KATEGORISIERTES RECHTLICHES WISSEN
– DEFINITIONSMACHT ÜBER DIE SCHUTZWÜRDIGKEIT IM ANTIDISKRIMINIERUNGSRECHT

Maria Lee

Das Recht verwendet Kategorien, um Sachverhalte, die unter eine bestimmte Rechtsnorm fallen, von anderen Sachverhalten zu unterscheiden, die von dieser Rechtsnorm nicht erfasst sind. Auch und gerade das Antidiskriminierungsrecht bildet Kategorien, um bestimmten Personen den Schutz der Diskriminierungsverbote zu gewähren. Die Verwendung von Kategorien wirft zahlreiche Fragen auf, die die Gerichte anhand von konkret auftretenden Fällen zu lösen versuchen – es wird also neues rechtliches Wissen generiert. Diese Wissenserzeugung ist in einen hegemonialen Diskurs eingebettet, der über sozial konstruierte Kategorien Abwertungen und Hierarchien schafft. Daraus ergibt sich das paradoxe Risiko, dass das Antidiskriminierungsrecht, das Benachteiligungen bekämpfen soll, ebendiese reifiziert und bekräftigt. Wäre es möglich, diese Schwierigkeiten zu umschiffen, indem man das Anti-Diskriminierungsrecht ohne Kategorien konzipiert?

Maria Y. Lee ist Universitätsassistentin (praedoc, uni:docs) an der Universität Wien am Institut für Rechtsphilosophie. Ihre Dissertation behandelt die Gleichbehandlung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen im Kontext der Debatte über die Geschlechterdekonstruktion.