FORMEN DES FEMINISMUS UND DES “ONTOLOGICAL TURNS” IN DER KULTUR- UND SOZIALANTHROPOLOGIE ALS MITTEL EINER DEKOLONISIERUNG DES DENKENS?
Patricia Zuckerhut
Der Epistemicidio, dem ein großer Teil menschlicher (vor allem indigener) Denk- und Wissenssysteme seit über einem halben Jahrtausend ausgesetzt war, bestand in der Verleugnung und Abwertung in Form von Othering, aber auch von Saming (Blaser 2014). Trotz der Skepsis dekolonialer Ansätze gegenüber indigenen Ontologien (wie sie in der Vergangenheit von Anthropolog_innen präsentiert wurden) (Cameron et al. 2014, 19) ist es wichtig, diese in Hinblick auf eine ernst zu nehmende Dekolonisierung zu beachten. “Anthropology surely has a nostalgic relation to the kinds of alterity that certain historical forces (which have also played a role in creating our field) have destroyed. To recognize this is one thing. It is quite another to say that for this reason there is no longer any conceptual space ‘alter’ to the logic of this kind of domination. For this would be the final act of colonization, one that would subject the possibility of something else, located in other lived worlds, human and otherwise, to a far more permanent death […].” (Kohn 2015, 320). Der Beitrag fasst relevante Theorieströme aus dem Feminismus zur Überwindung cartesianischer Dichotomien und des Ontological Turns der Kultur- und Sozialanthropologie zusammen und analysiert diese in Hinblick auf ihre Möglichkeiten, zu einer Dekolonisierung des Denkens beizutragen.
Patricia Elisabeth Zuckerhut, Dr.in PD.in, Kultur- und Sozialanthropologin, Senior Lecturer am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie sowie Leiterin des Interdisziplinären Universitätslehrgangs für Höhere Lateinamerika-Studien an der Universität Wien, Lektorin an verschiedenen Universitäten Österreichs. Vorstandsmitglied des Öst. Lateinamerika Instituts, Forschungsschwerpunkte: feministische Anthropologie, insbesondere zu Mexiko. Seit 1992 regelmäßige Forschungsaufenthalte in Mexiko. Vorstandsmitglied der ARGE Wiener Ethnologinnen.