Explizite Hinweise auf eine Beschäftigung mit Theodor W. Adorno sind in Lachenmanns frühen Texten weniger verbreitet, als dies angesichts der augenscheinlichen Parallelen zwischen dem Musikdenken der beiden Autoren zu vermuten wäre. Vereinzelte Hinweise umfassen etwa eine wohlwollende Erwähnung von Adornos Rolle bei der ästhetischen Aufarbeitung der Wiener Schule in »Zum Problem des musikalisch Schönen heute«52 von 1977.53 Deutlicher als in der Druckfassung wird die Bezugnahme in den Vorstadien zum Vortragstext, in denen die Namen Adorno und Lukács eine prominente Rolle spielen.54 Ein weiterer Verweis findet sich in den ebenfalls 1977 publizierten Antworten auf Fragen Peter Ruzickas unter dem Titel »Mahler – eine Herausforderung«.55 Ruzicka bringt das Gespräch auf den Umstand, dass die Mahler-Rezeption im deutschsprachigen Raum durch die Interpretation Adornos geprägt sei. Lachenmann geht darauf ein, indem er die ästhetische Negation als zentrale Kategorie sowohl im Umgang mit Mahler als auch im Verhältnis zur ›neuen Musik‹ bestimmt. Die Negation müsse sich gegen einen vereinfachenden Zugang zur ›neuen Musik‹ behaupten, den Lachenmann in dem Text »Zur Analyse Neuer Musik« als »Querfeldein-Kontakte«56 gebrandmarkt hat. Der einzig konsequente Weg führe über die Zurückweisung solch fauler Kompromisse und die vollständige Negation traditioneller ästhetischer Kategorien. Ziel sei die Freilegung neuer Ausdruckskategorien, was wiederum eine »gesellschaftlich verbindliche Erfahrung«57 ermögliche.58
Dabei betont Lachenmann, dass auch dialektische Verfahren wie diejenigen Mahlers ihrerseits stets aufs Neue der Hinterfragung bedürften:
Kunst, als Widerstand gegen blind herrschende Normen begriffen, muß eben, um glaubwürdig zu sein, ihre eigenen Formen des Widerstands immer wieder überprüfen. Auch dialektische Verfahrensweisen, wie gerade die der ästhetischen Negation bei Mahler […], müssen ihrerseits dialektisch gesehen und gehandhabt werden: Nie dürfen wir die jeweilige Situation, Adorno würde sagen: das Ganze, aus dem Auge verlieren.59
Schon in dieser frühen Bezugnahme distanziert sich Lachenmann in manchen Punkten von Adorno. Dessen Annahme, die Wahrheit von Mahlers Musik liege in ihrer Verweigerung einer Versöhnung, setzt Lachenmann entgegen, dass Mahler in seinen Kompositionen eine Versöhnung sehr wohl beabsichtigt habe, dass diese jedoch gescheitert sei. Im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Reflexion der gesellschaftlichen Verstrickungen von Kunst verweist Lachenmann auf die Ästhetik von György Lukács, ohne dessen Sichtweise näher auszuführen.60 1983 charakterisiert Lachenmann in einem offenen Brief an Hans Werner Henze sein Verhältnis zur ›Adorno-Schule‹ mit den Worten »zu der ich nicht gehöre, von der ich aber lerne«61 als von respektvoller Distanz geprägt.
Anders, als es Adornos Prominenz im Diskurs über ›neue Musik‹ vermuten ließe, sind die Hinweise auf Adorno auch in Lachenmanns Texten der darauffolgenden anderthalb Jahrzehnte spärlich gesät. 1994 kommt der Komponist in einem Gespräch mit Ulrich Mosch wieder auf den Philosophen zu sprechen – auch hier buchstäblich nur in Klammern und in distanziertem Tonfall. Hinsichtlich des Umgangs mit musikalischen Zitaten in der aktuellen Kompositionspraxis schließt Lachenmann:
Wir haben jetzt einen riesigen Vorrat verniedlichter, mißbrauchter, das eigene Vermächtnis sabotierender Tradition um uns und in uns. (Im Gedanken daran glaube ich, daß Adorno doch ein naiver Romantiker war: Eine »Musique informelle« oder eine »Musique pure« – das ist ein schwärmerischer Blick auf das Glück des »Dort-wo-du-nicht-bist«. Da nähert sich Adornos Philosophie, so präzise sie sonst ist, kindlichen Spekulationen wie dem Glasperlenspiel an.)62
Der Komponist bezieht sich hier auf Adornos Aufsatz »Vers une musique informelle«63, in welchem der Philosoph eine von allen heteronomen Bestimmungen befreite Musik beschwört. Aus Lachenmanns Kritik spricht dessen Überzeugung von der Unmöglichkeit, das musikalische Material von historischen Prägungen zu ›reinigen‹ – wobei sich das Streben nach einer von allen heteronomen Formmodellen befreiten Musik andererseits gerade als Parallele zwischen den beiden Autoren interpretieren ließe.
