1987 vom Rat der Europäischen Union ins Leben gerufen, feiert das Förderprogramm von Auslandsaufenthalten an Universitäten Erasmus heuer sein 30-jähriges Bestehen. Die mdw ist seit 1993/94 mit dabei.
Während zu Beginn der Fokus vor allem auf der Mobilität von Studierenden lag, also der Aufenthalt von Studierenden der mdw im Ausland oder von im Ausland lebenden Studierenden an der mdw, kam im Laufe der Jahre auch die Mobilität der Lehrenden und die Fortbildungsmobilität für MitarbeiterInnen der Verwaltung hinzu. In den vergangenen Jahren verzeichnete die mdw eine kontinuierliche Steigerung der Erasmus(+)-Partnerhochschulen und zählt aktuell mehr als 150 aktive Programmpartnerschaften in ganz Europa und zahlreiche Kooperationsprojekte werden immer wieder erfolgreich durchgeführt. Auch die Anzahl der Austauschstudierenden, die an die mdw kommen, steigt kontinuierlich und die mdw ist bei Fortbildungsmobilitäten extrem beliebt. Rudolf Pietsch, ehemaliger Mitarbeiter der mdw, gibt dem mdw-Magazin Einblick in seine ganz persönlichen Erfahrungen mit Erasmus.
Im Geiste des „ersten bewussten Europäers“
Eine heterogene und vor allem kulturell vielschichtige Staatengemeinschaft wie jene der Europäischen Union in friedlicher Koexistenz zu führen, kommt der Quadratur eines Kreises nahe. Zu unterschiedlich sind sowohl die wirtschaftlichen Voraussetzungen als auch die historisch bedingten Gegensätzlichkeiten der Mitgliedsstaaten und somit des gesamten komplexen Staatengebildes, als dass man von einer gegebenen Einheit sprechen könnte. Da die Idee eines geeinten Europas heute von einem Großteil der Bevölkerung primär als ein Friedensprojekt gesehen wird, so kommt dem ursprünglichen Konzept einer Wirtschaftsgemeinschaft die Wertegemeinschaft gleichrangig in seiner Bedeutung hinzu. Ein Austausch der Werte beziehungsweise deren Angleichung kann nur durch gegenseitiges Kennen und Verstehen erfolgen. Erasmus mit all seinen Vorläuferprogrammen und Entwicklungsstadien verfolgt als Studierenden- und Lehrendenaustausch konsequent und höchst erfolgreich das Ziel eines möglichst konfliktfreien Zusammenlebens innerhalb der Europäischen Union auf Grundlage des Wissens- und Erkenntnistransfers.
Als Assistent am Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie war ich drei Jahrzehnte an der mdw tätig und es war mir wiederholt möglich, die Lehrendenmobilität von Erasmus+ zu nützen. Wenn ich – nun im Ruhestand – auf diese Reisen zum Zweck der Lehre und Forschung u. a. nach Cagliari, Luzern, Klaipėda, Odense, Oslo, Riga, Vilnius und Zagreb zurückblicke, so bin ich überzeugt, dass diese Auslandsaktivitäten besonders attraktiv und erfolgreich waren – in jeglicher Hinsicht. Findet sich bei kleinen Konferenzen oft kaum Zeit, sich wirklich eingehend mit „Land und Leuten“ auseinanderzusetzen – oft reicht die Zeit gerade für etwas Small Talk –, ermöglicht Erasmus+ ein tieferes Kennenlernen der Partnerinstitutionen. Das Programm bietet genügend Raum für eine eingehende Auseinandersetzung mit den Ideen und Gedanken sowie dem Wissen und Können der Lehrenden und Studierenden vor Ort. An den von mir gewählten Partneruniversitäten erfuhr ich immer eine besonders herzliche Betreuung: individuelle Führungen durch die