaft, die Schwere des Leidens gemeinsam auszuhalten. Die Patient:innen brauchen in diesem Stadium Mitgefühl, Anteilnahme und den Trost der Professionellen (Boden und Feldt 2010, 30).
Ist ein starker biographischer Bezug zur Musik gegeben, werden Patient:innen von Zeit zu Zeit dazu aufgefordert, gemeinsam mit der Sitzwache die Musiktherapie aufzusuchen (die Sitzwache nimmt nicht an der Therapie teil). Dies stellt einerseits eine Gelegenheit dar, die bedrückende Atmosphäre des Zimmers zu verlassen und andererseits konfrontiert es die Patient:innen mit ihrem Unvermögen, am Leben teilzuhaben, da frische Luft oder Sonnenschein evtl. nicht mit ihrem Selbsterleben korrespondieren. In der Musiktherapie angekommen, verbleiben manche Patient:innen auch in dieser Situation teilnahmslos, andere können sich dem Appellcharakter des Instrumentariums nicht entziehen und beginnen damit, sich die Instrumente anzusehen und vereinzelt etwas erklingen zu lassen. Auch hierbei gilt: Erste Priorität hat die Kontaktaufnahme und der Beziehungsaufbau und nicht die Idee, dass Musik hilfreich dabei sein könnte, das Befinden schnell zu verbessern. Kommt es zu einem Musikspiel, fällt die Reaktion oft dahingehend aus, dass früheres Erleben schmerzlich vermisst wird. Dies kann den Einstieg in einen therapeutischen Prozess bedeuten, kann aber auch zum erneuten ›Aufflammen‹ der Suizidalität führen. Zur erforderlichen therapeutischen Haltung schreibt Schneider (2000, 43)4:
Nicht der Ersatz von Verlorenem und die Verleugnung der schmerzlichen Realität, sondern die Stützung, das Mitgefühl (Empathie) sowie die Ermutigung, Gefühle von Trauer, Schmerz, Feindseligkeit, Aggression etc. wahrzunehmen und zu zeigen, ist die Funktion des Helfers. Dieses Ziel muss kurzfristig realisierbar sein; eine tiefer greifende Persönlichkeitsänderung zu diesem Zeitpunkt anzustreben wäre nicht sinnvoll.
Die Abschirmung und den Schutz der 1:1-Betreuung (eine Form der Regression) zu verlassen, erleben viele Patient:innen als heraus- bis überfordernd. Insbesondere Gruppentherapien — und damit die Konfrontation mit dem Leiden anderer — werden häufig als belastend beschrieben, ebenso das Sich-Einlassen auf bis dahin unbekannte Therapeut:innen.
Indikationsstellungen für die Musiktherapie in der frühen Phase des stationären Aufenthalts sind positive Vorerfahrungen mit Musiktherapie, eine bereits bestehende therapeutische Beziehung als Unterstützung in der Akutphase und die Möglichkeit der Einzeltherapie. Nicht wenige Patient:innen, die bereits zu einem früheren Zeitpunkt stationäre Behandlung in Anspruch genommen haben, wünschen explizit eine Anbindung an die Musiktherapie. Tatsächlich kommen aber nur vereinzelt Patient:innen in akuten suizidalen Krisen zur musiktherapeutischen Behandlung. Die Therapieplanung und damit die Anmeldung zur Musiktherapie erfolgt meist nach einer hinlänglichen Stabilisierung.
Indikation, Kontraindikation oder selbstverantwortliche Entscheidung?
Noch vor dem Kontakt mit suizidalen Patient:innen steht die Entscheidung der Musiktherapeut:innen, die Behandlung zu übernehmen. Die Frage zu Indikation oder Kontraindikation von Musiktherapie bei bestehender Suizidalität wurde in der Fachliteratur bislang nicht umfassend diskutiert. Timmermann und Oberegelsbacher (2020) merken an, dass in der musiktherapeutischen Fachliteratur für suizidale Patient:innen oft eine generelle Kontraindikation ausgesprochen werde. Sie relativieren diese Aussage dahingehend, dass mit zunehmender Berufserfahrung und damit der Möglichkeit, musiktherapeutische Methodik adäquat zu modifizieren, ein musiktherapeutisches Angebot durchaus sinnvoll sein könne und verweisen auf den Terminus der »differenziellen Kontraindikation« (Timmermann und Oberegelsbacher 2020, 25), welchen sie als selektiven und maßgeschneiderten Verzicht auf gewisse Angebote unter bestimmten Umständen definieren. Gerne möchte ich mich dieser Haltung anschließen. Der Umstand, dass Berichte zu Musiktherapie mit suizidaler Klientel oft subsummiert in Artikeln zu Störungsbildern, Fallberichten, o. ä. erscheinen, legt die Vermutung nahe, dass sich die Zuweisung suizidaler Patient:innen im klinischen Kontext auch häufig an der Expertise der betreffenden Musiktherapeut:innen ausrichtet. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Thematik der Suizidalität innerhalb eines laufenden musiktherapeutischen Prozesses erscheint und Aufmerksamkeit erfordert. So sollte meines Erachtens eine Auseinandersetzung mit dem Thema Suizidalität in jedem Fall erfolgen, sodass die Entscheidung bezüglich einer Behandlungsübernahme auf der gut reflektierten Einschätzung der eigenen fachlichen Kompetenzen und persönlichen Ressourcen stattfinden kann.
