Markus Storf, Rita Becker, Réka Bégány, Giovanni Luca Campagna, Nina Fried, Teresa Heugl, Boglárka Horváth, Jelena Petener und Tanja Wimmeder
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Storf, Markus, Rita Becker, Réka Bégány, Giovanni Luca Campagna, Nina Fried, Teresa Heugl, Boglárka Horváth, Jelena Petener und Tanja Wimmeder. 2025. »Zur Rolle der Musik in der Netflix-Serie Tote Mädchen lügen nicht«. In Musik und Suizidalität. Interdisziplinäre Perspektiven, hg. von Julia Heimerdinger, Hannah Riedl und Thomas Stegemann. Wien und Bielefeld: mdwPress.
Abstract
Abstract
Die Netflix-Serie Tote Mädchen lügen nicht (13 Reasons Why, USA 2017) handelt von einer Jugendlichen, die sich suizidiert und vor ihrem Tod 13 Gründe auf Kassetten aufzeichnet, die sie zu ihrer Entscheidung geführt haben. Im Verlauf der Handlung werden vor allem Mitschüler:innen, denen sie schwere Vorwürfe macht, mit den Aufnahmen konfrontiert. Der Beitrag, der im Rahmen eines interdisziplinären Seminars (Musikwissenschaft und Musiktherapie) an der mdw — Universität für Musik und darstellende Kunst Wien entstand, beschäftigt sich zum einen mit dem Einsatz der Musik (etwa 70 Songs sowie Originalmusik des US-amerikanischen Musikers Eskmo), zum anderen mit der Frage der Wirkung der ersten Staffel auf ein jugendliches Publikum. Kritisch diskutiert werden in diesem Zusammenhang das Identifikationspotenzial mit der Hauptfigur und mögliche Effekte der Serie hinsichtlich Nachahmungssuiziden (»Werther-Effekt«).
Übersicht
Übersicht
Einleitung
Synopsis
Zum Musikeinsatz allgemein
Die Originalmusik von Eskmo
Die Songs
Gespräche über Musik
Identifikation mit Hannah Baker
Die Darstellung von Hannahs Suizid
»Werther-Effekt« und »Papageno-Effekt«
Studienlage zum Werther-Effekt in Zusammenhang mit der Ausstrahlung der ersten Serienstaffel
Schlussbemerkungen
Literaturverzeichnis
Einleitung
Im Wintersemester 2021/22 fand an der mdw — Universität für Musik und darstellende Kunst Wien erstmalig eine gemeinsam vom Institut für Musikwissenschaft und Interpretationsforschung und vom Institut für Musiktherapie organisierte Lehrveranstaltung statt. Das Seminar »Zur Rolle der Musik in der Netflix-Serie Tote Mädchen lügen nicht« (Originaltitel: 13 Reasons Why, USA 2017) richtete sich an Studierende der Instrumental- und Gesangspädagogik sowie der Musiktherapie. Das im interdisziplinären und institutsübergreifenden Lehrsetting (Teamteaching) konzipierte Seminar hatte zum Ziel, die Musikauswahl für die erste Staffel der Serie zu untersuchen, den Musikeinsatz und deren Wirkungen zu analysieren und sich mit der Rezeption von (fiktionalen) Medien durch jugendliche Zuschauer:innen kritisch auseinanderzusetzen. Zu den Lernzielen zählten das Einüben filmmusikanalytischer Werkzeuge, das Kennenlernen psychologischer Theorien zur Suizidalität sowie medienpsychologischer Studien.1
Synopsis
Die auf dem gleichnamigen Roman von Jay Asher (2007) basierende US-amerikanische Serie 13 Reasons Why (Tote Mädchen lügen nicht, Staffel 1) wurde am 31. März 2017 vom Streamingdienst Netflix veröffentlicht und erzählt in 13 Folgen (à ca. 50 Minuten) die fiktive Geschichte des Suizids der 17-jährigen Schülerin Hannah Baker, dessen Vorgeschichte und Nachwirkungen insbesondere auf ihre Mitschüler:innen und Eltern.
Die Handlung beginnt kurz nach Hannahs Tod. Dennoch tritt sie in der Serie im Rahmen von Rückblenden, Halluzinationen, Flashbacks und vor allem als Erzählerin auf: Hannah hinterlässt sieben Audiokassetten bzw. führt auf 13 Kassettenseiten 13 Gründe an, weshalb sie sich dazu entschlossen habe, sich das Leben zu nehmen. Wie sich nach und nach herausstellt, macht sie hauptsächlich das Verhalten ihrer Mitschüler:innen und des Vertrauenslehrers für ihren Suizid verantwortlich. Bevor Hannah stirbt, schickt sie die Kassetten an Justin Foley (einer der Beschuldigten) und legt ihrem Mitschüler Tony Padilla Kopien der Kassetten vor die Tür, der dafür sorgen soll, dass jede der von ihr bestimmten Personen sich die Kassetten anhört und danach an die nächste in einer vorgeschriebenen Reihenfolge weitergibt. Auf diese Weise erzählt sie verschiedene Geheimnisse über ihre Mitschüler:innen, aber auch Ereignisse, die nur sie selbst betreffen. Hannahs Aufzeichnungen drehen sich um Themen wie Enttäuschung, Schuld, Gerüchte, Verrat oder seelische Verletzungen. Im Laufe der Serie bekommt das Publikum einen immer tieferen Einblick in Hannahs Geschichte und ihre Erfahrungen mit Mobbing, Stalking und sexueller Gewalt.
Als Hannah bei einer Party von ihrem Mitschüler Bryce Walker vergewaltigt wird (Folge 12), sieht sie sich in einer ausweglosen Situation. Sie ist davon überzeugt, dass ihr Leben sich nicht mehr zum Besseren wenden kann. Als letzten Hilferuf sucht Hannah das Gespräch mit dem Vertrauenslehrer der Schule, Mr. Porter (Folge 13). Das Gespräch, in dem sie ihre Gefühle schildert und von der Vergewaltigung erzählt, nimmt sie auf die letzte Kassette auf. Sie versucht Porter klarzumachen, dass es ihr sehr schlecht geht und deutet Suizidgedanken an. Dieser antwortet ihr, sie müsse, um eine Anzeige machen zu können, den Namen des Schülers bekanntgeben oder solle andernfalls versuchen, über das Erlebte hinwegzukommen. Daraufhin sieht Hannah ihr Schicksal als besiegelt an, trifft noch einige für sie wichtige Vorkehrungen und nimmt sich im Badezimmer ihres Elternhauses das Leben, indem sie sich die Pulsadern aufschneidet. In der ursprünglichen Fassung der Serie wurde der Suizid Hannahs explizit gezeigt, in der 2019 gekürzten Fassung sieht man nur mehr, wie sich Hannah ein letztes Mal im Spiegel betrachtet und wie ihre Mutter sie tot in der Badewanne findet.
