Die junge Geigerin Anna Rendl hat ein Abenteuer gewagt: Sie hat sich selbstständig gemacht. Aber nicht als Musikerin, sondern als Künstleragentin mit ihrer eigenen Konzertagentur Artphonia. Mit dem mdw-Magazin sprach sie über Herausforderungen und Erfolgsmomente.

Anna Rendl
Anna Rendl hat sich mit ihrer eigenen Agentur Artphonia selbstständig gemacht ©Andrej Grilc

Die Musikindustrie ist im Umbruch, die Digitalisierung hat ihr stark zugesetzt und auch die Klassik ist davon nicht ausgenommen. Anna Rendl war von Anfang an bewusst, welch große Herausforderung es sein würde, in dieser Branche ein eigenes Unternehmen aufzubauen und dieses langfristig zu führen. „Ich habe mir bewusst sehr viel Zeit für meine ersten Schritte gelassen und mir in vielen Angelegenheiten professionellen Rat geholt“, erzählt die 28-Jährige. „Neue organisatorische Herausforderungen warten zu Beginn an jeder Ecke, von der Website bis zur Steuererklärung.“ Hinzukomme, dass man sofort immense Verantwortung gegenüber den KünstlerInnen trage, die man vertritt. Das dürfe einen aber nicht einschüchtern, man müsse souverän wirken und Stärke zeigen. „Niemand braucht eine unsichere Agentin“, so die junge Unternehmensgründerin.

Anna Rendl hat an der mdw IGP (Instrumental- und Gesangspädagogik) Violine studiert. Während ihres Studiums war sie immer berufstätig, darunter viele Jahre im Kartenbüro der Jeunesse, aber auch in Jobs, die mit Musik nichts zu tun hatten. So konnte Rendl in den verschiedensten Bereichen Erfahrungen sammeln und ihren unterschiedlichen Interessen nachgehen: Als Künstleragentin kann sie nun all dies vereinen. Das Studium an der mdw hat sie bereits 2015 erfolgreich abgeschlossen. Jus studiert sie − mit vielen Unterbrechungen − „nebenbei“ und auch dieses Studium irgendwann abzuschließen, bleibt eines ihrer großen Ziele. Ob dafür die Zeit bleibt? „Natürlich sind meine Tage intensiver und stressiger geworden. Auch die Prioritäten haben sich im letzten Jahr deutlich verschoben“, erzählt die gebürtige Wienerin.

Mit Artphonia vertritt Anna Rendl junge SolistInnen und Ensembles aus Österreich, Deutschland, Tschechien, Frankreich, Russland und der Ukraine. Darunter auch Studierende und AbsolventInnen der mdw, zum Beispiel das Ensemble Ancor oder die Cellistin Marie Spaemann. „Ich helfe, Struktur in die Karrieren zu bringen und eine Aura um die/den KünstlerIn aufzubauen.“ Ein langfristiger Prozess, der sehr zeitaufwendig ist und eine individuelle Herangehensweise erfordert. Genau das ist für Rendl aber auch das Schönste an ihrem Beruf. Die enge Zusammenarbeit mit den KünstlerInnen sei „menschlich unglaublich bereichernd“. Wenn sich nach der Kennenlernphase ein gegenseitiges Grundvertrauen einstelle und man merke, dass man gemeinsam einfach stärker ist, dann sei das ein wunderbarer Moment.

Sie versucht ihre KünstlerInnen auf dem Weg zum Erfolg mit einem Mix aus „Alt & Neu“ zu unterstützen. Das heißt, einerseits den Traditionen des Musiklebens treu zu bleiben und die gewohnten Wege weiterzuverfolgen, andererseits abseits der Trampelpfade neue Türen zu öffnen. „Für viele KünstlerInnen ist es schwer, sich heute auf dem freien Markt ohne ein besonders hervorstechendes und individuelles Konzept zu behaupten“, erklärt Rendl. Standortbedingt habe sich vor allem eine Zusammenarbeit mit KünstlerInnen aus (und in) Wien ergeben, aber Post bekomme sie mittlerweile von fast überall her. Jeder berufliche Erfolg sei natürlich eine besondere Freude, weil auch jedes Mal ein bisschen Unsicherheit wegfalle. „Aber man muss jeden großen und kleinen Erfolg in einen Gesamtzusammenhang bringen und darf nicht zu sehr und zu lange an einzelnen Momenten festhalten.“ Zeit zum Durchatmen bleibt also kaum. Nach der Aufbauphase der Agentur gehe es in den nächsten Jahren darum, sich im europäischen Raum zu etablieren. Aber dass sich Mut auszahlt, seinen eigenen Weg zu finden und konsequent zu verfolgen, hat Anna Rendl bereits bewiesen.

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