Mögliche Gründe für das Ablehnen einer Therapie können sein:
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Unsicherheit, ungenügende Berufserfahrung oder Weiterbildung
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Ungenügende Anbindung an Abteilungsstrukturen
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Allgemeine Belastungssituation
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Ängste, Hilflosigkeitserleben = Überforderung
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Eigene Lebenskrisen oder Suizidgedanken
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Ungenügend verarbeitete Erfahrungen mit Suizid im eigenen Umfeld
Meine persönlichen Erfahrungen damit, im Behandlungsteam offen zu thematisieren, dass ich mich im Augenblick nicht in der Lage fühle, suizidale Patient:innen zu übernehmen (z. B. da ich einen vor Kurzem erfolgten Suizid noch nicht verarbeitet habe oder da die allgemeine Arbeitsbelastung in der Klinik aktuell sehr hoch ist), sind sehr positiv. Zumeist wurde mir ausgesprochen wertschätzend dafür gedankt, dass ich meine Selbstverantwortung wahrnehme und damit auch andere Mitarbeiter:innen ermuntere, dies zu tun.
Therapeutische Kongruenz und Integrität
Schneider (2000, 92—93) betont — insbesondere in Hinblick auf klientenzentrierte, analytische und psychodynamisch orientierte Methoden — die Notwendigkeit der Selbstkongruenz der Therapeut:innen und hebt hervor, dass eine Therapie nur Wirksamkeit entfalten kann, wenn diese dazu bereit sind, jeden möglichen Ausgang einer Therapie zu akzeptieren, unter Umständen also auch die Tatsache, dass der Tod gewählt wird.5 Für die Praxis bedeutet dies, dass Therapeut:innen bereit bzw. in der Lage sein sollten, auch mit schwierig(st)en Gegenübertragungsphänomenen umzugehen und diese ansprechen zu können. Wenn wir innere Abwehr verspüren oder versucht sind, ›um den heißen Brei herumzureden‹, bestätigen wir unter Umständen Schuld- und Schamgefühle der Patient:innen und verstärken deren Abwehrhaltung gegenüber sich selbst und der Therapie.
Sind wir in gutem Kontakt mit uns selbst und stimmen die unseren Erfahrungen entsprechenden Emotionen und Handlungen mit unserem inneren Erleben, unserem Ausdruck und unserer Körpersprache überein, steht einer Beziehungsgestaltung, wie sie Schneider in Anlehnung an Rogers6 für die Therapie von suizidalen Patient:innen einfordert, nichts im Wege:
In aller Kürze skizziert, müssen folgende Bedingungen vorhanden sein, damit sich ein therapeutischer Prozeß im Sinne des klientenzentrierten Ansatzes entwickelt:
- Zwei Personen nehmen miteinander Beziehung auf.
- Die eine Person, Klient genannt, ist verletzlich, voller Angst; sie befindet sich in einem Zustand der Inkongruenz.
- Die zweite Person, Berater genannt, ist kongruent in der Beziehung, d. h. er ist in direkter Berührung mit allen Erfahrungen mit sich selbst in dieser Beziehung.
- Der Berater empfindet bedingungslose positive Wertschätzung gegenüber dem Klienten, man kann auch sagen: Vertrauen in den Klienten.
- Der Therapeut erfährt empathisch den inneren Bezugsrahmen des Gegenübers, dessen Gefühle, aber auch die Bedeutung dieser Gefühle.
