Der Internationale Beethoven Klavierwettbewerb Wien findet heuer bereits zum 16. Mal statt. Vor rund vierzig Jahren wurde bei der 6. Ausgabe des Wettbewerbs ein junger Ausnahmekünstler mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Heute blickt er auf eine herausragende Karriere als Pianist, Kammermusiker und Universitätsprofessor zurück: Avedis Kouyoumdjian.
„Beethoven sagt, dass ein Künstler zu arbeiten hat und nicht an Erfolg denken soll, das kommt dann von selber.“ Ein Zitat, das auf den jungen Avedis Kouyoumdjian in jeder Hinsicht zutraf. Geboren in Beirut, der Hauptstadt des Libanon, entstammt er einer armenischen Adelsfamilie. Bereits mit zwölf Jahren wurde er als jüngster Studierender im Konzertfach Klavier an der damaligen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien aufgenommen. Seine Teilnahme am 6. Internationalen Beethoven Klavierwettbewerb im Jahr 1981 erfolgte kurzfristig – mit knapp sechs Monaten Vorbereitungszeit rechnete er sich kaum Gewinnchancen aus. „Ich musste sowieso nach dem Wettbewerb, egal wie weit ich gekommen wäre, in meine Heimat zurückkehren. Da ich nicht damit gerechnet hatte, war ich eher entspannt und hatte nicht das Gefühl, mit den anderen Teilnehmer_innen konkurrieren zu müssen.“ Dennoch erreichte Kouyoumdjian die Finalrunde. Bei der Verlosung wurde entschieden, dass er das 1. Klavierkonzert spielen sollte, vorbereitet hatte er allerdings nur das 3. Klavierkonzert. „Ich hatte nur 48 Stunden bis zur ersten Probe mit dem Orchester und musste zwei Tage lang 17 Stunden pro Tag üben, um das Stück überhaupt auswendig spielen zu können.“ Obwohl die Proben seiner Beschreibung nach katastrophal waren, überzeugte er die Jury schließlich mit seiner souveränen Gelassenheit und Freude am Spiel. Die Punkte in den Vorrunden hatten ihm einen großen Vorsprung verschafft und durch seine zusätzlich herausragende Leistung in der Finalrunde wurde er schließlich mit dem 1. Preis ausgezeichnet.
„Der Wettbewerb hatte für mich zunächst eine existenzielle Bedeutung. Zum ersten Mal in meinem Leben besaß ich ein eigenes Instrument – einen Bösendorfer-Flügel. Das gab mir die Möglichkeit, weltweit zu konzertieren und mich als Künstler zu etablieren.“ Generell schreibt Avedis Kouyoumdjian der Teilnahme an Wettbewerben eine hohe Bedeutung zu. „Sie ermöglicht nicht nur die Sammlung von Bühnenerfahrung unter stressigen Bedingungen, man lernt darüber hinaus mit Nervosität umzugehen und viel Repertoire zu erarbeiten, das nach der erfolgreichen Präsentation auch bei Konzerten wiedergegeben werden kann.“ Er empfiehlt daher allen begabten jungen Musiker_innen an Wettbewerben teilzunehmen, um selbst zu erfahren, wie weit sie gehen können, wie belastbar sie sind und ob es auch wirklich der Beruf ist, den sie ausüben möchten.
Seit seiner erfolgreichen Teilnahme am Internationalen Beethoven Klavierwettbewerb blickt Avedis Kouyoumdjian auf eine rege Konzerttätigkeit in namhaften Konzertsälen in Europa, den USA, Kanada und Japan zurück. Auch als Jurymitglied bei internationalen Wettbewerben sowie als Leiter zahlreicher Meisterkurse im In- und Ausland stellt er seine jahrelange Erfahrung unter Beweis. Mit der mdw ist er seit dem Jahr 1987 durch einen Lehrauftrag verbunden, zehn Jahre später wurde er zum ordentlichen Universitätsprofessor ernannt.
2001 rief er den ersten Joseph Haydn Kammermusik-Wettbewerb ins Leben – „eine weitere Möglichkeit, jungen, aufstrebenden Ensembles aus aller Welt ein Podium in der Musikstadt Wien und eine Starthilfe für eine internationale Karriere zu bieten“. Seine umfangreichen Kenntnisse im Bereich der Kammermusik konnte er zudem acht Jahre lang als Vorstand des Joseph Haydn Instituts für Kammermusik, Alte Musik und Neue Musik einbringen. 2010 setzte er seine Tätigkeit als stellvertretender Institutsvorstand fort, um seiner neuen Aufgabe als Studiendekan für Instrumentalstudien gerecht zu werden.
Als Nächstes freut sich der engagierte Lehrende über das Beethovenjahr und die vielen wunderbaren Projekte, auch mit Beteiligung des Joseph Haydn Instituts. Eine ganz besondere Freude ist für Avedis Kouyoumdjian allerdings, nach rund vierzig Jahren wieder Teil des Internationalen Beethoven Klavierwettbewerbs zu sein – dieses Mal allerdings als Mitglied der Jury.