Einer der wenigen Lichtblicke in Hannahs Leben ist ihr Mitschüler Clay Jensen, der Protagonist des Handlungsstrangs, der nach Hannahs Tod spielt. Auch ihn erreichen die Kassetten, und die Zuschauer:innen erfahren gemeinsam mit ihm, was Hannah passiert ist. Zu Hannahs Lebzeiten entstehen zwischen den beiden romantische Gefühle, sie schaffen es jedoch nur schwer, sich näher zu kommen. Clay ist von Hannahs Tod zutiefst betroffen und will wissen, ob sie auf den Kassetten die Wahrheit erzählt. Er kommt mit den Geschehnissen und den Geheimnissen seiner Mitschüler:innen schwer zurecht und ist einige Zeit von der Angst getrieben, auch er hätte Hannah etwas angetan. Hannah erwähnt ihn auf ihren Kassetten aber nicht als Mitschuldigen, sondern sie möchte, dass er versteht, warum sie sich das Leben genommen hat.
Nachdem Clay Bryce Walker zu einem Geständnis bewegt hat, das er auf die vierzehnte Kassettenseite aufnimmt, gibt er die Kassetten weiter an den Vertrauenslehrer Mr. Porter. Tony, der die Kassetten (inkl. Seite 14) digitalisiert hat, bringt Hannahs Eltern einen USB-Stick mit den Aufnahmen, um auch ihnen zu ermöglichen, den Suizid ihrer Tochter zu verstehen. Sie haben zu diesem Zeitpunkt bereits Klage gegen die Schule erhoben, um sie für den Tod ihrer Tochter zur Verantwortung zu ziehen. Der auf diese Klage hin stattfindende Prozess wird Gegenstand der zweiten Staffel der Serie sein.
Die Serie wurde nach ihrem Erscheinen vielfach kritisiert: Psycholog:innen und Suizidpräventionsorganisationen problematisierten v. a. die explizite Darstellung des Suizids und befürchteten Nachahmungstaten. Die National Association of School Psychologists in den USA riet beispielsweise davon ab, die Serie vulnerablen Jugendlichen zu zeigen, da die mitreißende Erzählung dazu führen könnte, die Entscheidungen der Charaktere zu romantisieren bzw. den Suizid zu glorifizieren (National Association of School Psychologists 2017; siehe auch Banzer et al. 2017). Neben dem Thema Suizid werden in der Serie weitere schwierige Themen wie sexuelle Gewalt oder Drogenkonsum angesprochen. Die in der Geschichte vorkommenden Helfersysteme (Eltern, Vertrauenslehrer) wirken jedoch nicht vertrauenswürdig oder versagen gänzlich. Dies, so ein weiterer Kritikpunkt, könne insbesondere bei jungendlichen Zuschauer:innen ein Gefühl der Machtlosigkeit auslösen. Nicht nur in den USA, sondern auch im deutschsprachigen Raum wurde entsprechende Kritik geäußert, wie in einer gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) herausgegebenen Stellungnahme:
Die TV-Serie […] verletzt bewusst anerkannte Richtlinien, indem sie
- den Suizid der Hauptfigur drastisch und detailliert zeigt,
- die Hauptfigur mit einem großen Identifikationspotential ausstattet,
- den Suizid als letzten Ausweg und gleichsam als logische Konsequenz der erlittenen Traumata darstellt,
- keine Strategien und Hilfsangebote thematisiert, die Menschen in suizidalen Krisen effektiv helfen könnten, und
- die Hauptfigur posthum in ihrer sozialen Position aufwertet. (Romanos et al. 2017)
Bevor auf die genannten Kritikpunkte näher eingegangen wird, soll ausführlich dargestellt werden, welche Rolle Musik in der Serie spielt und wie sie zur Gesamtwirkung der Serie beiträgt.
Zum Musikeinsatz allgemein
Musik ist über weite Strecken der Serie und auf verschiedenen Ebenen präsent. Im Wesentlichen gibt es zwei Arten von Musik: original für die Serie komponierte Tracks des Musikers Eskmo und Songs, die von der Musik-Supervisorin der Serie, Season Kent, ausgewählt und mit Eskmos Tracks zusammengestellt wurden. Sowohl die Originalmusik als auch die Songs vermitteln vielfach eine düstere, melancholische und traurige Atmosphäre.
Die Originalmusik von Eskmo besteht aus elektronischen Tracks, die vereinzelt auch akustische Musikinstrumente (Gitarre, Klavier u. a.) miteinbeziehen. Sie nehmen Bezug auf die Protagonist:innen oder auf wiederkehrende Elemente der Serie, z. B. die Highschool oder die 13 Kassetten. Daneben enthält die erste Staffel rund 70 Songs, wovon viele aus den 1980er-Jahren stammen, u. a. von den Bands Joy Division, The Cure oder Ultravox. Es finden sich zudem einige Coverversionen von Songs aus dieser Zeit, wie Selena Gomez’2 speziell für die Serie produzierte Fassung von Vince Clarkes Song »Only You« (1982), aber auch aktuelle Stücke, wie »How it ends« von Great Elk (2015) oder »Bored« von Billie Eilish (2017), der ebenfalls für die Serie geschrieben wurde. Insgesamt sind die Songs hauptsächlich den Genres Indie, Alternative (Rock), Synth-Pop, New Wave und Post-Punk zuzurechnen und fügen der Erzählung weitere Ebenen hinzu; dies betrifft sowohl die Gestaltung von Grundstimmungen als auch die inhaltliche Metaebene. Viele der Titel handeln von Einsamkeit oder Tod. Auch die Hintergrundgeschichten einiger Bands stehen mit Themen wie Suizidalität und Depression in Verbindung.
Während die Songs vielfach kommentierend wirken, dimensioniert die für die Serie geschriebene Originalmusik die Protagonist:innen emotional. Laut Season Kent sollte die Musik den Zuschauer:innen u. a. helfen, die Gefühle der Protagonist:innen besser zu verstehen. Letztere Art der Verbindung von Musik und Bild hat eine empathische Funktion, d. h. sie ist auf die emotionale Ebene der Musik bezogen. Um dies zu unterstützen, kann die Verknüpfung synchron sein, z. B. wenn die Handlung mit dem Liedtext zusammenpasst. Es gibt wenige Musikeinsätze in der Serie, bei welchen die Handlung und die Musik kontrastierenden Charakter haben. Dies kann für die Zuschauer:innen überraschend wirken. In solchen Fällen kann man von einem kontrapunktischen oder anempathischen Einsatz der Musik sprechen. Ein Beispiel für einen solchen Einsatz findet sich zu Beginn von Folge 6 in einer Szene, in der sich zwei Jungs heftig miteinander prügeln, während man einen fröhlichen Song über das Thema Freundschaft hört: »It All Feels Right« von Washed Out (2013). In dieser Szene werden abwechselnd die Prügelei und Vorbereitungen anderer Schüler:innen zum Valentinstag gezeigt, was die Kontrastwirkung noch steigert.