- Der Klient nimmt zumindest in geringem Ausmaße diese bedingungslose positive Wertschätzung und das empathische Verstehen des Therapeuten wahr. (Schneider 2000, 56)
Für die musiktherapeutische Behandlung gilt darüber hinaus:
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Anwendung des Iso-Prinzips7
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Wohlwollende, verständnisvolle und vorbehaltlose Akzeptanz und Resonanzbereitschaft
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Einfühlsame Abstimmung musikalischer Interventionen
Therapieplanung, Interventionen und häufig auftretende Phänomene
Analog zu allgemeingültigen Phänomenen in der Musiktherapie gilt auch in der Therapie mit suizidalen Menschen, dass eine große Diversität bezüglich musikalischer Vorlieben, musikalischer Sozialisierung, Spiel- und Ausdrucksmöglichkeiten etc. vorliegt und Generalisierungen nur sehr begrenzt möglich sind. Vor allem ist es nicht möglich, die (Aus‑)Wirkungen der Musik vorherzusehen. Musik kann Konflikte und Widersprüchlichkeiten ›containen‹, diese aber auch hervorrufen, ›triggern‹, und damit z. B. Schuldgefühle, negative Selbstwahrnehmung und letztlich die Suizidalität verstärken. Es ist die Aufgabe der Therapeut:in, die musikalische Szene so zu gestalten, dass die Klient:innen vor negativen Erfahrungen mit der Musik geschützt sind bzw. sie darin zu unterstützen, das Erlebte für sich selbst gewinnbringend einzuordnen.
Zielsetzungen zu Therapiebeginn
Für die Anfangsphase der Behandlung wurde die Bedeutung des Beziehungsaufbaus und der Selbstkongruenz von Therapeut:innen bereits erläutert. Patient:innen, die noch sehr unter negativem Selbsterleben leiden, können von folgenden Zielsetzungen profitieren:
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Trost: Tröstende Worte zu finden, ist nicht immer einfach, und dort, wo es eine Berührung oder Umarmung bräuchte, sind die Möglichkeiten der meisten Berufsgruppen im stationären, klinischen Kontext begrenzt. Hier kann die Musik ins Spiel kommen — sie kann ein Gehalten-Sein oder Umarmt-Werden ersetzen. Trost zu erleben, kann bei suizidalen Patient:innen eine spontane emotionale Reaktion hervorrufen, möglicherweise fließen Tränen. Doch ist Vorsicht geboten, denn die Klient:innen dürfen nicht im Empfangen von Trost steckenbleiben (Gefahr der malignen Regression8).
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Universalität von Leiden vermitteln: Ohne zu bagatellisieren, sollte herausgestellt werden, dass Leid zum Menschsein gehört und es viele Menschen gibt, die ebenfalls großem Leid ausgesetzt sind.
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Stützen des Selbstwertgefühls
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Minderung von Schuldgefühlen
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Akzeptanz
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Selbstmitgefühl
Häufig kommen in der Anfangsphase rezeptive Methoden zur Anwendung, da aktives Musikspiel (noch) nicht möglich ist (Ausnahmen bestätigen die Regel). Interventionen hierzu können sein: gemeinsames Musikhören, Für-Spiel9 oder rezeptive, vibroakustische Intervention mit dem Behandlungsmonochord (Klangliege, Liegemonochord).
Letzteres biete ich gerne Patient:innen an, die noch sehr erschöpft und kraftlos wirken. Vorsicht ist hingegen bei Menschen mit schweren strukturellen Störungen (Gefahr der Abhängigkeit, maligne Regression) und posttraumatischen Belastungsstörungen (Gefahr von Triggern und Retraumatisierungen) geboten. Ein Aversionstest ist vor Beginn der Behandlung mit dem Liegemonochord unerlässlich, um die Reaktionen auf den Klang gut einschätzen zu können. Manche Patient:innen stimmen trotz eines mulmigen Gefühls der Behandlung zu, da sie sich auf unser Urteilsvermögen verlassen oder ihre Handlungen und Entscheidungen an vermeintlichen sozialen Erwartungen ausrichten. Ist die Behandlung möglich, kann folgendes Erleben zum Tragen kommen: Zuwendung erfahren, sich selbst ›aushalten‹ können, Stress und Unruhe abbauen (Entspannung), assoziatives Denken/Wahrnehmen anregen (Ressourcen erinnern) und Transzendenz erleben (Spiritualität wiederbeleben).
An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf die Selbstkongruenz zurückzukommen. Wenn wir unseren Patient:innen eine rezeptive Methode anbieten, bedeutet dies auch, dass wir Therapeut:innen vom Aushalten ›erlöst‹ sind und aktiv werden können. Wir können unseren Patient:innen etwas Gutes tun, und sie werden sehr dankbar dafür sein. Jedoch ist es notwendig, gut zu prüfen, wie lange eine rezeptive Behandlung gut und sinnvoll ist oder ob wir bereits gemeinsam mit unseren Patient:innen die notwendige (Selbst‑)Konfrontation und das Weitergehen vermeiden. Auch hier bestehen große Unterschiede im Verhalten der Klientel. Einige äußern an einem geeigneten Punkt aus eigenem Antrieb, dass sie in ein aktives Tun wechseln möchten, andere wiederum benötigen unsere Motivation, um einen nächsten Schritt wagen zu können. Es bietet sich an, die interdisziplinären Teamsitzungen zu nutzen, um einen gemeinsamen Handlungsfokus bzw. die Verteilung der Rollen im Team zu besprechen. Suizidale Patient:innen befinden sich nicht selten in komplexen Lebenssituationen mit vielen Baustellen, die in ihrer Gesamtheit nicht während des stationären Aufenthalts bearbeitet und gelöst werden können.
