Stellungnahme der sechs Kunstuniversitäten zum vorliegenden Entwurf einer UG-Novelle

Rektorate und Senate kritisieren vergebene Chance zur Stärkung der Universitäten.

Wien, 15. Jänner 2021

In einer gemeinsamen Stellungnahme der Rektor_innen und Vizerektor_innen sowie der Senatsvorsitzenden und ihrer Stellvertreter_innen der sechs Kunstuniversitäten wird in der vorliegenden UG-Novelle vor allem eine vergebene Chance zur Stärkung der Universitäten und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung kritisiert. Autonome Universitäten müssten in der gegenwärtigen Situation die Möglichkeit bekommen, flexible Anreizsysteme zur Anpassung ihrer inhaltlichen Wirksamkeit („Effektivität“) zu setzen und Lehr- und Forschungsstrukturen erweitern zu können. Nur so könne man den Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte durch die gravierenden Transformationsprozesse in Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft begegnen, die insbesondere den Universitäten und der Bildungspolitik viel abverlangen. Mittelfristig einen effizienten Mitteleinsatz abstrakt zu fordern ohne jedwede Verbesserung der gesamtgesellschaftlichen Effektivität als Ziel zu haben, laufe völlig ins Leere.

Ausschließliche quantitative Ansätze - wie die Geschwindigkeit beim Erwerb der ECTS-Punkte - als bildungspolitische Ziele zu definieren, gefährde das Studieren in all seinen Aspekten von Vielfalt, individuellen Schwerpunktsetzungen und Verschränkungen zwischen mehreren Studienangeboten. Vertiefungen, die weit über ECTS-bemessene Mindestleistungen hinausgehen, und kritische Reflexion in Hinblick auf eine verantwortungsbewusste und aufgeklärte Gesellschaft seien dem UG-Entwurf folgend obsolet und irrelevant.

Neben Eingriffen in das grundlegende Bildungsverständnis von Universitäten beinhalte die vorliegende UG-Novelle mehrere Regelungen, welche im Ergebnis die Kompetenzen des Senats zugunsten des Universitätsrats und des Rektorats einschränken. Das bestehende Kräftegleichgewicht hätte sich jedoch bewährt und einen Interessensausgleich innerhalb der Universitäten und damit Handlungsfähigkeit in bestehenden und zukünftigen Arbeitsbereichen sichergestellt. Eine Verschiebung von Kompetenzen innerhalb der Leitungsorgane und eine damit verbundene Minimierung der Senatskompetenzen gefährde nicht nur das Kräftegleichgewicht, sondern bringe überdies eine Verletzung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Universitätsautonomie mit sich. Die im UG-Entwurf vorgeschlagenen Änderungen werden daher abgelehnt.

Die Rektor_innen und Vizerektor_innen, die Senatsvorsitzenden und ihre Stellvertreter_innen halten fest: Der vorliegende UG-Entwurf enthält gravierende Eingriffe in das Grundverständnis universitärer Bildung (insbes. § 59, Abs. 2) und formuliert die Reduzierung von Bildung auf „die Pflicht, den Studienfortschritt eigenverantwortlich im Sinne eines raschen Studienfortschritts zu gestalten“. Das vorgesehene Konzept zur Mindeststudienleistung (§ 59a, ECTS-Punkte) bedeutet eine Abkehr vom universitären Bildungsbegriff einer aufgeklärten Wissensgesellschaft und die Betonung der Geschwindigkeit und Effizienz redet einem utilitaristischen Verständnis von Bildung das Wort. Die Rektor_innen und Vizerektor_innen, die Senatsvorsitzenden und ihre Stellvertreter_innen fordern, dass die durch die tiefgreifenden technologischen, demografischen und kulturellen Veränderungen, die Klimakrise, zunehmende Migration und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aus- und Nachwirkungen der Covid-Pandemie als Veränderungen und Herausforderungen an die Universitäten erkannt und benannt werden und zu entsprechenden Handlungsspielräumen und Möglichkeiten in, an und für die Universitäten führen.

Wir werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen.

Rektor Gerald Bast, Universität für angewandte Kunst Wien
Rektorin Elisabeth Gutjahr, Universität Mozarteum Salzburg
Rektor Johan F. Hartle, Akademie der bildenden Künste Wien
Rektorin Brigitte Hütter, Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz
Rektor Georg Schulz, Universität für Musik und darstellende Kunst Graz
Rektorin Ulrike Sych, mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien


Kontakt

Andrea Danmayr
Presse und Medienkommunikation
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