In einem 2004 geführten Interview64 bezeichnet Lachenmann Adorno denn auch als »interessantes Fossil aus dem 19. Jahrhundert«65 und seine Schriften als »keine Neuen oder Alten Testamente«66, denen man bedingungslos Glauben schenken solle:
Ich bin nie ein Adornojünger gewesen, auch wenn mir das einige unterstellt haben. Denn Adorno hat das dialektische Denken ja nicht gepachtet […]. Ich habe immer wieder bemerkt, dass Denker wie Adorno im Kopf ganz weit sind, wird es aber konkret, werden sie plötzlich ganz altmodisch. […] Ich weiß, dass der Henze […] mich als Adorno-Jünger bezeichnet, der wollte mich in so eine Schublade zu Adorno als Pappkameraden stecken, da kann man besser drauf schießen und Adorno und mich in einem treffen. Genauso wie die Bezeichnung als »Linker«, da weiß auch jeder gleich, was er davon zu denken hat. […] Ich verehre Adorno, aber ich bin kein Adorno-Jünger oder -Fanatiker. Ich finde, jeder muss ihn lesen, aber keiner muss ihm glauben. Das Denken hört ja nicht auf, wenn wir Philosophen lesen, sondern im Gegenteil, da fängt es doch erst an.67
Ähnlich abwägend gerät in einem weiteren Interview Lachenmanns Antwort auf die Frage nach den aktuellen Möglichkeiten einer kritischen Kunst:
Critical art? Well, I have a great deal of respect for Adorno, but in my eyes he was an interesting fossil from the nineteenth century. From that perspective he had a very precise diagnostic eye for what happens today. But his aesthetic horizon ended with Schoenberg, Berg and maybe Webern. His comments about the »avant-garde« are almost as incompetent as his comments about jazz or what he wrote about Stravinsky. I love his ideas about art as a subversive element. But in Germany there are quite a lot of followers of Adorno who have based their academic mission on that idea, and we have a mannerism of pseudo-subversive, or I might say »subversivoid« art. I think the terms of »critical art« and »subversive art« aren’t reflected upon sufficiently. I mistrust them.68
Wie schon im vorangegangenen Zitat geht es hier um die Zurückweisung einer Zuschreibung, die Lachenmann in ein unkritisches Naheverhältnis zu Adorno rückt. In der zweiten Äußerung geschieht dies über ein Verächtlichmachen nicht näher konkretisierter unkritischer Gefolgsleute des Philosophen. Lachenmann geht dabei auf Distanz zu Vertreter*innen eines Teilbereichs der ›neuen Musik‹, den er mit dem Ausdruck ›critical art‹ belegt. Die Verwandtschaft mit dem Begriff des Kritischen Komponierens legt nahe, dass Lachenmann sich somit von einer Strömung distanziert, der er gemeinhin selbst zugerechnet wird.
2016 fällt die Bezugnahme auf Adorno differenziert, dabei aber in Summe deutlich positiver aus – wobei Adorno hier gerade nicht als Vertreter des Fortschritts, sondern im Gegenteil als Bürge der Tradition zitiert wird mit dem Ziel, einen emphatisch-bürgerlichen Musikbegriff in Stellung zu bringen:
Adorno, dieses scheinbar ausgediente Ungeheuer vom Loch Ness, kritisch liebens- und ehrfurchtsvoll studierens- und vergessenswertes Fossil mit ästhetischen Wertvorstellungen aus dem 19. Jahrhundert: Seine Forderung nach dem autonomen Material im auf die Wirklichkeit reagierenden Werk wurde durch die »neuen Realisten« nicht »weggefegt«, wie Frau Nauck in den »Positionen« meint. Adorno hatte recht, wie ein naives Kind. Denn autonomes Material, das ist »verräterisch« geronnene Wirklichkeit, und selbst die bornierten alten und neuen Nazis, die sich über die »spitzfindige« abstrakte Kunst und nach dem Krieg über die »musikalische Umweltverschmutzung« durch die »atonale« Musik alterierten, haben das gemerkt.69
Derartige Erwähnungen könnten zu dem Schluss verleiten, Adorno sei für Lachenmanns Musikdenken lediglich von moderater Bedeutung. Ein anderes Bild ergibt hingegen die Befragung der Aussagen Lachenmanns auf Konzepte hin, die sich bereits bei Adorno nachweisen lassen. Diese Verwandtschaft beschränkt sich nicht auf einzelne Überlegungen, sondern erstreckt sich auch auf die Ausdrucksweise: So sind bei Lachenmann zahlreiche Denkfiguren anzutreffen, die sowohl hinsichtlich des Inhalts als auch der Form auf Adorno verweisen. (Ein Beispiel für das Weiterwirken Adorno’scher Termini stellt etwa der für beide Autoren zentrale Begriff der ›Unfreiheit‹ dar.70) Rainer Nonnenmann hat darauf hingewiesen, dass sich Lachenmann in den 1970er-Jahren »mit den gesellschaftskritischen Schriften und ästhetischen Entwürfen vor allem von Adorno, Lukács, Bloch und Herbert Marcuse«71 beschäftigt habe. Dass sich Lachenmann im Zuge dieser Rezeption wesentliche Bestandteile des Adorno’schen Denkens angeeignet hat, soll im Folgenden anhand ausgewählter Textpassagen verdeutlicht werden.