Mögliche Herausforderungen im aktiven Musikspiel zu Therapiebeginn
Für Menschen mit frühkindlichen Störungen, Missbrauchserfahrungen oder Traumata ist es häufig nicht möglich, sich auf eine rezeptive Behandlung einzulassen. Beim Erstkontakt in der Musiktherapie können in solchen Fällen Herausforderungen auftreten, z. B. dass Musikinstrumente Reizüberflutung, Anspannung oder Überforderungsgefühle auslösen. Patient:innen, die noch wenig Abstand zu ihrem Belastungserleben haben, weichen manchmal beim Betreten des Musiktherapieraums buchstäblich zurück. Es ist spürbar, dass allein der Aufenthalt im Raum schon eine große Herausforderung darstellt. Hier gilt es, die Patient:innen nicht in die Musik zu ›zwingen‹. Das Gespräch kann anfangs wichtiger sein und zu einer Entlastung und zum Aufbrechen der suizidalen Isolation und Einengung führen. Sollten Patient:innen bestimmte Instrumente als Bedrohung empfinden, ist es notwendig, diese zu entfernen, abzudecken oder, wenn möglich, einen anderen Raum aufzusuchen, der weniger Reize bereithält. Auch das ›gemeinsame Aushalten‹ kann als therapeutische Intervention wirksam sein. Manifestieren sich Gegenübertragungsphänomene in einer Weise, die von Therapeut:innen als unaushaltbar wahrgenommen werden, ist es sinnvoll, dies — im Sinne der geteilten Wahrnehmung oder Aufmerksamkeit — zu verbalisieren. Es ist möglich, die Patient:innen zu fragen, ob es aushaltbar wäre, sich als Therapeut:in einen Klang zu suchen, um die Situation für sich selbst etwas zu entschärfen. Meist sind die Klient:innen einverstanden und froh über eine solche Initiative, doch sollten keine Erwartungen dahingehend bestehen, dass der Klang, den die Therapeut:innen für sich wählen, bei der Klientel auf Resonanz stößt. Es ist nicht sinnvoll, in diesem Fall die ganze Therapiestunde ›durchzuquälen‹. Besser startet man mit kurzen Einheiten und hält die Patient:innen im Therapie-Commitment, sodass sie an der nächsten Einheit teilnehmen und die Therapie nicht aufgrund von Überforderungsgefühlen abbrechen. Im weiteren Verlauf kann es helfen, die Interventionsvorschläge so zu formulieren, dass die Patient:innen leicht ablehnen können — dies unterstützt sie in ihrem Selbstwirksamkeitserleben und öffnet den Raum, um eigene Impulse wahrzunehmen.
Patient:innen mit einer zugrunde liegenden affektiven Störung spielen häufig in einer für dieses Störungsbild typischen Art und Weise nur einzelne Töne, kreisende Sequenzen oder Tonleitern, wobei die Kontakt- und Abstimmungsmöglichkeiten oft sehr begrenzt sind. Die Musik bildet damit die Einengung auf negative Gedankenspiralen (Gedankenkreisen) ab. Die musiktherapeutischen Interventionen zielen dann darauf ab, Wahrnehmung, Ausdruck und Akzeptanz der eigenen Emotionen zu unterstützen.
Andere Patient:innen wiederum fühlen sich angetrieben und finden keine Ruhe, sie sind pausenlos auf der Suche nach Lösungen für ihre Problematik im Außen und vermeiden so, sich ihren eigenen schwierigen Emotionen zu stellen. Diese Patient:innen erhoffen sich häufig, dass sie sich durch das Wiederaufnehmen einer früheren musikalischen Betätigung wieder in den Zustand vor der Krise zurückversetzen können. Da aber die Agitiertheit (auch ›Arousal‹ oder ›Hypernervosität‹) verhindert, dass Vorerfahrungen und musikalisches Können abgerufen werden können, resultieren aus dem verunglückten Versuch, an vergangene Zeiten anzuknüpfen, häufig erneute Versagens‑, Scham- und Schuldgefühle. Daher gilt es, den Bagatellisierungstendenzen der Patient:innen zu widerstehen und ein leistungsbetontes Musizieren sowie die rasche Suche nach positiven Veränderungsmöglichkeiten oder ›aufhellender‹ Musik zu vermeiden — der Ausdruck des aktuellen Befindens steht im Vordergrund. Es kann hilfreich sein, die Patient:innen bezüglich der beschriebenen Zusammenhänge aufzuklären, um Frustrationen zu vermeiden und in den Interventionen einen neuen Zugang zu vermeintlich Bekanntem zu ermöglichen.
