Fachgeschichte der ethnomusikologischen Minderheitenforschung an der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Ein Forschungsprojekt am MMRC
Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der Geschichte der ethnomusikologischen Minderheitenforschung an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw). Das 1965 von Walter Deutsch gegründete Institut für Volksmusikforschung konzentrierte sich, im Sinne der Tradition der europäischen Volksmusikforschung, in den ersten 20 Jahren seiner Existenz vor allem auf österreichische und europäische Instrumental- und Vokalmusik. In den späten 1980er Jahren begann sich der Fokus auf „nationale“ Volksmusik um die musikalischen Ausdrucksformen ethnischer und religiöser Minderheiten in Österreich zu erweitern. Beginnend mit einer Reihe von extern finanzierten Forschungsprojekten wurden mehr Ressourcen für die Erforschung von Minderheiten und die Einbindung in internationale Netzwerke der Forschung zu Musik und Minderheiten bereitgestellt. Die Leitung der Abteilung durch Gerlinde Haid (1994–2011) und insbesondere die Ausrichtung des internationalen Symposiums „Traditionelle Musik von Volksgruppen/Minderheiten“ im Jahr 1994 waren wichtige Schritte in diese Richtung. Die Umbenennung in Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie im Jahr 2002 war Ausdruck seiner Entwicklung hin zu einem bedeutenden Zentrum ethnomusikologischer Forschung und zu einem zentralen Knotenpunkt in internationalen Netzwerken der ethnomusikologische Minderheitenforschung. Ursula Hemeteks innovative und bedeutende Forschungsarbeiten, ihre Gründung und langjährige Leitung der ICTMD Study Group on Music and Minorities, ihre umfassende Förderung von Nachwuchsforschenden und ihre Leitung des Instituts von 2011 bis 2022 stellen einen wichtigen und dauerhaften Beitrag für das gesamte Feld und insbesondere für das IVE dar.
Dieses Projekt befasst sich mit verschiedenen Ansätzen zur Untersuchung der Geschichte einer wissenschaftlichen Disziplin sowie der institutionellen Reflexion eines solchen Wandels, wobei folgende Fragen im Mittelpunkt stehen: wie fügt sich die Minderheitenforschung in die Geschichte der mdw und in internationale ethnomusikologische Diskurse ein? Handelt es sich bei der Minderheitenforschung um einen Paradigmenwechsel oder eher um eine Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Theorien und Methoden, die in der Geschichte des Instituts für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie verwendet wurden? Wie spiegelt das Archiv der Abteilung die Verlagerung des wissenschaftlichen Schwerpunkts wider?
Dieser Wandel wird vor allem anhand von drei Forschungsbereichen untersucht: Generationswechsel und Nachwuchsförderung, wissenschaftliche Netzwerke und theoretische Entwicklungen[1]. Diese drei Bereiche werden durch die Beschäftigung mit den Archivbeständen des IVE, die Sammlung und Analyse von Oral-History-Interviews sowie durch die Auseinandersetzung mit dem umfassenden wissenschaftlichen Output der Abteilung erforscht. Das Projekt stellt diese Entwicklungen in den breiteren Rahmen politischer und kultureller Entwicklungen und Diskurse in Österreich und betrachtet die Beziehungen zwischen ethnomusikologischer Minderheitenforschung und politischem Engagement.
[1] Bolz, Sebastian, Kelber, Moritz, Knoth, Ina and Langenbruch, Anna. 2016. “Wissenskulturen der Musikwissenschaft: Eine Einleitung.” In Wissenskulturen der Musikwissenschaft: Generationen – Netzwerke – Denkstrukturen, edited by Sebastian Bolz, Moritz Kelber, Ina Knoth and Anna Langenbruch, 9–20. Bielefeld: transcript Verlag. https://doi.org/10.1515/9783839432570-001
Projektleitung: Ursula Hemetek und Malik Sharif
Projektteam: Benjy Fox-Rosen
Projektdauer: 2024–2026
Finanzierung: Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF Grant-DOI 10.55776/Z352