Elias Berner/Matej Santi (Hrsg.), Telling Sounds. Tracing Music History in Digital Media Archives, Hollitzer Verlag, Wien 2023.
Nach Music – Media – History (transcript, Bielefeld 2021) gaben Elias Berner und Matej Santi nun das zweite Buch aus dem Projekt Telling Sounds heraus. Stand die erste Publikation, die größtenteils aus Beiträgen einer internationalen Konferenz der mdw im Jahr 2019 besteht, noch am Beginn des Projekts, so versteht sich der nun vorliegende Band als dessen Resümee. Telling Sounds fußt auf der Annahme, dass insbesondere seit der permanenten Verfügbarkeit von Audio- und Video-Medien über das Internet ein gigantisches Archiv als Quellenmaterial für die musikhistorische Forschung zur Verfügung steht, das mit Werkzeugen der Digital Humanities neue Erkenntnisse ermöglicht. Der Fokus liegt dabei auf der Einbettung von oder der Bezugnahme auf Musik, etwa in Radiosendungen, Reportagen, Interviews oder Filmen, also auf einer Verwendung abseits der „Geschichte der Tonheroen“.
Sechs Fallstudien umreißen den Gegenstand, wobei sich die ersten beiden von Paul Gulewycz bzw. Peter Provaznik und Julia Jaklin mit einem zentralen Projektziel, der eigens entwickelten Software LAMA (Linked Annotations for Media Analyses), als einem Werkzeug zur Erfassung, Beschreibung, Recherche und Analyse von Klängen befassen. Vier weitere Texte gehen konkreten Fragestellungen nach, die auf audiovisuelles Material als Quelle zurückgreifen: Aylin Basaran untersucht die Entwicklung der Austria Wochenschau von einem wichtigen Instrument nationaler Identitätsstiftung in den 1950ern hin zu einem medialen Kuriosum Anfang der 1980er-Jahre; Meike Wilfing-Albrecht setzt sich mit der konstruierten und tatsächlichen Mahler-Renaissance nach 1945 auseinander; Elias Berner und Birgit Haberpeuntner untersuchen die Live-Radioschaltungen zum Österreichischen Staatsvertrag, aus dem das Folgeprojekt ACONTRA (The Affective Construction of National Temporalities in Austrian Post War Radio) hervorgegangen ist; und Birgit Michlmayer geht der Frage nach dem Konstrukt „Austropop“ auf Basis von Oral-History-Interviews nach.
Insgesamt bietet der schmale Band einen faszinierenden Einblick in dieses noch recht junge Feld der musikhistorischen Forschung. Es bleibt zu wünschen, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den „erzählenden Klängen“ nach Ende des Projekts weiter Fahrt aufnimmt und dass noch mehrere Publikationen dieser Art folgen.