In »Über Schönberg«72 (1974) bemerkt Lachenmann, Schönbergs Zwölftonmusik klinge
wie Erbrochenes für diejenigen, welche Stimmigkeit des Materials in ein neues Musikdenken hinüberretten wollen. Sie vollzieht mit gebrochenem Rückgrat altgediente philharmonische Rituale und provoziert so im Hörer ästhetische Schizophrenie. Traditionelle Formen, tonal orientierte Gestik, musikantische Emphase, durch Zwölfton-Regeln verspannt und entkräftet: ›Hier kann man sie noch erblicken, feingeschrotet und in Stücken‹. Gerade als so verkrüppelte und entstellte lädt diese Musik immer noch zur Verbrüderung ein.73
Die Kritik am Fortleben traditioneller Formkategorien im dodekaphonen Komponieren, die – aus dem tonalen Sinnzusammenhang gelöst – »gewisse Unstimmigkeiten, eine Art Bruch zwischen musikalischem Stoff und musikalischer Formung«74 zur Folge hätten, ist bei Adorno unter anderem in »Das Altern der Neuen Musik« anzutreffen.75 Doch sind die Parallelen viel weitreichender: In seinem Schönberg-Text charakterisiert Lachenmann das in seinen Augen vorherrschende Verhalten gegenüber der Zwölftonmusik als »Produkt jenes typischen Mißverständnisses, welches in der Kunst keine unaufgelösten Widersprüche duldet, sie notfalls ignorieren möchte, und sich an das klammert, was als mit sich selbst Identisches zur Identifikation einlädt«76. Bei aller Kritik an Schönberg fordert Lachenmann von den Rezipient*innen, sich den Herausforderungen von dessen Zwölftonmusik zu stellen: Deren satztechnische Anstrengung
weiß um ihren Widerspruch und fordert eine charakteristische Anstrengung des Hörens: nicht masochistische Toleranz oder gescheites Stirnrunzeln, sondern das reflektierte Ausharren im Widerspruch.77
Hier resoniert Adornos Kritik an Schönbergs Nachfolgern, diese würden »einen Kurzschluß [begehen], indem sie die Antinomie, die Schönberg mit Grund in Kauf nahm, unbeschwert lösen wollen.«78 Doch nicht nur spezifisch musikalische Inhalte, sondern auch die Formel vom »Ausharren im Widerspruch« bedient terminologische Muster, die Adornos Machtposition im Feld der ›neuen Musik‹ bekräftigen.79 Ebenso erscheint Lachenmanns auf Schönberg gemünzte Äußerung »Musik als Abbild dessen was ist [sic!], durch Scheitern an dem, was sein soll: Das ist der dialektische Realismus«80 wie ein Widerhall des Adorno’schen Gedankens vom utopischen Charakter von Kunst.81
Lachenmanns Kritik an Schönbergs Reihendenken findet ihre Fortsetzung in seiner skeptischen Haltung gegenüber der seriellen Musik. Schon vor seiner ersten Teilnahme an den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt im Jahr 1957 hegte Lachenmann Zweifel gegenüber der dort dominierenden seriellen Kompositionsweise. Der Umstand, dass er 1954 in Stuttgart Adornos Vortrag »Das Altern der Neuen Musik« gehört hatte, dürfte daran seinen Anteil gehabt haben. Allerdings zeigt sich in Lachenmanns Bericht für die Studienstiftung des deutschen Volkes auch eine gewisse Distanz gegenüber Adornos Ablehnung des Serialismus, wenn Lachenmann schreibt:
Ich glaube, daß Adorno – was seine positive wie auch seine negative Stellungnahme betrifft – dadurch, daß er den Maßstab Schönberg nicht nur in künstlerischem Sinne, sondern auch in ideologisch-philosophischem Sinne überall anlegt, dieser neuen Musik so oder so nicht gerecht wird.82
Wieder in Einklang mit Adorno, artikuliert Lachenmann in der Folge das »Interesse und Mißtrauen«83 gegenüber der in Darmstadt vorherrschenden Tendenz, der Bürde künstlerischer Entscheidungen durch deren Überantwortung an ein vermeintlich objektives Regelsystem zu entfliehen – Einwände, in denen Adornos Forderung widerhallt, das künstlerische Subjekt müsse in allen Kompositionsstadien handlungsfähig bleiben.84 Diese Vorbehalte sind es auch, die ihn die Unterweisung Luigi Nonos suchen lassen, der in Lachenmanns Wahrnehmung als einziger unter den federführenden Komponisten der ›Darmstädter Schule‹ den Anspruch auf subjektiven Ausdruck in der Musik nicht preisgegeben hat.85 30 Jahre später formuliert Lachenmann:
Als ich 1957 zum erstenmal nach Darmstadt kam, habe ich mich indes an Luigi Nono gehalten, weil dort, wo nach meinem Eindruck die anderen Komponisten noch ziemlich beziehungslos, quasi mit dem Rücken zur Tradition standen, Nono für seinen Weg die – von ihm neu gesehene – Tradition bewußt in Anspruch nahm.86
Auch in »Zum Problem des musikalisch Schönen heute« charakterisiert Lachenmann die rein negative Haltung der seriellen Musik gegenüber der musikalischen Tradition als deren »Versagen gegenüber Gesellschaft und Wirklichkeit«87: Durch das bewusste Aussperren der Kategorie des Schönen würde diese in ihrer gesellschaftlich nach wie vor dominanten Form quasi hinterrücks von den musikalischen Gebilden Besitz ergreifen.88 In diesem Aufsatz nimmt Lachenmann denn auch explizit auf den Text »Das Altern der Neuen Musik« Bezug, der sich »heute [also um 1976, Anm. d. Verf.] als wahr und prophetisch«89 erweise. Tatsächlich wirkt Adornos Vorwurf, im seriellen Komponieren werde die Sprachlichkeit und der Ausdruck in der Musik einer vermeintlichen Objektivität geopfert, in Lachenmanns Argumentation weitgehend unmodifiziert fort.90
Die Nähe von Lachenmanns Denken zu demjenigen Adornos geht jedoch über kompositionstechnische Fragen hinaus. In einem Aufsatz für die Darmstädter Ferienkurse 2006 bemerkt Lachenmann:
Es kommt mir sogar vor, als habe die westlich geprägte Zivilisation alles das, was sie an technischen Segnungen und erkenntnistheoretischem Fortschritt jenem permanenten Grenzüberschreitungsprozess, sprich »Aufklärung«, verdankt […] – es scheint mir, als habe sie diese ihre zumindest technologisch scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten letztlich just dazu eingerichtet, benutzt, vorgesehen, um eine so fortschrittlich gesinnte Menschheit erst recht unmündig zu halten […].91
Aus diesem Abschnitt spricht Max Horkheimers und Theodor W. Adornos Theorem der Dialektik der Aufklärung92: In ihrem gleichnamigen Buch beschreiben die Autoren die Aufklärung als doppelgesichtigen Prozess, in dem die fortschreitende Befreiung des Menschen mit einer ebenso gravierenden neuen Form der Unfreiheit einhergehe. Das Kapitel »Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug«93, in dem die Handschrift Adornos besonders deutlich hervortritt, thematisiert die Rolle der Kultur im Zuge einer gezielten Manipulation, die durch die Konfrontation mit uniformer Massenware jeglichen Ansatz kritischer Reflexion bei den Kulturkonsument*innen ersticke.
