RASSISMUS UND SEXISMUS ALS „IDEOLOGIE DER DIFFERENZ“

Aline Oloff

Zentrale Aspekte feministischer Theorie stammen aus Frankreich, genauer aus dem Umfeld der Zeitschrift Questions féministes, die in acht Heften von 1977 bis 1980 erschienen ist. Die hier publizierten theoretischen und konzeptionellen Überlegungen werden (vor allem in der Rezeption) auch als „materialistischer Feminismus“ bezeichnet. Dieser setzt die von Simone de Beauvoir begonnene Befragung der Konstruktion von Geschlecht fort und entwickelt ein antiessenzialistisches und antinaturalistisches Verständnis von Geschlecht, das als Effekt sozialer Verhältnisse verstanden wird. „Männlich“ und „weiblich“ gelten hier als soziale Kategorien, die die Zugehörigkeit zu einer Klasse, einer Geschlechtsklasse anzeigen, die durch und in einem Ausbeutungsverhältnis besteht: der Aneignung der Arbeit, Körper und Sexualität der einen Gruppe durch die andere Gruppe. Dieses Ausbeutungsverhältnis wird durch die Naturalisierung der Geschlechterdifferenz(ierung) abgesichert. In meinem Vortrag werde ich zeigen, dass die Konzeptualisierung von Geschlecht als sozialer Tatsache auf Einsichten basiert, die aus der Auseinandersetzung mit Rassismus stammen. Diese Übertragung wird bereits im Prozess der Theorieentwicklung nicht reflektiert und in der weiteren Rezeption nicht wahrgenommen geschweige denn problematisiert – was angesichts der Bedeutung dieser Überlegungen für die weitere Theorieentwicklung im Feminismus erstaunlich ist.

Aline Oloff ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der Technischen Universität Berlin. Ihre Forschungsinteressen liegen im Bereich der feministischen Theorie und Feminismusgeschichte sowie der sozialwissenschaftlichen Geschlechterforschung, v.a. im Bereich der Hochschulforschung.