„Die Liebe ist die größte Kraft. Die Liebe, die alles schafft.“ Diese Zeilen sang das Künstlerkollektiv Laibach Mitte der 1980er Jahre. Eingebettet in die für die Musiker typischen harten und düsteren Arrangements, dargebracht in einer martialischen Bühnenshow, die mit Militarismus und der Ästhetik faschistischer Inszenierungen kokettierte. Kein Liebeslied im klassischen Sinn, das war schnell klar. Vielmehr, so eine der gängigen Interpretationen des Stücks, ging es darum, die zerstörerische Kraft von Liebe zu thematisieren.
Ein Eindruck, der durch die Auftritte bei den Konzerten noch verstärkt wurde. Aus Liebe geschehen die schrecklichsten Verbrechen, erfährt man, wenn man durch die Kriminalgeschichte blättert. Aus Liebe begehen die bekanntesten Figuren der Weltliteratur Verrat, Sünde, Mord. Das gesamte Werk Shakespeares ist voll davon. Aus Liebe kann schnell Fanatismus werden, aus Fanatismus Wahnsinn. Die Liebe muss tatsächlich für vieles herhalten. Mit ihr rechtfertigt man Taten und Aktionen, die eigentlich bei näherer Betrachtung ganz andere Ursachen haben. Gier,
Eifersucht, Machthunger. Aber auch Ehrgeiz, Feigheit, Selbstsucht.
Wer angibt, aus Liebe zu handeln, nimmt das Objekt der Liebe damit in Geiselhaft. Er schiebt die Verantwortung für die eigenen Taten von sich, indem er sie einer scheinbar höheren Macht unterordnet, der er sich unterwirft. Ein Kreuzritter des Herzens. Wer liebt, ist ausgeliefert, wie die Schlagersongs in der Wirtshausjukebox und auf der Skihütte nicht müde werden uns zu erklären. Wer liebt, ist immer wahnsinnig. Doch manche waren es auch schon vorher. Wer sich aus Liebe opfert, sollte sich fragen, ob dieses Opfer dem geliebten Menschen überhaupt recht ist. Ob der Opferwille vielleicht nicht andere Gründe hat. Ob es nicht praktisch sein kann, den anderen vorzuschieben, als hätte man die Eigenverantwortlichkeit aufgegeben, als handle man in fremdem Auftrag, als wäre man nur Befehlsausführer ohne eigenen Willen. Das alles zu leugnen, das alles der Liebe umzuhängen, das hat die Liebe nicht verdient.