Die Vorstellung eines alle Sparten umfassenden Kulturbetriebs, der – auf Berieselung und oberflächlichen ›Spaß‹ ausgerichtet – die Denkfähigkeit der Menschen gezielt verkümmern lässt, stellt auch eine wesentliche Grundlage von Lachenmanns Aussagen über Kunst und Gesellschaft dar. Sie bildet gleichsam die Negativfolie zum Desiderat einer gesellschaftskritischen Musik. Ein Terminus, der dabei eine prominente Rolle spielt, ist jener der ›Verdrängung‹. In seinem Statement »Über Tradition« von 1978 konstatiert Lachenmann eine tiefe Krise des bürgerlichen Bewusstseins, die mit »der Entwicklung der industriellen Massengesellschaft«94 in Zusammenhang stehe. Auf die damit einhergehende Überforderung reagiere die Gesellschaft mit einem
breit entwickelte[n] System von Verdrängungsmechanismen, welche die Isolation, Entfremdung, Angst und Sprachlosigkeit des Individuums überspielen sollen. […] Unser Kulturbetrieb ist ein wesentlicher Teil dieses Verdrängungssystems.95
Nicht nur die populäre Kultur, auch die klassisch-romantische Musiktradition spiele in diesem Verdrängungssystem eine herausragende Rolle. Um den Blick in den menschlichen Abgrund, der im 20. Jahrhundert unübersehbar geworden sei, nicht ertragen zu müssen, ziehe sich die Gesellschaft die überlieferte Kunstmusik »als warme Bettdecke über den Kopf«96 und verrate so die Tradition: »Kunst, Medium der Erhellung, wird weithin als Medium der Verdrängung mißbraucht«97, schreibt Lachenmann 1982 in dem ausführlichen Kommentar zu seiner Komposition Accanto. Acht Jahre später nimmt er den Topos der Verdrängung wieder auf und konkretisiert dabei die Art und Weise, wie die Gesellschaft ihre Augen vor den realen Verwerfungen verschließe:
Die Gesellschaft, in der wir leben, ist geprägt nicht bloß von den Bedrohungen, denen sie sich ausgesetzt weiß, geprägt vielmehr von ihren Verdrängungen solcher Bedrohungen, geprägt im ästhetischen Bereich aber von billig verfügbarer Magie und der per Knopfdruck abrufbaren Emphase, von wohlig erlebter Exotik und ängstlich beschworener Illusion von Geborgenheit in einer Welt, die alles Irritierende vorsorglich zur »Dissonanz« eingemeindet und so schlecht bewältigt, gar erneut genießt als pikant zubereitete Spannung für ein konsonant orientiertes, das heißt sich an die bürgerlichen Wertvorstellungen anklammerndes Erleben.98
Die Rede ist hier von der geschmeidigen Fähigkeit des Kulturbetriebs, noch das scheinbar Widerständige der totalitären Logik einer ständigen Berieselung zu unterwerfen. Dieser Logik unterliege auch die musikalische Sprachfähigkeit, die sich, nachdem sie sich über Jahrhunderte aus sich selbst erneuert habe, in der Gegenwart zur »Sprachfertigkeit«99 entwertet sehe:
Entwertet vor allem durch ihre allgegenwärtige Verfügbarkeit und ihren kunstfeindlichen – sei es politischen, kommerziellen, dekorativen oder demagogischen, daseinspolsternden – Gebrauch, entwertet und unglaubwürdig geworden in einer zwar durchaus aufgeklärten, aber zugleich von ihrem erkannten Widerspruch sich wohlweislich abschirmenden, davonlaufenden, sich ablenkenden Zivilisation, für welche Musik als kulturelle Dienstleistung in erster Linie nicht der Bewußtmachung, Erhellung, das heißt der Bewältigung von erkannten Widersprüchen dient, sondern deren Verdrängung, ihrer schlechten Dämonisierung, Poetisierung, ihrer verharmlosenden Idyllisierung, und wo Emphase als kunstvoll nachgestellte, organisierte Magie per Knopfdruck in allen Lebenslagen zu haben ist.100
Der Gedanke einer ihres Kunst- und Wahrheitsanspruchs entkleideten Musik, die auf manipulative Weise zur Übertünchung gesellschaftlicher Widersprüche missbraucht wird, spiegelt deutlich den fatalistischen Duktus des Kulturindustrie-Kapitels der Dialektik der Aufklärung, wo es etwa heißt: »Die kapitalistische Produktion hält sie [die Konsument*innen, Anm. d. Verf.] mit Leib und Seele so eingeschlossen, daß sie dem, was ihnen geboten wird, widerstandslos verfallen.«101
Neben der ›Verdrängung‹ spielt das Begriffsfeld von Täuschung, Betrug und Illusion in Lachenmanns Argumentation eine herausragende Rolle. 1976 schreibt der Komponist in einem Entwurf für eine Studienordnung des Faches Schulmusik von »illusionärer Kommunikation«102, die den Umgang mit westlicher Kunstmusik kennzeichnen würde. In einem anderen Text ist die Rede vom »Betrug an unseren Sehnsüchten«, den »[d]ie Unterhaltungsindustrie«103 im Verbund mit dem »philharmonische[n] Kulturbetrieb«104 zu verantworten habe. Noch 2006 begründet Lachenmann einen emphatischen Aufruf zur Rettung der Kunst mit den Täuschungsmanövern »in unserer westlichen profit- und spaßorientierten Zivilisation«105:
Im Hinblick auf die zunehmende Erosion unserer Kultur unter der Diktatur von ignorant manipulierten Mehrheitsentscheidungen, von wirtschaftlich begründeten Sachzwängen kann es […] den Wachsamen und den verantwortlich Denkenden nur noch darum gehen, den »Geist«, sprich die »Kunst in Sicherheit zu bringen«.106
Die bürgerliche Kultur vermag sich auch noch jene kulturellen Phänomene einzuverleiben, die ihr scheinbar entgegengesetzt sind – mehr noch, gerade durch die Vereinnahmung widerspenstiger Kulturprodukte, deren vermeintlich kritisches Gewicht dadurch neutralisiert wird, beweist sie ihre totale Kontrolle. So heißt es in einem von Lachenmanns früheren Texten, »Luigi Nono oder Rückblick auf die serielle Musik« aus dem Jahr 1971107:
Komponieren ist in eine fast ausweglose Problematik geraten. Für diese Gesellschaft oder gegen sie komponieren ist für diese dasselbe und birgt die Gefahr, womöglich gerade dann, wenn man diese Gesellschaft ganz empfindlich treffen will, sich von ihr heimtückisch umarmen zu lassen.108
Die Logik der Vereinnahmung betrifft zunächst die Erzeugnisse der klassisch-romantischen Musiktradition, die uns als feindliche Wesen begegnen
dort, wo sie in Anspruch genommen werden als Requisiten jenes falsch sprachfertigen Kulturbetriebs, der dazu dient, den Menschen von seinen Widersprüchen, von seinen Ängsten abzulenken, abzulenken von jenem eigenen Abgrund, den er doch fühlt. Und so werden jene Werke, ursprünglich historische Beispiele des geistigen Erwachens der Menschheit, heute weithin zu Mitteln des Einschläferns.109
Der aufklärerische Charakter, der Lachenmann zufolge das Wesen der kanonischen Werke der europäischen Kunstmusik ausmacht, wird also durch den Kulturbetrieb in sein Gegenteil verkehrt. Eine noch fatalere Dialektik erfasst Lachenmann zufolge die Musikproduktion der Avantgarde, deren oppositionelle Haltung zum gesellschaftlichen Mainstream häufig einen zentralen Bestandteil ihres Selbstverständnisses ausmache:
Musik, so aggressiv […] sie sich auch geben mag, spielt sich in einem ungefährlichen Raum ab, der gerade von denen gehegt und beschützt wird, denen eine kritische Funktion der Musik zu gelten hätte. Musik zu komponieren, um »die Gesellschaft zu ändern«: Das ist eine Heuchelei, oder – sympathischer – eine Donquichotterie.110
Lachenmann schätzt die Wirksamkeit einer politisch engagierten Musik, mit deren Zielen er sehr wohl sympathisiert, angesichts der »Unterdrückung der Freiheit und der Kultur« durch die erwähnten Unterdrückungsmechanismen also als verschwindend gering ein. Diese Wirkungslosigkeit ist ironischerweise die Folge einer augenscheinlichen Akzeptanz avantgardistischer Artefakte, die sich erst bei genauerem Hinsehen als subtile Form der Entschärfung entpuppt: »Die Öffentlichkeit hat sich bis heute durch all diese Neuansätze nicht verunsichern lassen. Ihre Abwehrstrategie war und ist die der – tödlichen – Umarmung«111. Der Umgang der Gesellschaft mit augenscheinlich widerständigen Kulturprodukten nimmt dabei häufig die Form einer besonderen Faszination an, die Erzeugnisse der Avantgarde fungieren als exotische Leckerbissen:
Die Zeiten sind vorbei, in denen die sogenannte Avantgarde um einen Platz im Kulturbetrieb kämpfen mußte: Gerade als Ungewohntes, Unberechenbares, möglicherweise Schockierendes ist Neue Musik als in diesem Sinne Gewohntes, Berechenbares und möglicherweise Aufregendes salonfähig geworden für eine Gesellschaft, deren Unbehagen am eigenen Anachronismus sie dazu treibt, neue und andere Formen des Behagens sich zu verschaffen.112
Da sich der Mainstream noch die widerständigsten kulturellen Äußerungen einzuverleiben vermag, gibt es für die Komponist*innen der Avantgarde faktisch kein Entrinnen. Die Anerkennung durch etablierte Institutionen der Hochkultur fällt auf die Schaffenden selber zurück, wenn Lachenmann die Komponisten Dieter Schnebel, Mauricio Kagel, György Ligeti und Krzysztof Penderecki dafür kritisiert, dass sie »die unfreiwillige Rolle der Avantgarde in einer restaurativen Gesellschaft erkannt und – wie subtil und kritisch auch immer – expressiv zu nutzen gewußt hatten.«113