Um die Rolle der Musik in der Serie beurteilen zu können, ist es außerdem wichtig zu unterscheiden, für wen die Musik hörbar ist: ob die Protagonist:innen sie in der betreffenden Szene selbst hören können — im Fachjargon wird dies als »diegetische Musik« bezeichnet — oder ob sie ausschließlich für die Zuschauer:innen wahrnehmbar ist — sogenannte »extradiegetische Musik«. Beide Arten von Musik kommen in der Serie vor, wobei die extradiegetische Musik überwiegt. Vereinzelt finden sich auch Mischformen, d. h. Musik, die zwischen der diegetischen und extradiegetischen Ebene wechselt, wie z. B. in der ersten Folge, in der Tony den Song »Love Will Tear Us Apart« von Joy Division (1980) im Auto auflegt (= diegetisch), der in der anschließenden Einstellung als Hintergrundmusik weiterläuft (= extradiegetisch).
Die Originalmusik von Eskmo
Eskmo, ein US-amerikanischer Produzent und Komponist elektronischer Musik, produzierte für die erste Staffel 16 Tracks bzw. Themen, die sich v. a. auf die Protagonist:innen der Serie (»Hannah«, »Clay«, »Justin«, »Jessica« usw.) sowie auf den zentralen Handlungsort (die Schule »Liberty High«) oder wiederkehrende Aktionen bzw. Gegenstände (»Riding«, »13 Tapes«) beziehen. Insgesamt haben die Tracks einen düsteren, kühlen, atmosphärischen, oft auch traurigen Charakter, d. h. viele sind langsam, harmonisch moll-lastig, verwenden teilweise schwer einzuordnende elektronische Klänge, u. a. dumpfe, kratzende, verzerrte oder wabernde Sounds, und haben einen großen Hallraum, was den Eindruck von Verlorenheit und Einsamkeit unterstützt. Die Tracks benutzen neben jeweils etwas unterschiedlichen Sounds auch verschiedene (teils akustische) Instrumente und greifen damit etwas für die entsprechende Person bzw. das entsprechende Objekt und deren Rolle oder Funktion Charakteristisches auf. Beispielsweise wird im Track »Alex« eine E-Gitarre verwendet, die der Protagonist selbst spielt. Auch auf den ersten Blick weniger sichtbare Aspekte werden mit der Musik angedeutet, wie die Traurigkeit und Fragilität Justins, der sich in der Gruppe seiner Baseballteam-Freunde scheinbar selbstsicher gebärdet.
Im Folgenden sollen die Themen »Hannah«, »Justin« und »Clay« im Kontext einzelner Szenen in der Serie vorgestellt werden. Insgesamt ist bemerkenswert, dass alle rollenbezogenen Themen nur an einigen ausgewählten Stellen vorkommen. Obwohl Hannah die Hauptfigur ist, ist ihr Track in den 13 Folgen nur dreimal zu hören.
»Hannah«
Hannahs Thema ist wie alle Tracks von Eskmo durch elektronische Sounds geprägt. Zentrales Element ist ein auf einem Klavier gespieltes, melancholisch wirkendes und klangtechnisch verzerrtes Thema über einer durchlaufenden einfachen Begleitfigur. Die Aussage von Eskmo, dass er Hannahs Musik einen ›unschuldigen‹ Charakter geben wollte, lässt sich beim Hören nachvollziehen. Im Laufe des Tracks kommen ein reduziertes und langsames Schlagzeug und einige düster wirkende Klänge dazu, die vielleicht den Verlauf der Handlung andeuten sollen bzw. auf Hannahs Suizid anspielen. Der Track ist zum ersten Mal zu Beginn von Folge 2 in einer Szene zu hören, in der Clay eine von Hannahs Audiokassetten auf dem Walkman anhört. Man sieht ihn an seinem Schreibtisch sitzen, auf dem Sofa und auch auf dem Boden liegen. Zwischendurch werden kurze Sequenzen mit Hannah gezeigt, z. B. wie sie die Kassette aufnimmt oder ihre Arbeitsuniform im Kino abgibt, in dem Clay gerade arbeitet. Clay scheint sich in den Erinnerungen an Hannah zu verlieren.
Hannahs Track ist später noch zweimal zu hören: in Folge 8, wenn Clay Hannahs Mutter eine Zeitschrift bringt, in der ein handgeschriebenes Gedicht von Hannah abgedruckt ist und in Folge 12 in einer Szene, in der Hannah verzweifelt ist, weil sie einige hundert Dollar ihrer Eltern verloren hat, die sie zur Bank bringen sollte. Während man sie auf ihrem Bett liegen sieht, hört man sie auf einer der Kassetten sagen: »It seemed like no matter what I did, I kept letting people down. I started thinking how everyone’s lives would be better without me«. Sie artikuliert hier, dass sie sich als eine Last für ihre Mitmenschen empfindet und zeigt damit eines der Symptome für Suizidalität (»perceived burdensomness«), das Thomas Joiner (2005) im Rahmen der Interpersonellen Theorie suizidalen Verhaltens beschreibt.
»Justin«
Justins Thema liegt ein statischer, wabernder Sound auf dem Ton d zugrunde. Dazu werden nach und nach weitere, zeitweise auch rauhere Sounds entfaltet. Am markantesten ist eine sehr schlichte Tonfolge, die auf einem mit Stanniol und Papier präparierten Klavier gespielt wird: Zunächst hört man nur ein langsam wiederholtes a, später kommt auch ein Wechsel mit dem Ton g dazu. Das Thema wirkt resigniert und traurig.
Eskmo sagte zu Justins Track:
Take Justin, for example. He can be one of the bad guys, doing some shady stuff and involved in whatever. Despite this, it came about naturally for me to actually want to create something super soft for him, as a musical motif that would come in and out a few times in the series. So, it felt right to portray this kid as somebody who was genuinely wanting to do right, but just not really strong enough to stand up for himself, because he has his own family issues going on. I think he was a good example that also happened in a handful of places throughout the series. Through the score, I tried to create the inner landscape of the characters, not necessarily just what was happening on the outside. (Morris 2017; Hervorhebung durch die Autor:innen.)
Das Thema ist etwa zu hören, wenn sich Justin in Folge 3 allein im Haus seines Freundes Bryce Walker befindet und ein Foto von dessen scheinbar perfekter Familie betrachtet. Justin ist aus Verzweiflung von zuhause weggegangen, da seine Mutter drogenabhängig ist und einen gewalttätigen Partner hat. Die Musik spiegelt offenbar Justins Traurigkeit und Zerbrechlichkeit wider. Sein Thema kommt von allen personenbezogenen Tracks mit Abstand am häufigsten in der Serie vor, mitunter auch in Szenen oder Momenten, in denen es nicht um seine Person geht, wie in Folge 11, wenn Tony und Clay mit dem Auto aus der Stadt fahren. Vermutlich soll in diesen Momenten eine entsprechende Stimmung geschaffen werden.
