WIE WIR ZU FORSCHENDEN INDIVIDUEN WERDEN
MIT BERNARD STIEGLER UND FEMINISTISCHER WISSENSCHAFTSKRITIK GEGEN DAS DENKEN EINER „DISEMBODIED RATIONALITY“ IN DER WISSENSCHAFT
Flora Löffelmann
Wissenschaftliche Erkenntnisse sind, oft unter der Erforderung einer gehörigen Portion Geduld und des richtigen Instrumentariums, in der Welt beobachtbar oder in theoretischen Überlegungen greifbar. Es ließe sich also sagen: sie weisen eine gewisse Materialität auf, manifestieren sich. Doch wie geht die Genese dieser Materialität vonstatten? Und wie kann sich die Antwort, die Bernard Stiegler in der Grammatisierung und ihrer Pharmakologie begründen würde, im Kontext der strikten Bedingungen der Wissenschaft, deren Denken einer „disembodied rationality“ (Ruetsche 2004) jegliche materiellen, menschlichen Faktoren außen vorlässt, behaupten? Dieser Vortrag soll anhand der Beispiele Feminist Standpoint Theory und Contextual Empiricism zeigen, wie feministische Wissenschaftskritik, die auf eine Vielfalt an Beobachtungsstandpunkten pocht und damit die hegemoniale Vormachtstellung der klassischen Erkenntnislehre anficht, bei diesem Unterfangen hilfreich sein kann. Bernard Stieglers These der zu sozialer Transformation ermächtigenden Transindividuation von Wissen wird den zweiten Anlaufpunkt für diese Überlegungen bieten. Wo lassen sich Anschlusspunkte finden? Und wie kann eine Theorie dabei helfen, die andere besser zu erklären – um am Ende über beide hinauszugehen?
Flora Löffelmann studiert(e) Philosophie und Gender Studies in Wien, Paris und Berlin und ist Gründungsmitglied des Kollektivs philosophy unbound