Sonderfall psychotische Erkrankungen
Meine persönlichen Erfahrungen in der Behandlung von suizidalen Patient:innen, welche unter Erkrankungen aus dem psychotischen Formenkreis leiden, stellen sich weniger weitreichend dar als die bisher beschriebenen. Krisensituationen, in welchen die psychotische Symptomatik exazerbiert10, sind häufig Folge des Absetzens der notwendigen Medikation. Hier können drängende Suizidgedanken auftreten, die von imperativen Stimmen herrühren, welche nicht kontrolliert werden können. Patient:innen berichteten mir, dass im Zuge des gemeinsamen Musizierens die Stimmen in den Hintergrund träten und sich weniger quälend präsentierten. Leider gibt es keine Berichte zu einem nachhaltigen Effekt — mit dem Ende der Musiktherapieeinheit verschaffen sich die Stimmen wieder Oberhand. Trotzdem können wir dieser Klientel zumindest eine kurze Zeit Entlastung ermöglichen; erwünscht ist alles, was (musikalischen) Kontakt herstellt und im besten Fall Spaß bereitet. Die Beobachtungen gelten nicht für wahnhafte Inhalte im Zuge affektiver Erkrankungen oder bei Schuld- oder Verarmungswahn.
Sonderfall Borderline-Persönlichkeitsstörung
Kolleg:innen, die mit Menschen arbeiten, die an einer (emotional instabilen) Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, kennen wahrscheinlich folgendes Szenario: Die Patient:innen treten in einer (suizidalen) Krisensituation in die Klinik ein und können sich unter der Zuwendung des Klinikpersonals relativ gut stabilisieren. Sobald aber Eigeninitiative verlangt wird, im therapeutischen Kontext eine Konfrontation erfolgt oder andere potenziell belastende Situationen auftreten, tritt die Suizidalität wieder in den Vordergrund (Parasuizidalität). Die Patient:innen agieren, um weiter Zuwendung zu erfahren, das Behandlungsteam ist genervt, im schlimmsten Fall bereits ›gespalten‹ und es kursiert die Aussage »Die Suizidkarte wurde wieder gezückt«. Vielen Professionellen fällt es dann zunehmend schwer, in einer empathischen, wertschätzenden und validierenden Haltung zu bleiben. Mir persönlich hilft der Gedanke, dass diese Klient:innen an einer wirklich schweren Erkrankung leiden und der suizidale Appell anzeigt, dass ein Moment vorherrscht, in welchem keine andere Handlungsoption mehr zur Verfügung steht. Es handelt sich hier um ein (meist riesiges) Defizit auf der Ebene der Ich-Struktur (Kernselbst), dessen Behandlung Jahre, Jahrzehnte oder auch das ganze Leben in Anspruch nimmt. Die Musiktherapie kann dieser Klientel einen Rahmen bieten, in welchem unaushaltbare Gefühle deponiert oder ausagiert werden können, ohne zwischenmenschliche Beziehungen zu gefährden. Manchen Patient:innen gelingt es, die musikalische Betätigung im Sinne eines »Skills-Trainings« zu nutzen und in der Musik eine verlässliche Verbündete zu finden. Eine Patientin, die ich seit einigen Jahren betreue, nutzt in Situationen, in welchen sie sich nicht mehr adäquat verbal äußern kann, verschiedene Töne einer »Sound Machine«11, um das Pflegepersonal auf ihren Zustand aufmerksam zu machen und eine vorher besprochene Reaktionskette auszulösen, die zur Vermeidung schwerer Selbstverletzung oder Selbsttötung festgelegt wurde.12
Gruppentherapie
Ich persönlich habe Abstand davon genommen, akut suizidale Patient:innen in die Musiktherapiegruppe aufzunehmen. Nach meiner Erfahrung erleben suizidale Patient:innen in der Gruppe auf mehreren Ebenen Überforderungen, z. B. aufgrund der Anforderung, sich einzubringen und mitzuspielen, der Unkontrollierbarkeit der entstehenden Musik sowie der Rückmeldungen oder Reflexionen der Mitpatient:innen. Natürlich kann man argumentieren, dass die Teilnahme an der Gruppe der sozialen Isolierung entgegenwirkt, meist stehen dann aber die Themen der suizidalen Klient:innen im Zentrum und die Mitpatient:innen zeigen sich (z. B. aus Rücksichtnahme) in ihrem Ausdruck gehemmt. Häufig kommt auch der zuvor etablierte Gruppenprozess mit der Teilnahme einer suizidalen Person zum Stillstand. Die Teilnahme an der Gruppe kann nach genügender Stabilisierung und mit einsetzender Schwingungsfähigkeit erfolgen.