»Clay«
Das Grundmotiv dieses langsamen und ebenfalls düster-traurigen Tracks bilden drei absteigende Klavierakkorde auf den Basistönen g-fis-e und der anschließenden aufsteigenden Folge g-a-h. Es kommt in der Serie nur zweimal vor: das erste Mal in Folge 11, als Clay in Tonys Auto sitzt und die Kassette hört, in der Hannah über ihn spricht. Sie sagt, dass Clay keine Schuld an ihrem Tod trage: »Your name does not belong on this list. But you need to be here if I’m going to tell my story. If I’m going to explain why I did what I did«. Dieser Moment ist für die Erzählung zentral. Den dritten Akkord (auf- und absteigend) hört man immer dann, wenn Hannah eine Sprechpause macht, die Musik ist genau mit ihrer Rede synchronisiert. Dadurch wird die Spannung aufrechterhalten. Vereinzelt sind kratzende Streicherklänge eingestreut. Dieser Effekt macht die Musik noch düsterer, fast so, als sollten diese Klänge Clays Schmerz darstellen. Sie verleihen der Situation eine besondere Bedeutung — die Musik wirkt dadurch zart und schwerwiegend zugleich. Clay fühlt sich nach Hannahs ›Absolution‹ noch immer schuldig: Diese Szene ist ein Schlüsselmoment der Serie und die Musik unterlegt diesen eindrucksvoll.
Es ist auffällig, dass Eskmo in einigen, besonders in den zentralen Themen von Hannah oder Justin Klavierklänge einsetzt, die aber durchweg klangtechnisch verfremdet sind. Er begründet die Verwendung des Klaviers damit, dass er den — recht kalt und distanziert wirkenden — elektronischen Elementen etwas Weicheres und Emotionales entgegensetzen wollte (Morris 2017). Tatsächlich entsteht durch diese verschiedenen Klangfarben eine Kontrastwirkung. Eskmos Musik ist im Vergleich zu den Songs eher in ruhigen Momenten der Serie zu hören und kreiert dort sehr effektiv entsprechende Stimmungen.
Die Songs
In der Serie sind neben der Musik von Eskmo etwa 70 Songs zu hören. Wie oben bereits bemerkt, stammen viele davon aus den 1980er-Jahren, darunter einige, die den Genres New Wave bzw. Post-Punk zugerechnet werden können. Manche Songs stechen bezüglich ihrer Verwendung heraus, wie »Love Will Tear Us Apart« (1980) von Joy Divison, der auch deshalb eine Verbindung zum Thema der Serie hat, da er kurz vor dem Suizid des Sängers und Texters der Band, Ian Curtis, aufgenommen wurde. Solche Hintergrundinformationen geben der Serie eine weitere Bedeutungsebene. Der Song ist in der ersten Folge während einer Autofahrt Clays und Tonys laut zu hören, daneben gibt es weitere Arten von Referenzen, z. B. hängt im Zimmer ihres Mitschülers Alex, der in Folge 12 einen Suizidversuch unternimmt, ein bekanntes Poster von Joy Division.
Bemerkenswert ist auch »Vienna« von Ultravox (1980) — ebenfalls eine Synthie-Pop‑/New-Wave-Band. Der Song, der laut dem Ultravox-Bandmitglied Midge Ure inhaltlich eigentlich nichts mit Wien zu tun habe, sondern von einer verblassten Urlaubsromanze handle,3 wird in Folge 13 zu den letzten Aktionen Hannahs vor ihrem Suizid gespielt. Die Musik und der Text sind sehr genau auf Hannahs Worte abgestimmt: Sie habe sich nicht genug um sich selbst gekümmert und sagt »And I’m sorry«, als im Songtext die Worte »The feeling has gone« und »It means nothing to me« zu hören sind. Sie spricht davon, dass dies »das Ende der 13. Kassette« sei und schließt mit den Worten »There is nothing more to say« auf einen Plagalschluss in F-Dur, als hätte sie nun ihr Ziel erreicht. Scheinbar positiv erklingt C-Dur, während sie die letzte Kasette fertigstellt.
Season Kent begründet ihre Auswahl folgendermaßen:
When Brian Yorkey (our creator/showrunner) and I had initial conversations, the post punk world of the 80s was where he wanted the sound and tone of the show to be, partially due to the analog world we live in with the tapes, and partially as a fan of that genre for his storytelling purposes. We are telling the story of these kids and their emotional states through lyrics, instrumentation, tempo, arrangements and specific tones, so obviously the emotional expression of many of these artists was the fit we were looking for, in a very honest and genuine way. Our goal is never to go after artists with their specific mental illness issues as the driving force to pair with our show. We are trying to be true to these characters’ emotions in the most honest and relatable way we can. Depression is a horrible disease, and one we hope our show helps bring into the conversation more, especially with teens. (Zit. nach Combemale 2018)
Hinter der Musikauswahl steht laut Kent also u. a. die Absicht, die Themen Depression und Suizidalität zu enttabuisieren.
Die meisten Songs werden in der Serie extradiegetisch genutzt. Einige ausgewählte Stücke spielen dagegen im Rahmen der Handlung eine wichtige Rolle, wie das erwähnte »Love Will Tear Us Apart« von Joy Division oder das melancholische »The Night We Met« (2015) der Indie-Folk/Indie-Rock-Band Lord Huron, das Tony während des Schulballs (Folge 5) auflegt und zu dem Clay und Hannah tanzen. In dieser Szene wird ihre gegenseitige Zuneigung offensichtlich und der Song — in der Zeitschrift Under the Radar treffend als »heartbreaking waltz« bezeichnet (Connor 2015) — nach Hannahs Tod zu Clays Erinnerungstrigger. Er handelt davon, dass der Ich-Erzähler sich in die Nacht zurückwünscht, in der er und die angesprochene begehrte Person sich getroffen haben; es bleibt dabei unklar, ob diese ihn verlassen hat oder tot ist. Der Text entfaltet im Rückblick auf die Geschehnisse in der Serie eine besondere Bedeutung: »I had all and then most of you / Some and now none of you / Take me back to the night we met / I don’t know what I’m supposed to do / Haunted by the ghost of you / Take me back to the night we met«. Bereits zu Beginn von Folge 5 bekommt man eine mit dem Song unterlegte Traumvorstellung Clays zu sehen, wie der Abend hätte verlaufen sollen. Diese Version endet jedoch mit einer Schreckensvision von Hannahs Suizid. Die Musik wird an dieser Stelle stark verzerrt, offensichtlich mit der Absicht, den Horror des Moments zu unterstreichen. Später in der Folge sieht man, was an dem Abend tatsächlich passiert ist.