besuchten Einrichtungen, ausgiebige und instruktive Rundgängen durch die betreffende Stadt und deren Umgebung, Möglichkeiten zu Konzert-, Opern- und unterschiedlichsten Veranstaltungsbesuchen, Studien in Archiven und bei Instrumentenerzeugern, etc.! Für mich selbst war aber die Arbeit vor Ort mit den Studierenden der Höhepunkt – meine eigene Neugierde für das besuchte Land wurde immer durch die meist jungen studentischen Interessentenkreise erwidert. Mehrmals fanden Gegenbesuche in Wien an der mdw von KollegInnen aus den besuchten Ländern statt. Die ausgezeichnete und unermüdliche Arbeit aller Erasmus-Beauftragten in der EU zeigt sich am litauischen Beispiel: Auf Initiative von Kristina Valentonienė kam es 2007 zu einem jeweils einwöchigen Besuchsaustausch von Studierenden aus Vilnius von der LMTA (Litauische Musik- und Theaterakademie) mit einer Studierendengruppe im Rahmen meiner Seminarlehrveranstaltung am Institut 21 der mdw. 2015 erfolgte – aus der Lehrveranstaltung Volksmusikpraktikum heraus– das Gemeinschaftsprojekt mit LMTA- und mdw-Studierenden, nämlich eine fünftägige Konzertreise nach Vilnius und Kaunas. Im laufenden Sommersemester besucht wiederum eine Gruppe der LMTA die mdw.
Im Geiste des Namensgebers dieses besonders wichtigen EU-Austauschprojektes, des Humanisten und des „ersten bewussten Europäers“ (Stefan Zweig) Erasmus von Rotterdam (etwa 1466–1536), macht es mich stolz und glücklich, dass ich in meinen von Erasmus+ gestützten Aktivitäten „jedweden Fanatismus, ob auf religiösem, ob auf nationalem oder weltanschaulichem Gebiet, als den geborenen und geschworenen Zerstörer jeder Verständigung“ (Stefan Zweig) entgegenwirken konnte. Ich bin für diese Möglichkeit mehr als dankbar!
Statements
Doris P.
Was hast du von Erasmus+ für dein berufliches Leben mitgenommen?
„Zu sehen, wie andere KollegInnen an ähnliche Aufgaben herangehen, ist unglaublich fruchtbar und bereichernd für eigene Denk- und Arbeitsansätze. Darüber hinaus lässt ein Aufenthalt in einer anderen Kultur und anderen Traditionen einen über den eigenen Tellerrand hinaus sehen.“
Was ist dein persönliches „Plus“ von der Erasmus+ Fortbildungsmobilität? (Vergleich Erasmus+ STA (Teaching Assignment)…)
„Was ein Arbeitsaufenthalt und ein Urlaub in der Ferne gemeinsam haben ist, dass sie den eigenen Horizont erweitern. Worin sie sich jedoch unterscheiden, ist, dass ein Arbeitsaufenthalt, in dem man neue Strukturen und Herausforderungen des Arbeitslebens in einer anderen Umgebung meistern muss, einen noch viel mehr persönlich wachsen lässt.“
Monika M.
Was haben Sie von Erasmus+ für Ihr berufliches Leben mitgenommen?
„Der Aufenthalt in Manchester ermöglichte mir die mdw aus der Sicht einer anderen Institution zu erleben und die Herausforderungen eines universitären Betriebes in einem anderen Land kennenzulernen.“
Was ist Ihr persönliches „Plus“ von der Erasmus+ Fortbildungsmobilität? (Vergleich Erasmus+ STA (Teaching Assignment)…)
Ich konnte mein Netzwerk erweitern, sammelte Auslandserfahrung und bin mit neuen Ideen und einem erweiterten Horizont an meinen Arbeitsplatz an der mdw zurückgekehrt.“
- Noch mehr Statements und Erfahrungsberichte finden Sie auf unserem International Blog: www.mdw.ac.at/internationalblog