Manche Denkfiguren beweisen in Lachenmanns Texten eine bemerkenswerte Beständigkeit – so etwa der Topos vom »Verdrängungssystem«114 der Unterhaltungsindustrie, der sich in Publikationen aus den Jahren um 1970 ebenso findet wie in dem Artikel »›East meets West? West eats meat‹ … oder das Crescendo des Bolero« von 2006. Hier verwendet Lachenmann schließlich auch den Ausdruck ›Kulturindustrie‹ als Gegenpol zum von ihm vertretenen emphatischen Kunstbegriff. Diesen möchte er so verstanden wissen,
dass er sich gegenüber dem abgrenzt, was die Kulturindustrie – durchaus legitim und vermutlich unverzichtbar – nicht nur als ›Entertainment‹, sondern auch überhaupt als Medium einer weit verzweigten Dienstleistung im Hinblick auf kollektive Erbauung, sprich glücksversprechende Ablenkung im Alltag unseres gottverlassenen, weil ›aufgeklärten‹ Daseins anbietet.115
Angefangen beim pessimistischen Befund hinsichtlich der Lage des Individuums im Spätkapitalismus über das scheinbar so mannigfache Aufgebot eines Unterhaltungsapparats,116 der die menschlichen Bedürfnisse doch mit den immer gleichen scheinhaften Befriedigungen betäubt,117 bis zur Vereinnahmung auch noch der kritischen Erzeugnisse avantgardistischer Kunst118 – Lachenmann bringt sämtlich Topoi ins Spiel, die auch in der Kulturindustrie-Kritik Adornos und Horkheimers von zentraler Bedeutung sind.
Auch in Bezug auf die konkreten musikalischen Genres, auf die sich die Kritik erstreckt, gibt es insofern Parallelen zu Adorno, als sich auch dieser nicht auf die Popularmusik beschränkt – verwiesen sei etwa auf die in der Einleitung zur Philosophie der neuen Musik vorgebrachte Kritik am verdinglichenden Umgang mit dem Erbe europäischer Kunstmusik.119 Dennoch zielt Adornos Urteil über die Kulturindustrie vorwiegend auf jenen Sektor, den er als »Amusement«120 bezeichnet. Auch Lachenmann begegnet der Popularmusik überwiegend mit einer ablehnenden Haltung.121 Doch nimmt in seiner Kritik an den erwähnten Phänomenen die zeitgenössische Kunstmusik einen größeren Raum ein, als dies bei Adorno der Fall ist. Lachenmanns Verdikt trifft dabei zum einen Strömungen, die er als »Neo-Strukturalismus«122 bezeichnet und die
in epigonaler Anlehnung an die seriellen Verfahren jener Pioniere einer erhofften Stunde Null nach 1945 – auch heute noch von der Fiktion eines geschichtlich und gesellschaftlich unberührten beziehungsweise unbelasteten Materialdenkens […] meinen ausgehen zu können und […] Komplexität im keimfreien Raum zu stiften hoffen, wo es niemanden stört und wo sich ein ›interesseloses‹, technologisch beeindruckbares Hören gleichsam botanisierend delektiert; so Situationen kultivierend, die den bürgerlichen Zeitgenossen von jeher zu faszinieren pflegen, ohne ihn dabei ernstlich zu beunruhigen«123
Stärker noch nimmt Lachenmanns Kritik jedoch jene Tendenzen der 1960er-Jahre ins Visier, die in ihrem Bruch mit Werk- und Autonomiekonzepten, der Öffnung gegenüber anderen Kunstsparten und der vertieften Beschäftigung mit dem Phänomen Klang auf Überwindung des rigiden Material- und Parameterdenkens des Serialismus zielten und vielfach als innovative Weiterentwicklung der Avantgarde gedeutet wurden.124 Ihnen wirft Lachenmann vor, in Form der bereits zitierten »Querfeldein-Kontakte«125 Zugeständnisse an Hörgewohnheiten zu machen und
die Hantierung mit außermusikalischen Disziplinen als verzweifeltes Non-plus-ultra einer bürgerlichen Vorstellung von Progressivität an die Stelle musikalischen Denkens stellen [zu wollen]. Musik als verbale Agitation, Musik als optische Erfahrung, Musik zum Lesen, Musik als organisierter Lunapark: Solche Form des musikalischen und künstlerischen Selbstmords bewirkt weniger als nichts, sie stabilisiert und vereint die bürgerlichen Vorstellungen von Kunst als Medium erbaulicher Unterhaltung und von Avantgarde als behördlich anerkanntem Bürgerschreck.126
Die Pluralität der Avantgarde der 1960er-Jahre stellt für Lachenmann einen oberflächlichen Show-Effekt dar, der das Ziel einer Provokation des bürgerlichen Mainstreams gerade verfehlt, indem er ihm oberflächlich genügt – eine Folge der kulturindustriellen Tendenz zur Vereinnahmung vermeintlicher Opposition. Die von ihm solcherart kritisierten Komponisten sieht Lachenmann dabei nicht als passive Opfer einer unentrinnbaren Dialektik, sondern vielmehr als Komplizen in der Verfestigung des Bestehenden.