Bei der Betrachtung der vielen verschiedenen Songs und ihrer Verwendung wird deutlich, dass selbst in Momenten, in denen sie unauffällig im Hintergrund laufen (wie der diegetisch eingesetzte Song »Bored« von Billie Eilish in einem Café), meist eine tiefere Bedeutung ›versteckt‹ ist. So z. B. auch bei dem Song »It Says« von Soft Limbs (2015), ein oberflächlich betrachtet fröhlicher Song, der auf Jessicas Party läuft, nachdem sie von Bryce vergewaltigt wurde. Der Text beschreibt jedoch ein Erlebnis, das einen im negativen Sinn nicht mehr loslässt (»it bled in a horrible way«, »it dies«).
Ein wichtiger Aspekt für die Gesamtwirkung der Songs — aber auch der Originalmusik von Eskmo — ist sicher nicht zuletzt ihr breitflächiger und wiederholter Einsatz, der die Serie stimmungs- und bedeutungsmäßig kontinuierlich ›auflädt‹.
Gespräche über Musik
Musik spielt auch in einigen Gesprächssequenzen der Serie eine Rolle. Das Sprechen über bestimmte Stücke oder allgemein über Musikalisches gibt Aufschluss über das Gefühlsleben der Jugendlichen und hat darüber hinaus narrative bzw. dramaturgische Funktionen. Drei Beispiele sollen hier näher betrachtet werden.
Referenz auf den ›Suicide Song‹ »Gloomy Sunday«
In Folge 3 kommt Alex, ein ehemaliger Freund Hannahs, der Gitarre spielt, zu einem Auftritt der Highschool Big Band auf den Schulhof, wo ihm die Saxophonistin sagt, dass sie mit dem Stück »Take Five« beginnen sollen, da der Leiter denkt, es würde die Stimmung heben. Alex reagiert mit der sarkastischen Bemerkung, »If they want a spirit-raiser, how about ›Gloomy Sunday‹?«, und spielt damit auf einen berühmten ›Suicide Song‹ an.4 Es entwickelt sich ein kurzer Dialog:
Bassist: »Are you serious? That song’s totally depressing.«
Alex: »Or it’s beautiful, if you have taste.«
Bassist: »Or if you’re suicidal.«
Daraufhin nimmt Alex seine Gitarre ab und entfernt sich von der Band. Clay, der sich auch auf dem Schulhof befindet, fragt Alex, ob es den Song »Gloomy Sunday« tatsächlich gebe. Alex bejaht dies und merkt an, er müsse nur »Hungarian Suicide Song« googeln. Die Saxophonistin holt Alex mit der Ansage zurück, sie würden nun »Take the ›A‹ Train« mit seinem Solo spielen, was Alex mit der Bemerkung kommentiert: »Alright. I guess if I’m gonna be happy, may as well do it with the Duke«. Der Dialog hat offenbar den Zweck, den emotionalen Zustand der Schüler:innen, den Umgang mit ihrer Trauer und dem Suizid Hannahs zu verdeutlichen.5
Außerdem gibt das Gespräch einen ›versteckten› Hinweis auf den weiteren Verlauf der Handlung, denn Alex wird später (in Folge 12) selbst einen Suizidversuch unternehmen. Schon gegen Ende von Folge 3 lässt er sich allein (und voll bekleidet) in einen Swimmingpool fallen und treibt reglos auf der Wasseroberfläche wie ein ›toter Mann‹. Die Sequenz wird extradiegetisch begleitet von dem Song »Into the Black« (2012) der Synthie-Pop‑/No-Wave-Band Chromatics — eine textlich veränderte Coverversion von Neil Youngs »Hey Hey, My My (Into the Black)« (1979) — mit der sinnfälligen Zeile »And once you’re gone, you can never come back«.
Musik als Mittel der Erinnerung: »The Night We Met« (Clays und Hannahs Song)
Wie bereits angedeutet, ist auch der Song »The Night We Met« Gegenstand von Gesprächen und für Clay ein Mittel zur Erinnerung an seine Beziehung zu Hannah. In Folge 5 sitzt Clay allein in der Turnhalle, in welcher der Ball stattgefunden hatte. Tony findet ihn dort und setzt sich zu ihm. Clay beginnt über das Musikstück (Clay: »the most amazing song«) zu sprechen, das Tony damals aufgelegt hat. Daraufhin erklingt der Song in Clays Erinnerung und er sieht plötzlich Hannah im Ballkleid gegenüber in der Halle sitzen. Sie gehen aufeinander zu und Clay ›kippt‹ nun ganz in die Erinnerung an jenen Abend. Als Tony den Titel in dieser Rückblenden-Sequenz auflegt, sprechen Hannah und Clay darüber, dass der Song »perfekt« sei.
Wie wichtig dieser Song für die filmische Erzählung von Clays und Hannahs Beziehung ist, lässt sich daran festmachen, dass er in der Folge wiederholt vorkommt. Beispielsweise wird an einer Stelle der Folge gezeigt, wie Tony nach dem Ball Hannah eine Kassette schenkt (»That starts with the song you and Clay danced to. The slow one«), weil er bemerkt hatte, wie sehr sie das Stück mochte. Es ist das erste Mal, dass Hannah mit Audiokassetten in Berührung kommt, also mit jenem Aufzeichnungsmedium, das sie später dazu benutzen wird, um mit den aus ihrer Sicht ›Schuldigen‹ abzurechnen. Wenig später in der Folge schenkt Tony auch Clay eine Kassette mit dem Song, als dieser Hannahs Grab auf dem Friedhof besucht.
In einer weiteren Szene gegen Ende der Folge sitzt Clay zuhause auf dem Sofa und hört den Song auf seinem Walkman, als seine Mutter den Raum betritt. Sie fragt ihn, was er sich anhöre, aber Clay geht nicht darauf ein. Daraufhin befragt sie ihn zu möglichen Mobbingvorfällen gegen Hannah Baker, da sie als Anwältin von der Schule beauftragt wurde, diese im Prozess der Eltern Hannahs gegen die Liberty High School zu verteidigen. Clay leugnet, Hannah näher gekannt zu haben. Dass Clay nicht preisgibt, was er gerade anhört, steht für das Verschweigen seiner Beziehung zu Hannah.
Musik als Metapher
Eine weitere Facette des Sprechens über Musik wird zu Beginn der 8. Folge gezeigt. Während Bilder einer Felsenwand zu sehen sind, an der Tony und Clay später hochklettern werden, hört man Hannah sprechen: »Some girls know all the lyrics to each others’ songs. They find harmonies in their laughter. Their linked elbows echo in tune. What if I can’t hum on key? What if my melodies are the ones nobody hears?« Musik wird hier als Metapher verwendet, um die Beziehung und Verbindung zwischen Freund:innen zu beschreiben. In ihrer Reflexion zeichnet Hannah zunächst ein positives Bild von Freundschaft, Harmonie, gegenseitigem Verständnis und Zusammenhalt. Die letzten beiden Sätze verdüstern jedoch das Bild. Hannah drückt damit aus, dass sie sich allein fühlt bzw. sich von anderen isoliert erlebt und zeigt damit ein weiteres Symptom für Suizidalität (»failed belongingness«) (Joiner 2005). Wenngleich indirekt, wird Musik auch hier eingesetzt, um Hannahs Gefühlsleben verständlicher und greifbarer zu machen.
