INTERAKTIVE WISSENSPRODUKTION ÜBER GESCHLECHTERVERHÄLTNISSE IN POSTKOLONIALEN KONTEXTEN. DISKURSIVE PRAKTIKEN VON NUTZER*INNEN EINES MALISCH-DIASPORISCHEN ONLINE-NACHRICHTENPORTALS
Syntia Hasenöhrl
Die Wissensproduktion über Geschlechterverhältnisse in afrikanischen Gesellschaften ist oft von rassisierenden Diskursen und kolonialen Vermächtnissen geprägt. Mediale und politische Diskurse reproduzieren stereotype Vorstellungen von unterwürfigen weiblichen Akteurinnen und unterdrückenden männlichen Akteuren. Während sich derartige Diskurse oft auch in Medien des Globalen Südens fortsetzen, versprechen interaktive Formate der Online-Kommunikation neue Möglichkeiten für Akteur*innen, ihre Ansichten zu artikulieren. Dieser Beitrag fragt am Beispiel eines malisch-diasporischen Online-Nachrichtenportals, inwiefern Nutzer*innen zu einer dekolonialen Wissensproduktion über Geschlechterverhältnisse beitragen können. Beispielhaft analysiere ich ihre diskursiven Praktiken in Reaktion auf Debatten zu Geschlechterverhältnissen in Artikeln über den französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Die Wissensproduktion durch Nutzer*innen umfasst konservative wie progressive Bewertungen von Geschlechterverhältnissen. Außerdem werden weitere Machtverhältnisse sichtbar (Postkolonialität, Bildung, Klasse, etc.), die in die Artikulationen mit einfließen. Somit sollten Diskurse über Geschlechterverhältnisse in postkolonialen Gesellschaften immer auch aus intersektionaler Perspektive untersucht werden.
Syntia Hasenöhrl ist seit 2016 Projektmitarbeiterin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien. Als Mitglied eines von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften geförderten DOC-Teams beschäftigt sie sich mit Mobilisierung aus interdisziplinärer Perspektive. Ihr Dissertationsprojekt untersucht die Aushandlung von Identitäten und Zugehörigkeiten, die sich für Nutzer*innen eines malisch-diasporischen Nachrichtenportals ergeben