Zielsetzungen im weiteren Verlauf der Musiktherapie
Lebenskrisen oder Vorerkrankungen, die in Suizidalität münden, weisen eindrücklich darauf hin, dass Lebensweise, Lebensumstände, Motivationen, Selbstbild/Selbstkonzept, Einstellungen, Werte oder Glaubenssätze einer Veränderung oder Neubewertung bedürfen. Nach erfolgter Stabilisierung verlagert sich der Behandlungsfokus hin zu Bewältigungs- und Veränderungsprozessen und die Suizidalität tritt auch im Bewusstsein der Behandlungsteams häufig in den Hintergrund. Stabilität im Kontext des stationären Aufenthalts bedeutet noch nicht, dass die Krise überstanden ist und genügend Bewältigungsstrategien vorhanden sind, um das tägliche Leben wieder zu meistern. Rückfälle und erneutes Auftreten von Suizidalität bleiben möglich bzw. sind eher die Regel als die Ausnahme. Ein gewisses Maß an Skepsis ist angebracht, wenn die Suizidalität zu schnell nicht mehr thematisiert wird, die Patient:innen ärgerlich reagieren, sobald sie auf Suizidalität angesprochen werden oder wenn sich bei der Therapeut:in ein unbestimmtes, unbehagliches Gefühl einstellt.
Für die Zielsetzungen im weiteren Therapieverlauf möchte ich gerne das Konzept der Resilienz (vgl. Lang 2019) in Erinnerung bringen. Mit dem Fokus auf die Bewältigung von Krisensituationen bietet es die Möglichkeit, Behandlungsschwerpunkte unabhängig von störungsspezifischen Interventionen festzulegen, was bedeutet, dass eine Zielformulierung stattfinden kann, auch wenn noch keine Differenzialdiagnose vorliegt. Zentrales Moment für die Entwicklung von Resilienz und Voraussetzung für die Bewältigung von Krisensituationen ist das Auffinden und Fördern persönlicher Ressourcen wie »Beziehungsfähigkeit, Hoffnung, Selbstständigkeit, Fantasie, Kreativität, Unabhängigkeit, Humor, Reflexionsfähigkeit, Entschlossenheit, Mut und Einsichtsfähigkeit« (Berner 2010, 27; vgl. auch Wölfl 2005).
Berner nennt weiter folgende notwendige Kompetenzen zur erfolgreichen Bewältigung von Veränderungs- und Krisensituationen, die gefördert werden sollten: Selbstwirksamkeit, Selbstwertgefühl, effektive Copingstrategien, Eigenaktivität, persönliche Verantwortungsübernahme, soziale Kompetenzen, Problemlösefähigkeit und Konfliktlösestrategien (Berner 2010, 28). Schutzfaktoren können als Antagonisten der Risikofaktoren betrachtet werden. Die Bearbeitung diesbezüglicher Themenkreise unterstützt die Entwicklung von Resilienz: »Soziale Kontakte aufbauen und gute Beziehungen zu Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten pflegen; Probleme nicht als unüberwindlich sehen; Veränderungen als Teil des Lebens sehen; realistische Ziele anstreben; zum Handeln entschließen; auf Wachstumschancen achten; ein positives Selbstbild aufbauen; Perspektive bewahren; optimistisch bleiben; für sich selbst sorgen« (American Psychological Association zit. nach Berner 2010, 27). Als zu entwickelnde, wesentliche Resilienzfaktoren benennt Berner »Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, Verantwortung, Netzwerkorientierung und Zukunftsplanung« (ebd., 28).
Ich möchte empfehlen, in der Anwendung musiktherapeutischer Methodik und Interventionen das jeweilige persönliche Repertoire auszuschöpfen und dabei auch evidenten, in Institutionen gebräuchlichen therapeutischen Konzeptionen zu folgen. Die Therapieziele können im Verlauf entsprechend der Bedürfnisse und Möglichkeiten der Patient:innen angepasst werden.