Im Folgenden soll auf die eingangs genannten Kritikpunkte an einigen Aspekten der Serie genauer eingegangen werden. Musik wird im Rahmen der Kritik zwar nicht explizit thematisiert, sie spielt aber wie gesagt eine wesentliche Rolle für die Gesamtwirkung.
Identifikation mit Hannah Baker
Hannah Baker wird in der Serie als eine Jugendliche mit einer komplexen Persönlichkeitsstruktur charakterisiert. Anfangs erscheint sie wie eine ›ganz normale‹ Jugendliche, die ohne große Schwierigkeiten fähig ist, Freundschaften zu schließen. Durch ihren offenen Charakter wirkt sie nahbar und sympathisch, sie wird als rational und klug dargestellt und beschäftigt sich in ihrer Freizeit mit dem Schreiben von Gedichten. Durch diese positiven Attribute ist sie eine »wunderbare Identifikationsfigur« (Auersperg 2020, 544) und die negativen Ereignisse werden dadurch möglicherweise unmittelbarer mitgefühlt:
Hannahs seelische Belastung [wird] nur sehr subtil und dezent inszeniert […]. Diese Darstellung hat den Vorteil, dass sie keine Stigmatisierung psychischer Erkrankung nahelegt. Zugleich entsteht so aber auch der Eindruck, dass Hannah vernünftig und nachvollziehbar handelt, dass also der Entschluss, Selbstmord zu begehen, der Entschluss einer gesunden und entscheidungsfähigen Person ist. (Ebd.)
Hannah wird demnach nicht als psychisch krank dargestellt und ihr Suizid könnte als eine ›normale‹ Reaktion auf schwierige, traumatische Lebensereignisse bewertet werden.6 Die Serie baut darauf, dass man als Zuschauer:in in die Szenen ›hineingezogen‹ wird und mit Hannah mitfühlt. Es werden entsprechende Stimmungen geschaffen und Emotionen vermittelt: mittels der visuellen Gestaltung der Szenen, z. B. durch die besondere Farbgebung (rot‑/gelbtönig bzw. warm in den Rückblenden, blautönig bzw. kalt nach Hannahs Suizid), und mithilfe der Musik als Vermittlerin von Gefühlen wie Resignation und Ohnmacht.
Die Darstellung von Hannahs Suizid
Infolge der massiven Kritik an der expliziten Darstellung von Hannahs Suizid wurde die Sequenz, in der das Aufschneiden der Pulsadern gezeigt wird, im Juli 2019 aus Folge 13 entfernt. Zwar kritisierten Psycholog:innen und Suizidpräventionsstellen die Szene schon seit Beginn der Ausstrahlung im April 2017 und befürchteten Nachahmungssuizide, doch Netflix reagierte erst auf die im Frühjahr 2019 veröffentlichten Studien von Bridge et al.7 und Niederkrotenthaler et al.,8 die zu dem Ergebnis kamen, dass es im betreffenden Zeitraum tatsächlich zu einer signifikanten Erhöhung der Suizidraten bei der jugendlichen Zielgruppe in den USA gekommen war.
In der Buchvorlage nimmt sich Hannah mit einer Überdosis Tabletten das Leben. Über den Grund für die Abwandlung in der filmischen Darstellung lässt sich nur spekulieren. Die Darstellerin von Hannah, Katherine Langford, erklärte zwar: »[T]he choice to stay on these moments to a point where it makes the audience just past uncomfortable was a very deliberate decision, and it was done because we wanted to show the ugliness and not use these events and issues as plot devices or romanticize them in any way« (zit. nach Bell 2017). Vorstellbar ist aber dennoch, dass die Entscheidung getroffen wurde, da das Einnehmen einer Überdosis Tabletten in der visuellen Darstellung weniger eindrücklich ist. Die ursprüngliche Szene wirkt auch deshalb so stark, da nach dem Verklingen des Songs »Vienna« und während Hannahs Suizidhandlung Stille herrscht bzw. man nur noch Geräusche hört, und auch auf der visuellen Ebene wird der Eindruck von völliger Leere durch den karg gestalteten Raum verstärkt: Im Badezimmer sind keinerlei persönliche Gegenstände zu sehen.
Ob und inwiefern eine solche fiktive Darstellung tatsächlich Nachahmungssuizide auslösen kann, ist nicht bewiesen, aber der Einfluss von Berichten über bzw. Darstellungen von Suiziden auf Suizidraten — auch bekannt unter dem Begriff »Werther-Effekt« — wurde in den vergangenen Jahrzehnten vielfach untersucht.
»Werther-Effekt« und »Papageno-Effekt«
Der Begriff Werther-Effekt wurde Mitte der 1970er-Jahre von dem US-amerikanischen Soziologen David P. Phillips im Rahmen einer Untersuchung des Einflusses der Medienberichterstattung über Suizide auf die Suizidraten eingeführt (Phillips 1974). Phillips referiert damit auf die ›Suizidwelle‹, die Johann Wolfgang von Goethes 1774 erschienener Roman Die Leiden des jungen Werthers, dessen Protagonist aus Liebeskummer Suizid begeht, ausgelöst haben soll. Die auf das Erscheinen des Buchs folgenden Berichte von Nachahmungssuiziden führten damals dazu, dass das Buch in mehreren Ländern zeitweise verboten wurde und Goethe der zweiten Auflage die ›Warnung‹ »Sey ein Mann, und folge mir nicht nach« hinzufügte.9 Obwohl Phillips den Begriff nur auf die Auswirkungen der Berichterstattung über reale Suizide bezog, findet er sich heute auch in Zusammenhang mit der Frage nach der Wirkung fiktiver Suiziddarstellungen. Jedenfalls wird der Effekt insbesondere in Zusammenhang mit fiktiven Darstellungen bis heute kontrovers diskutiert.