Endnoten
-
Der Text basiert auf einem Vortrag vom 13. November 1976, gehalten im Rahmen des Frankfurter Musikforums. EV: Lachenmann, »Die Schönheit und die Schöntöner«, S. 1-7.↩︎
-
Lachenmann, »Zum Problem des musikalisch Schönen heute«, S. 104.↩︎
-
Lachenmann, Zum Problem des musikalisch Schönen heute (1976), mit freundlicher Genehmigung.↩︎
-
Lachenmann, »Mahler – eine Herausforderung«, S. 263-269.↩︎
-
Lachenmann, »Zur Analyse Neuer Musik«, S. 22 und passim; vgl. auch Kapitel 4.2, S. 87.↩︎
-
Lachenmann, »Mahler – eine Herausforderung«, S. 265.↩︎
-
»Kunst als Negation der geltenden Normen, als Verweigerung von bruchloser Kommunikation, Verweigerung, die zugleich verschüttete Kategorien freilegt als neue ästhetisch-expressive und gesellschaftlich verbindliche Erfahrung.« ebd. S. 265.↩︎
-
Ebd., S. 265.↩︎
-
Siehe Kapitel 3.1.↩︎
-
Helmut Lachenmann, »Offener Brief an Hans Werner Henze« [1983], in: MaeE3, S. 331-333, hier S. 331.↩︎
-
Lachenmann, »Musik als existentielle Erfahrung. Gespräch mit Ulrich Mosch«, S. 222.↩︎
-
Theodor W. Adorno, »Vers une musique informelle«, in: Musikalische Schriften I–III (= GS, Bd. 16), Frankfurt a.M. 1978, S. 493-540.↩︎
-
Hannah Birkenkötter besuchte damals das Max-Planck-Gymnasium in Dortmund, das Interview ist Teil der »Besonderen Lernleistung« der Schülerin. Auch wenn es sich um eine vorwissenschaftliche Arbeit handelt, soll aus diesem Gespräch zitiert werden, da sich Lachenmann hier in ungewöhnlich ausführlicher und grundlegender Weise zu verschiedenen Fragestellungen äußert – u.a. auch zu seinem Verhältnis zu Adorno.↩︎
-
Hannah Birkenkötter, Das Postmoderne in der Musik Helmut Lachenmanns am Beispiel der »Musik mit Bildern« Das Mädchen mit den Schwefelhölzern. Besondere Lernleistung, Max-Planck-Gymnasium Dortmund (2004). Sammlung HL, PSS Basel, S. 72. Sammlung HL, PSS Basel, mit freundlicher Genehmigung.↩︎
-
Ebd., S. 73.↩︎
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Ebd., S. 72-73.↩︎
-
Abigail Heathcote, »Sound Structures, Transformations, and Broken Magic. An Interview with Helmut Lachenmann«, in: Contemporary Music. Theoretical and Philosophical Perspectives, hg. von Max Paddison u.a., Farnham 2010, S. 331-348, hier S. 340.↩︎
-
Lachenmann, Komponieren am Krater, S. 4.↩︎
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Der Terminus spielt unter anderem in der Negativen Dialektik eine wesentliche Rolle: vgl. Theodor W. Adorno, Negative Dialektik. Jargon der Eigentlichkeit (= GS, Bd. 6), Frankfurt a.M. 2003, passim. Zur Verwendung durch Lachenmann vgl. Kapitel 4.3.↩︎
-
Nonnenmann, Der Gang durch die Klippen, S. 341.↩︎
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Der Text basiert auf einem Radiobeitrag für den Südwestfunk Baden-Baden, gesendet anlässlich des 100. Geburtstags des Komponisten am 13. September 1974; Helmut Lachenmann, »Über Schönberg«, in: MaeE3, S. 261-262.↩︎
-
Ebd., S. 261.↩︎
-
Adorno, »Das Altern der Neuen Musik«, S. 150.↩︎
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Vgl. auch Cosima Linke, »Kritik der seriellen Musik«, in: Adorno-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, hg. von Richard Klein u.a., Stuttgart 22019, S. 162-169, hier S. 163f.↩︎
-
Lachenmann, »Über Schönberg«, S. 261.↩︎
-
Ebd., S. 262.↩︎
-
Adorno, »Das Altern der Neuen Musik«, S. 150.↩︎
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Der Negativen Dialektik zufolge ist der Widerspruch »Index der Unwahrheit von Identität, des Aufgehens des Begriffenen im Begriff.« Während Hegel von seiner synthetischen Auflösung auf höherer Stufe ausgeht, liegt der Widerspruch für Adorno in der Nichtidentität von Begriff und Gegenstand begründet und ist als solcher gerade durch seine Unauflösbarkeit gekennzeichnet. Vgl. Adorno, Negative Dialektik. Jargon der Eigentlichkeit, S. 17, passim.↩︎
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Lachenmann, »Über Schönberg«, S. 262.↩︎
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Vgl. Adorno, Ästhetische Theorie, S. 196: »Indem Kunst den Bann der Realität wiederholt, ihn zur imago sublimiert, befreit sie zugleich tendenziell sich von ihm; […]. Der Bann, den die Kunst durch Einheit um die membra disiecta der Realität legt, ist dieser entlehnt und verwandelt sie in die negative Erscheinung der Utopie.« oder ebd., S. 200: »Daß aber die Kunstwerke da sind, deutet darauf, daß das Nichtseiende sein könnte.«↩︎
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Helmut Lachenmann, SHL Semesterbericht, 1957-07-14/31; zit.n. Nonnenmann, Der Gang durch die Klippen, S. 43-44.↩︎
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Ebd.↩︎