Und wenn es dann doch geschieht …
Vollendete Suizide müssen leider immer wieder beklagt werden. Sie erfolgen häufiger nach dem Austritt aus dem stationären Setting als während des Aufenthalts. In meiner beruflichen Laufbahn würde ich die Anzahl mit durchschnittlich einem Suizid pro Jahr beziffern, wobei diese Rate in den Jahren 2020 und 2021 deutlich höher ausfiel. Ich persönlich kann mich auch nach fast vierzig Jahren klinischer Tätigkeit nicht daran gewöhnen. Die in der Musiktherapie als selbstverständlich angesehene und auch erwartete Bereitschaft zu Beziehung, empathischer Abstimmung und emotionaler Resonanz führt in meinem Erleben zu einer erhöhten Vulnerabilität hinsichtlich der emotionalen Betroffenheit nach einem vollendeten Suizid und bedingt, dass Verarbeitungsprozesse aktiv gestaltet werden müssen.
Mögliche persönliche Reaktionen
Die Bandbreite möglicher Umstände, unter welchen uns die Information über einen Suizid erreichen kann, sowie die Vielzahl an möglichen Reaktionen darauf können an dieser Stelle nicht hinlänglich erörtert werden. Typische und häufig auftretende Reaktionen sind Erschütterung und Betroffenheit, Sprachlosigkeit und Verständnislosigkeit sowie Gedankenkreisen mit der Frage »Was hätte ich bemerken und anders machen müssen?« Manchmal können vorangegangene Äußerungen oder Phänomene im Musikspiel der Suizidant:innen im Nachhinein in Zusammenhang mit dem Suizidereignis gebracht werden, was wiederum Schuldgefühle, Ärger oder die Suche nach ›schuldigen‹ Personen oder Ereignissen auslösen kann.
Möglichkeiten der Selbstfürsorge
Es ist wichtig und essenziell, in dieser Phase professionelle und persönliche Selbstfürsorge in den Fokus zu rücken. Hilfreich könnte z. B. sein, sich Zeit zu nehmen oder — auch wenn es übertrieben erscheint und Schuld- oder Schamgefühle gegenüber Kolleg:innen auslöst —, sich eine Zeit lang krank zu melden, um eigene Bedürfnisse zu evaluieren oder das Gespräch zu suchen. In entsprechenden Fällen ist zu überlegen, welche Gesprächspartner:innen in Frage kommen. Ein Austausch mit ebenfalls betroffenen Kolleg:innen kann hilfreich sein, aber auch zu zusätzlicher Belastung führen. Freunde oder Familienangehörige stellen vielleicht eine große emotionale Stütze dar, sind aber möglicherweise mit der Situation überfordert. Im Zweifelsfall möchte ich dringend empfehlen, professionelle Hilfe wie Supervision oder eine Therapie in Anspruch zu nehmen, insbesondere dann, wenn Sie den:die Suizidant:in aufgefunden haben, unter Schock stehen und/oder Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung entwickeln. Daneben kann je nach persönlicher Präferenz hilfreich sein: Improvisation für die verstorbene Person, Beten, Kerzenanzünden o. ä., Entscheidung über Teilnahme an Beerdigung oder Gedenkfeier abwägen. Alles, was entlastend wirkt, ist willkommen.
Postvention
In den UPK Basel kommt nach einem Suizid das Modell der Postvention zur Anwendung (vgl. Seibl et al. 2001, 316—22). Möglichst zeitnah erfolgen Nachbesprechungen unter oberärztlicher Leitung, in welchen alle beteiligten Personen des Behandlungsteams sowie die Patient:innengruppe informiert werden. Es werden unterstützende Gespräche zur Verarbeitung des Suizids angeboten. Das interdisziplinäre Team soll kurzfristig entlastet und die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt werden. Bei Bedarf kann interdisziplinäre oder persönliche Supervision (auch extern) in Anspruch genommen werden. In einer Abteilungsversammlung erfolgt die Information der Patient:innen. Emotionen sollen ausgedrückt und Fragen gestellt werden können; es werden Angebote für individuellen Support unterbreitet oder der Beizug der Spitalseelsorge angeboten. Das Gesprächsangebot für Angehörige soll den Hinterbliebenen die Möglichkeit bieten, nach dem Suizidtod eines Angehörigen emotionale Schwierigkeiten und Probleme anzusprechen und praktische Unterstützung zu erhalten (Informationen zu rechtlichen Abläufen, Weitervermittlung an Selbsthilfegruppen, Unterstützung bei der Verarbeitung und Bewältigung etc.). Die Einbindung der ›Satellitentherapeut:innen‹ in die Postvention ist vorgesehen, kann aber nicht immer realisiert werden. Die hier beschriebene Form der Postvention ist nicht in allen Kliniken üblich, wäre aber für alle in diesem Bereich tätigen Musiktherapeut:innen wünschens- und empfehlenswert.