Wie mehr als 150 wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben, trägt vor allem eine sensationsträchtige Medienberichterstattung über reale Suizide zur Erhöhung der Suizidrate bei (Till und Niederkrotenthaler 2021). Metaanalysen zufolge ist dieser Effekt im Fall der Berichte über Suizide prominenter Personen besonders stark. Ausschlaggebend für die Wirkung von Medienberichten ist also nicht allein die Tatsache, dass über Suizide berichtet wird (Sonneck et al. 1994), sondern auf welche Weise. Daher existieren heute in vielen Ländern entsprechende Medienrichtlinien (Bohana et al. 2012; Pirkis et al. 2006) und auch die WHO gibt regelmäßig aktualisierte Empfehlungen heraus.10 Zum Beispiel sind sensationsträchtige Überschriften oder Formulierungen wie »Selbstmord als letzter Ausweg« zu vermeiden und ausgewogene Berichte mit neutralen und wertfreien Formulierungen, die außerdem Auswege aus Krisen aufzeigen, zu bevorzugen (Tomandl et al. 2021). In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass Berichte über Krisenbewältigungen und die Aufklärung über mögliche Hilfsangebote Suizide verhindern können. Dieser protektive Effekt wurde von Niederkrotenthaler et al. (2010) als »Papageno-Effekt« bezeichnet, der sich von Wolfgang Amadeus Mozarts Oper Die Zauberflöte herleitet. Die Figur Papageno glaubt, seine geliebte Papagena verloren zu haben und will sich aufhängen. Im letzten Moment erscheinen jedoch »drei Knaben« und können den Unglücklichen von seiner Idee abbringen. Dasselbe widerfährt zuvor auch Pamina, die sich von Tamino verlassen fühlt (»Ach ich fühl’s, es ist verschwunden« ).
Auch in Bezug auf fiktive Darstellungen von Suiziden in Filmen und Fernsehserien gibt es Hinweise darauf, dass diese sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf suizidales Verhalten haben könnten.
Studienlage zum Werther-Effekt in Zusammenhang mit der Ausstrahlung der ersten Serienstaffel
Seit der Veröffentlichung von 13 Reasons Why am 31. März 2017 wurden zahlreiche Studien zur Wirkung der Serie bzw. der Darstellung eines fiktiven Suizids auf reale Suizidraten publiziert.11 Damit scheint die Forschung einer aktuellen Form des Werther-Effekts auf der Spur zu sein und betrachtet dabei eine Generation Jugendlicher, die viel Zeit mit dem Ansehen von Serien, insbesondere auf Streamingplattformen wie Netflix, verbringen. In einem systematischen Review von Guinovart et al. (2023) wurden bis Mitte Januar 2023 allein 27 Studien identifiziert, in denen spezifisch der Einfluss auf die Suizidalität von Jugendlichen, die die Serie angesehen hatten, mit quantitativen Ansätzen analysiert wurde. In der Zusammenfassung der Studien lassen sich zwei gegensätzliche Tendenzen erkennen: Einerseits werden positive Effekte berichtet wie die Entstigmatisierung des Themas Suizid und die erhöhte Wahrscheinlichkeit, Fragen der psychischen Gesundheit zu diskutieren oder sich Hilfe zu suchen. Andererseits gibt es ernstzunehmende Hinweise auf negative Auswirkungen wie den signifikanten Anstieg von Suizidraten bei Jugendlichen in den USA nach Ausstrahlungsbeginn der Serie, eine erhöhte Anzahl von Krankenhausaufnahmen wegen Suizidalität sowie die Zunahme von suizidalen Ideen und selbstverletzendem Verhalten bei vulnerablen Gruppen. Aufschlussreich für die Debatte um die Medienwirkung und die Kritik an der Serie ist auch die Gegenüberstellung von »Mythen und Realität« bezüglich der Suiziddarstellung in 13 Reasons Why:
Tabelle 1: Myths and realities of suicide representation in 13RW (Guinovart et al. 2023, 2).
Suicide in 13RW | Suicide in Clinical Practice |
---|---|
Social phenomenon | Health issue |
Sense of success (personal, social) | Sense of failure (screening, case management) |
External responsibility | Individual responsibility |
Suicide to achieve control (over oneself and others) | Sucide as the result of a loss of control |
Rational act | Irrational, illogical act |
Inevitable | Evitable |
Voluntary, adaptive and justifiable choice | Maladaptive, pathological reaction |
No accompanying symptoms | Underlying mental disorder |
Health system reinforces the problem | Health system as a potential solver of the problem |
Suicide is the only alternative | Suicide is a symptom, not an alternative |
Die Kontroverse um die zentrale Frage, ob es nach dem Start von 13 Reasons Why tatsächlich zu einem Anstieg von Suizidraten bei Jugendlichen kam (und dieser Anstieg kausal mit der Serie verknüpft ist) oder ob sich die Datenlage anders erklären lässt, ebbt auch sechs Jahre nach der Erstausstrahlung nicht ab. Dies spiegelt sich beispielsweise in einem »Letter to the Editor« von Niederkrotenthaler et al. (2023) in der Fachzeitschrift Suicide and Life-Threatening Behavior wider. Die Arbeitsgruppe um den Wiener Suizidforscher Thomas Niederkrotenthaler12 reagiert mit diesem Brief auf einen Artikel von Daniel Romer (2023) in derselben Zeitschrift, in welchem dieser den statistischen Ansatz von Niederkrotenthaler et al. infrage stellt und saisonale und andere Langzeiteffekte als Erklärungsmodell für den Anstieg von Suizidraten in dem betreffenden Zeitraum heranzieht. In ihrer Antwort widerlegen Niederkrotenthaler et al. detailliert die Argumente und den von Romer gewählten statistischen Ansatz. Ungeachtet der hier diskutierten methodischen Feinheiten von Zeitreihenanalysen, die von Nicht-Statistiker:innen nur bedingt nachvollziehbar sind, stellt sich doch die pragmatische Frage, welche Möglichkeiten eines verantwortungsbewussten und konstruktiven Umgangs mit Suiziddarstellungen in fiktionalen Medien es gibt, die weder in die eine noch in die andere Richtung polarisieren (»moral panic«13 vs. verharmlosende Kommerzialisierung). Insofern kann man sich dem Statement von Niederkrotenthaler et al. anschließen, die in ihrem »Letter to the Editor« resümieren:
The available research studying the effects of Season 1 of 13RW must continue to result in a call to action to the entertainment industry to become better informed, educated, and advised of the role that they play in suicide and its prevention. (Niederkrotenthaler et al. 2024, 175)14
Schlussbemerkungen
In der Auseinandersetzung mit der Frage zur Rolle der Musik in der ersten Staffel der Serie Tote Mädchen lügen nicht konnte herausgearbeitet werden, dass sowohl die für die Serie zusammengestellten Songs als auch Eskmos Originalmusik sehr bewusst und auch in Hinblick auf die Themen Depression und Suizidalität sensibel ausgesucht, produziert und eingesetzt wurden. Besonders die Songs fügen dem Narrativ inhaltliche Aspekte und Tiefgang hinzu — wenn auch subtil, da die Texte und teilweise auch die Hintergrundgeschichten der Songs nicht als bekannt vorausgesetzt werden können. Während die extradiegetisch eingesetzten Songs die Handlung oder die in der Serie vorkommenden Themen eher aus einer gewissen Distanz kommentieren oder für das ›Einfärben‹ von Stimmungen sorgen, sind einige diegetisch eingesetzte Stücke enger mit dem Erleben der Protagonist:innen verknüpft; sei es, weil es aktuelle Musik ist, die das Erleben ihrer Generation widerspiegelt, wie Billie Eilishs »Bored«, oder weil sie damit konkrete Erlebnisse und Erinnerungen verbinden, wie Clay und Hannah mit »The Night We Met« von Lord Huron. Auch das Sprechen über Musik wird zum Mittel, um die Jugendlichen sich über das eigene Erleben äußern zu lassen.