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Vgl. Adorno, Ästhetische Theorie, S. 164f.↩︎
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Nonnenmann, Der Gang durchg die Klippen, S. 37-64.↩︎
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Lachenmann, »Komponieren im Schatten von Darmstadt«, S. 343.↩︎
-
Lachenmann, »Zum Problem des musikalisch Schönen heute«, S. 105.↩︎
-
Ebd., S. 104-105.↩︎
-
Ebd., S. 104.↩︎
-
Adorno, »Das Altern der Neuen Musik«, passim; Gianmario Borio, »Material – zur Krise einer musikalischen Kategorie«, in: Ästhetik und Komposition. Zur Aktualität der Darmstädter Ferienkursarbeit, hg. von Gianmario Borio u.a. (= Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik, Bd. XX), Mainz 1994, S. 108-118, hier S. 110.↩︎
-
Lachenmann, »›East meets West? West eats meat‹ … oder das Crescendo des Bolero«, S. 94.↩︎
-
Horkheimer, Adorno, Dialektik der Aufklärung.↩︎
-
Ebd., S. 128-176.↩︎
-
Helmut Lachenmann, »Über Tradition«, in: MaeE3, S. 339-340, hier S. 339.↩︎
-
Ebd.↩︎
-
Lachenmann, »Accanto«, S. 168.↩︎
-
Ebd., S. 168.↩︎
-
Helmut Lachenmann, »Zum Problem des Strukturalismus« [1990], in: MaeE3, S. 83-92, hier S. 91.↩︎
-
Lachenmann, »Von verlorener Unschuld«, S. 139.↩︎
-
Ebd., S. 139.↩︎
-
Horkheimer, Adorno, Dialektik der Aufklärung, S. 141-142.↩︎
-
Lachenmann, »Aufgaben des Fachs Musiktheorie in der Schulmusik-Ausbildung«, S. 361.↩︎
-
Helmut Lachenmann, »Vier Grundbestimmungen des Musikhörens« [1980], in: MaeE3, S. 54-72, hier S. 54.↩︎
-
Ebd.↩︎
-
Lachenmann, »Kunst in (Un)Sicherheit bringen«, S. 2.↩︎
-
Ebd., S. 2.↩︎
-
Sendung für den Süddeutschen Rundfunk, gesendet am 21. November 1969; EV in: Melos 26 (1971), Heft 6, S. 225-230; zit.n.: Helmut Lachenmann, MaeE3, S. 247-257.↩︎
-
Helmut Lachenmann, »Luigi Nono oder Rückblick auf die serielle Musik« [1971], in: MaeE3, S. 247-257, hier S. 248.↩︎
-
Lachenmann, »Accanto«, S. 168.↩︎
-
Lachenmann, »Zur Frage einer gesellschaftskritischen (-ändernden) Funktion der Musik«, S. 98.↩︎
-
Lachenmann, »Komponieren im Schatten von Darmstadt«, S. 344.↩︎
-
Lachenmann, »Zur Analyse Neuer Musik«, S. 21.↩︎
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Lachenmann, »Komponieren im Schatten von Darmstadt«, S. 343.↩︎
-
Lachenmann, »Zum Problem des Strukturalismus«, S. 86.↩︎
-
Lachenmann, »›East meets West? West eats meat‹ … oder das Crescendo des Bolero«, S. 88.↩︎
-
»Die rücksichtslose Einheit der Kulturindustrie bezeugt die heraufziehende der Politik […]. Für alle ist etwas vorgesehen, damit keiner ausweichen kann, die Unterschiede werden eingeschliffen und propagiert.« Horkheimer, Adorno, Dialektik der Aufklärung, S. 131.↩︎
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»Die Standards seien ursprünglich aus den Bedürfnissen der Konsumenten hervorgegangen: daher würden sie so widerstandslos akzeptiert. In der Tat ist es ein Zirkel aus Manipulation und rückwirkendem Bedürfnis, in dem die Einheit des Systems immer dichter zusammenschießt.« ebd., S. 129.↩︎
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»Was widersteht, darf überleben nur, indem es sich eingliedert. Einmal in seiner Differenz von der Kulturindustrie registriert, gehört es schon dazu wie der Bodenreformer zum Kapitalismus.« ebd., S. 140.↩︎
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»Der Musikbetrieb, der den Vorrat erniedrigt, indem er ihn als Heiligtum anpreist und galvanisiert, bestätigt bloß den Bewußtseinsstand der Hörer an sich, für den die entsagend errungene Harmonie des Wiener Klassizismus und die ausbrechende Sehnsucht der Romantik als Schmücke dein Heim nebeneinander konsumfähig geworden sind.« Adorno, Philosophie der neuen Musik, S. 18-19.↩︎
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Vgl. Horkheimer, Adorno, Dialektik der Aufklärung, S. 143, passim.↩︎
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Vgl. Kapitel 4.4.↩︎
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Lachenmann, »Zum Problem des Strukturalismus«, S. 86.↩︎
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Ebd., S. 83.↩︎
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Vgl. György Ligeti, »Wandlungen der musikalischen Form«, in: Form – Raum, hg. von Herbert Eimert (= Die Reihe, Bd. 7), Wien 1960, S. 5-17.; Hanns-Werner Heister, »Systematische Rückgriffe aufs Elementare«, in: Geschichte der Musik im 20. Jahrhundert: 1945-1975, hg. von Hanns-Werner Heister (= Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert, Bd. 3), Laaber 2005, S. 199-212, hier S. 199-200.↩︎
-
Lachenmann, »Zur Analyse Neuer Musik«, S. 22, passim; vgl. auch Kapitel 4.2.↩︎
-
Ebd., S. 33.↩︎