„DAS GRUNDRAUSCHEN DES IMAGINÄREN BILDSCHIRMS“
WERBUNGEN, SEXISMEN UND DEKOLONIALITÄT
Doris Guth
Werbungen prägen wie andere mediale und populärkulturelle Phänomene unseren Alltag. Wir sehen täglich ca. 3000 Werbungen, davon nehmen wir aber nur 8 % bewusst war. Der Rest landet auf einer „Speicherplatte unseres Unbewussten“ und treibt von dort sein Spiel. Oder wie es Susanne Holschbach treffend über die Bedeutung von Werbebildern formuliert hat: „…die in ihrer Gesamtheit das Grundrauschen des imaginären Bildschirms abgeben, der sich zwischen Subjekt und Wirklichkeit schiebt. Als solche sind sie beteiligt an der Performativität der Geschlechteridentitäten“. Die Komplexität des Systems Werbung spielt eine wichtige Rolle bei der Gender-Regulierung, entsprechenden Machttechnologien und Körpernormierungen, bei der (Pseudo-)Adaptierung feministischer Debatten und den Ambivalenzen der Sichtbarkeit, etc. Die (Nicht-)Repräsentation von People of Color, Persons with Disability, Religionen, LGBTIQ formiert das Blickregime genauso wie die manifesten Darstellungen der weißen heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft. Werbungen, die die Alterität in den Fokus nehmen und vorgeben einen dekolonialen Ausgangspunkt einzunehmen, stehen im Mittelpunkt einer kritischen Analyse. Sie werfen die Frage auf, inwiefern Bilder an der Wisssenproduktion sowie der Verschiebung bekannter Bildregime in der kapitalistischen Welt ihren Platz einnehmen. Ein kontinuierliches Arbeiten an deren Wahrnehmung und Naturalisierungsmechanismen sowie deren „Queeren“ ist das Ziel einer kritischen Werbelektüre.
Doris Guth arbeitet als Kunsthistorikerin und Kulturwissenschafterin an der Akademie der bildenden Künste Wien/Institut für Kunst- und Kulturwissenschaft. Ihre Schwerpunkte sind Gender und Queer Studies in zeitgenössischer Kunst und visueller Kultur. Themen u.a. Liebe als kulturelle Praxis in Popkultur und Kunst, Religionen und Geschlechter, Werbung, Homoerotik in der frühen Neuzeit, Aktivismus in Theorie und Kunst