Neben oder auch im Kontrast zu den Songs hat Eskmos Originalmusik die Funktion, die Protagonist:innen der Serie mit etwas Charakteristischem auszustatten, das in der Handlung bzw. visuell in dieser Form nicht wahrnehmbar ist (»inner landscape of the characters«; s. o. Morris 2017). Da die Tracks aber nicht sehr deutlich mit den entsprechenden Personen verbunden oder so oft wiederholt werden, dass sie bewusst wiedererkannt werden könnten, erzeugen sie vielmehr eine gewisse Grundstimmung: Besonders markant ist der Kontrast zwischen den elektronischen Klängen bzw. dem (durch den großen Hallraum erzeugten) Eindruck von Verlorenheit und Isolation und den ›weicheren‹ und nahbareren, vielfach melancholischen, traurigen Motiven.
Jedenfalls erscheint die gesamte Musikauswahl und die Art, wie sie eingesetzt ist, vielschichtig und doppelbödig genug, um der Serie nicht vorwerfen zu können, dass sie plumpe Mittel der Überwältigungsästhetik einsetzt oder eine Romantisierung von Hannahs Suizid nahelegt. Letzterer Punkt ist insbesondere im Hinblick auf die Diskussion der medialen Wirkung der Serie von Bedeutung. Diesbezüglich bleibt festzuhalten, dass bei aller Heterogenität der skizzierten Studienlage vieles dafür spricht, dass das Ansehen der Serie für vulnerable Jugendliche mit einem erhöhten Risiko für suizidale Gedanken und selbstschädigendes Verhalten bis hin zum Suizid assoziiert ist. Die Kritik an der mittlerweile entfernten Suizidszene sowie an der Darstellung des Suizids als letztlich alternativlose und ›logische‹ Konsequenz des Erlebten ist berechtigt und kann durch die edukativen Warnhinweise bzw. Appelle der Schauspieler:innen der Serie nur teilweise entkräftet werden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die genannten Mittel genauso wie die Musik bewusst und gezielt eingesetzt wurden, um die Serie — nicht zuletzt aus kommerziellem Interesse — für die Zielgruppe spannender und attraktiver zu machen.
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Dieser Text fasst die schriftlichen Beiträge der als Autor:innen genannten Seminarteilnehmer:innen zusammen und wurde von den Lehrveranstaltungsleiter:innen Julia Heimerdinger und Thomas Stegemann überarbeitet und aktualisiert.
Endnoten
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Siehe zu dieser Lehrveranstaltung auch den Eintrag im Atlas der guten Lehre des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung. https://gutelehre.at/projekt?tx_gutelehre_default%5Baction%5D=show&tx_gutelehre_default%5Bcontroller%5D=Project&tx_gutelehre_default%5Bproject%5D=1624&cHash=684c1a61a5a7601cebdd80b5104a20a0. Zugriff am 15. April 2024.↩︎
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Selena Gomez war ursprünglich für die Rolle der Hannah Baker vorgesehen, übernahm dann aber die Funktion der ausführenden Produzentin.↩︎
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Im Musikvideo dieses Songs kommen Bilder des Wiener Stephansdoms und des Wiener Zentralfriedhofs vor, was vermutlich auf die Morbidität, die man Wien nachsagt, anspielt und den düsteren Charakter des Stücks noch verstärkt.↩︎
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Zu »Gloomy Sunday« siehe auch die Beiträge von Julia Heimerdinger und Harm Willms im vorliegenden Band.↩︎
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Musiktherapeutisch spricht man vom ISO-Prinzip, wenn man z. B. mit Jugendlichen eine Musik wählt, die ihrer aktuellen Stimmung entspricht, wie es hier bei Alex’ Vorschlag anklingt. Dadurch können Patient:innen Resonanz erfahren und sich ernst genommen und verstanden fühlen.↩︎
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Siehe hierzu auch den Beitrag von Paul Plener im vorliegenden Band.↩︎
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Siehe: https://www.nytimes.com/2019/04/29/health/13-reasons-why-teen-suicide.html?smid=url-share. Zugriff am 15. April 2024.↩︎
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Persönliche Mitteilung von Benedikt Till im Rahmen der Diskussion im Anschluss an den Vortrag des vorliegenden Beitrags.↩︎
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Siehe hierzu auch die Beiträge von Thomas Macho sowie Paul Plener im vorliegenden Band.↩︎
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»Preventing Suicide: A Resource for Media Professionals; Update 2023«. Genf: World Health Organization. https://www.who.int/publications/i/item/9789240076846. Zugriff am 15. April 2024.↩︎
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Im Seminar haben wir uns auch mit den Publikationen von Christopher Ferguson (2019; 2020) beschäftigt, der Daten vorlegt, aus denen hervorgehe, dass es nach der Ausstrahlung von 13RW keinerlei Zunahmen von Suizidraten gegeben habe. Bei der Diskussion zum vorliegenden Beitrag am zweiten Symposiumstag machte uns Benedikt Till (persönliche Mitteilung) darauf aufmerksam, dass die Arbeiten Fergusons methodisch fragwürdig und Ferguson und seine Forschung immer wieder Mittelpunkt kontroverser Diskussionen in der Scientific Community seien. Um ihm und seinen Publikationen nicht noch mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, gäbe es in der Scientific Community eine stillschweigende Übereinkunft, seine Publikationen nicht weiter zu kommentieren. Daraufhin haben wir bei der Überarbeitung dieses Beitrags auch auf die Diskussion seiner Ergebnisse verzichtet.↩︎
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Siehe auch den Beitrag von Benedikt Till und Thomas Niederkrotenthaler im vorliegenden Band.↩︎
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Siehe hierzu auch den Beitrag von Andy R. Brown im vorliegenden Band.↩︎
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Niederkrotenthaler et al. referieren hier auf: Dan Reidenberg, Thomas Niederkrotenthaler, Mark Sinyor, Jeffrey A. Bridge und Benedikt Till. 2020. »13 Reasons Why: The Evidence Is in and Cannot Be Ignored«. Journal of the American Academy of Child & Adolescent Psychiatry 59, Nr. 9: 1016–1018 sowie: National Action Alliance for Suicide Prevention (Hg.). 2019. National Recommendations for Depicting Suicide. https://theactionalliance.org/messaging/entertainment-messaging. Zugriff am 18. August 2024.↩︎
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