Abschließende Worte
Die Ausarbeitung meiner Beiträge zum Symposium »Musik und Suizidalität« und zum vorliegenden Tagungsband aktualisierte mannigfaltige Erinnerungen an Therapieverläufe mit suizidalen Klient:innen, an durch Suizid verstorbene Patient:innen sowie an Inhalte aus Nachbesprechungen oder Supervisionen. In einigen Fällen zeigte sich im Nachhinein, dass Phänomene hinsichtlich Spielweise oder Verhalten in den vorangegangenen Musiktherapieeinheiten in Zusammenhang mit Motivation, Absicht oder der Art und Weise des Suizids gebracht werden konnten. Dies soll keinesfalls implizieren, dass Versäumnisse von einzelnen Musiktherapeut:innen oder des Behandlungsteams den Suizid begünstigten, dennoch möchte ich die in diesem Zusammenhang entstandenen Fragen zur Diskussion stellen:
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Könnten auftretende Spielarten oder Phänomene in der Musiktherapie auf Suizidalität hinweisen?
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Auf welchen Ohren/Augen sind wir taub/blind?
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Dürfen/Können wir Menschen, die dem Leben keinerlei Glücksmomente abgewinnen können, zum Leben zwingen?
Ohne die Fragen an dieser Stelle beantworten zu können, möchte ich zum Schluss darauf hinweisen, dass im klinischen Kontext die Mehrheit der suizidalen Klientel die Krise erfolgreich überwinden kann. Die Bereitschaft von uns Musiktherapeut:innen, uns auf düstere und lebensverneinende Gedanken und Gefühle der Patient:innen einzulassen und diese möglicherweise zu Ende zu denken, kann bei den betroffenen Menschen auch eine gegensätzliche Bewegung auslösen — nämlich den bewussten Entschluss zu fassen, sich dem Leben zuzuwenden und den notwendigen Veränderungsprozessen zu stellen.
Endnoten
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International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems. https://www.who.int/standards/classifications/classification-of-diseases. Zugriff am 2. August 2023.↩︎
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Satellitentherapeut:innen: Therapeut:innen, die nicht Teil der Abteilungsteams sind, z. B. Musik‑, Kunst- oder Ergotherapeut:innen.↩︎
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An dieser Stelle seien insbesondere Kolleg:innen, die nicht an ein klinisches Umfeld angebunden sind, auf die Arbeiten von Bernd Kozel (2014; 2015) verwiesen, welche Arbeitsblätter und valide Fragebogen zur Einschätzung der Suizidalität beinhalten, die gemeinsam mit den Patient:innen erhoben werden können.↩︎
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Schneider referiert hier auf: Gernot Sonneck und Elmar Etzersdorfer. 1992. »Krisenintervention«: In Therapie bei Suizidgefährdung; Ein Handbuch, hg. von Hans Wedler, Manfred Wolfersdorf und Rainer Welz. Regensburg: Roderer.↩︎
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Schneider bezieht sich hier auf Carl R. Rogers. 1975. Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie. München: Kindler-Verlag, 59.↩︎
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Schneider bezieht sich hier auf Carl R. Rogers. (Engl. 1959) 1987. Eine Theorie der Psychotherapie, der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehungen. Köln: GwG-Verlag, 40.↩︎
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Iso-Prinzip bedeutet nach der in der Musiktherapie angewandten Definition von Rolando Omar Benenzon (2007), dass (musikalische) Interventionen der Therapeut:innen auf die vorliegenden mentalen, emotionalen und musikalischen Möglichkeiten der Klientel abgestimmt sein müssen.↩︎
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Maligne Regression: Form der Regression, welche nicht im Dienst der Selbstentwicklung steht, sondern die Erfüllung grundlegender Bedürfnisse vom Gegenüber einfordert (Balint 2019).↩︎
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Für-Spiel: Eine musiktherapeutische Improvisation von Therapeut:innen für Patient:innen.↩︎
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Exazerbation: Verschlechterung der Symptomatik oder des Gesamtzustands.↩︎
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Eine »Sound Machine« ist ein kleines Gerät mit verschiedenen Geräuscheffekten.↩︎
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Weitere Ausführungen zu diesem Störungsbild würden den vorliegenden Rahmen sprengen, daher sei auf entsprechende Weiterbildungen, Supervision oder Fachliteratur verwiesen (z. B. Rauchfleisch 2019 oder Fiedler und Herpertz 2022).↩︎
Literaturverzeichnis
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